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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Seelen-Weißheit.

höchstes Gut ist/ so muß sie auch von demselben
was theilhafftig seyn/ heilig/ tugendhafft/ verstän-
dig/ vermöglich und beständig seyn/ das ist/ sie
muß eine Religion/ Tugend/ Wissen-
schafft/ Lebens-Mittel/ und das Leben
haben/ ohne diese fünff Mittel wäre sie unglück-
selig.

69. Phil. Wie weit aber erstrecket sich die Glück-
seligkeit der Seelen hierinn?

Psych. Viel weiter nach dem Tode/ als in dem Le-
ben. Dann nach dem Tode ist die Seel unver-
weßlich/ und hat keine Kranckheit noch Zertren-
nung mehr zu förchten/ sie hat nicht nöthig/ um
Nahrung sich zu bewerben/ noch Wissenschafften
ferner zu lernen/ noch mit Lastern zu streiten/ son-
dern ruhet und ist geheiligt in GOtt/ in welchem
sie alles beschauet/ lebt und schwebt/ was zum Stan-
de ihrer Vollkommenheit vonnöthen. Alhier aber
in dem Leibe muß die Seel im Glauben/ Tugen-
den/ Wissenschafften/ Nahrung und Lebens-Mit-
teln/ sich so weit erhalten und bemühen/ als ihr Zu-
stand und Dürfftigkeit erfordert.

70. Phil. Wie kommt es dann/ daß so viel Menschen
in dieser Welt unglückselig seyn?

Psych. Daß sie nicht in der Wagschal und Mit-
telpunct voriger fünff Puncten ihrer Glückselig-
keit verbleiben/ sondern entweder darinnen zu hoch
steigen/ und GOtt gleich seyn wollen/ oder zu nie-

der/

C iij

Seelen-Weißheit.

hoͤchſtes Gut iſt/ ſo muß ſie auch von demſelben
was theilhafftig ſeyn/ heilig/ tugendhafft/ verſtaͤn-
dig/ vermoͤglich und beſtaͤndig ſeyn/ das iſt/ ſie
muß eine Religion/ Tugend/ Wiſſen-
ſchafft/ Lebens-Mittel/ und das Leben
haben/ ohne dieſe fuͤnff Mittel waͤre ſie ungluͤck-
ſelig.

69. Phil. Wie weit aber erſtrecket ſich die Gluͤck-
ſeligkeit der Seelen hierinn?

Pſych. Viel weiter nach dem Tode/ als in dem Le-
ben. Dann nach dem Tode iſt die Seel unver-
weßlich/ und hat keine Kranckheit noch Zertren-
nung mehr zu foͤrchten/ ſie hat nicht noͤthig/ um
Nahrung ſich zu bewerben/ noch Wiſſenſchafften
ferner zu lernen/ noch mit Laſtern zu ſtreiten/ ſon-
dern ruhet und iſt geheiligt in GOtt/ in welchem
ſie alles beſchauet/ lebt uñ ſchwebt/ was zum Stan-
de ihrer Vollkommenheit vonnoͤthen. Alhier aber
in dem Leibe muß die Seel im Glauben/ Tugen-
den/ Wiſſenſchafften/ Nahrung und Lebens-Mit-
teln/ ſich ſo weit erhalten und bemuͤhen/ als ihr Zu-
ſtand und Duͤrfftigkeit erfordert.

70. Phil. Wie kommt es dann/ daß ſo viel Menſchen
in dieſer Welt ungluͤckſelig ſeyn?

Pſych. Daß ſie nicht in der Wagſchal und Mit-
telpunct voriger fuͤnff Puncten ihrer Gluͤckſelig-
keit verbleiben/ ſondern entweder darinnen zu hoch
ſteigen/ und GOtt gleich ſeyn wollen/ oder zu nie-

der/

C iij

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[53/0111] Seelen-Weißheit. hoͤchſtes Gut iſt/ ſo muß ſie auch von demſelben was theilhafftig ſeyn/ heilig/ tugendhafft/ verſtaͤn- dig/ vermoͤglich und beſtaͤndig ſeyn/ das iſt/ ſie muß eine Religion/ Tugend/ Wiſſen- ſchafft/ Lebens-Mittel/ und das Leben haben/ ohne dieſe fuͤnff Mittel waͤre ſie ungluͤck- ſelig. 69. Phil. Wie weit aber erſtrecket ſich die Gluͤck- ſeligkeit der Seelen hierinn? Pſych. Viel weiter nach dem Tode/ als in dem Le- ben. Dann nach dem Tode iſt die Seel unver- weßlich/ und hat keine Kranckheit noch Zertren- nung mehr zu foͤrchten/ ſie hat nicht noͤthig/ um Nahrung ſich zu bewerben/ noch Wiſſenſchafften ferner zu lernen/ noch mit Laſtern zu ſtreiten/ ſon- dern ruhet und iſt geheiligt in GOtt/ in welchem ſie alles beſchauet/ lebt uñ ſchwebt/ was zum Stan- de ihrer Vollkommenheit vonnoͤthen. Alhier aber in dem Leibe muß die Seel im Glauben/ Tugen- den/ Wiſſenſchafften/ Nahrung und Lebens-Mit- teln/ ſich ſo weit erhalten und bemuͤhen/ als ihr Zu- ſtand und Duͤrfftigkeit erfordert. 70. Phil. Wie kommt es dann/ daß ſo viel Menſchen in dieſer Welt ungluͤckſelig ſeyn? Pſych. Daß ſie nicht in der Wagſchal und Mit- telpunct voriger fuͤnff Puncten ihrer Gluͤckſelig- keit verbleiben/ ſondern entweder darinnen zu hoch ſteigen/ und GOtt gleich ſeyn wollen/ oder zu nie- der/ C iij

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Zitationshilfe:	Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/111>, abgerufen am 27.04.2024.

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