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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Psychosophia.
ret her aus dem Mißbrauch der Vernunfft/ wor-
auf die Schulen so sehr sehen/ daß sie auch den
Menschen darvon beschrieben haben/ daß er sey
ein vernünfftiges Thier: Weil dann von der
Vernunfft alle Eitelkeit und Veränderung her-
rühret/ und die Schulen/ wiewol unbillich/ den
Menschen darvon beschrieben haben/ so hat jener
Heyd nicht uneben von dem Menschen gesagt/
daß er sey ein Exempel der Schwachheit/
ein Raub der Zeit/ ein Spiel des Glücks/
ein Ebenbild der Unbeständigkeit/ eine
Wagschal des Neides und Elendes/

das übrige aber an dem Menschen sey Schleim
und Galle. Hätte aber dieser Philosophus der
Seelen nicht vergessen/ so würde er den Menschen
von dem edlern Theile beschrieben haben/ nemlich
daß sie in der Beständigkeit ein Ebenbild
GOttes
sey/ und nichts beständiger/ ordentli-
cher noch unzergänglicher in der Welt/ als sie.

67. Phil. Was entstehet aus vorhergehenden
Tugenden in GOtt?

Psych. Vollkommene Glückseligkeit/ nemlich/ daß
GOTT allein der Heiligste/ Vollkommen-
ste/ Weiseste/ Mächtigste und Unver-
gänglichste sey.

68. Phil. Hat die menschliche Seel/ als ein Ebenbild
GOttes/ auch etwas eingedruckt von dieser gött-
lichen Glückseligkeit?

Psych. Freylich/ dann weil GOTT der Seelen

höch-

Pſychoſophia.
ret her aus dem Mißbrauch der Vernunfft/ wor-
auf die Schulen ſo ſehr ſehen/ daß ſie auch den
Menſchen darvon beſchrieben haben/ daß er ſey
ein vernuͤnfftiges Thier: Weil dann von der
Vernunfft alle Eitelkeit und Veraͤnderung her-
ruͤhret/ und die Schulen/ wiewol unbillich/ den
Menſchen darvon beſchrieben haben/ ſo hat jener
Heyd nicht uneben von dem Menſchen geſagt/
daß er ſey ein Exempel der Schwachheit/
ein Raub der Zeit/ ein Spiel des Gluͤcks/
ein Ebenbild der Unbeſtaͤndigkeit/ eine
Wagſchal des Neides und Elendes/

das uͤbrige aber an dem Menſchen ſey Schleim
und Galle. Haͤtte aber dieſer Philoſophus der
Seelen nicht vergeſſen/ ſo wuͤrde er den Menſchen
von dem edlern Theile beſchrieben haben/ nemlich
daß ſie in der Beſtaͤndigkeit ein Ebenbild
GOttes
ſey/ und nichts beſtaͤndiger/ ordentli-
cher noch unzergaͤnglicher in der Welt/ als ſie.

67. Phil. Was entſtehet aus vorhergehenden
Tugenden in GOtt?

Pſych. Vollkommene Gluͤckſeligkeit/ nemlich/ daß
GOTT allein der Heiligſte/ Vollkommen-
ſte/ Weiſeſte/ Maͤchtigſte und Unver-
gaͤnglichſte ſey.

68. Phil. Hat die menſchliche Seel/ als ein Ebenbild
GOttes/ auch etwas eingedruckt von dieſer goͤtt-
lichen Gluͤckſeligkeit?

Pſych. Freylich/ dann weil GOTT der Seelen

hoͤch-
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[52/0110] Pſychoſophia. ret her aus dem Mißbrauch der Vernunfft/ wor- auf die Schulen ſo ſehr ſehen/ daß ſie auch den Menſchen darvon beſchrieben haben/ daß er ſey ein vernuͤnfftiges Thier: Weil dann von der Vernunfft alle Eitelkeit und Veraͤnderung her- ruͤhret/ und die Schulen/ wiewol unbillich/ den Menſchen darvon beſchrieben haben/ ſo hat jener Heyd nicht uneben von dem Menſchen geſagt/ daß er ſey ein Exempel der Schwachheit/ ein Raub der Zeit/ ein Spiel des Gluͤcks/ ein Ebenbild der Unbeſtaͤndigkeit/ eine Wagſchal des Neides und Elendes/ das uͤbrige aber an dem Menſchen ſey Schleim und Galle. Haͤtte aber dieſer Philoſophus der Seelen nicht vergeſſen/ ſo wuͤrde er den Menſchen von dem edlern Theile beſchrieben haben/ nemlich daß ſie in der Beſtaͤndigkeit ein Ebenbild GOttes ſey/ und nichts beſtaͤndiger/ ordentli- cher noch unzergaͤnglicher in der Welt/ als ſie. 67. Phil. Was entſtehet aus vorhergehenden Tugenden in GOtt? Pſych. Vollkommene Gluͤckſeligkeit/ nemlich/ daß GOTT allein der Heiligſte/ Vollkommen- ſte/ Weiſeſte/ Maͤchtigſte und Unver- gaͤnglichſte ſey. 68. Phil. Hat die menſchliche Seel/ als ein Ebenbild GOttes/ auch etwas eingedruckt von dieſer goͤtt- lichen Gluͤckſeligkeit? Pſych. Freylich/ dann weil GOTT der Seelen hoͤch-

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Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/110>, abgerufen am 27.04.2024.