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Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614.

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Diebstal leichtlich antreffen. Wer nun etwas verlohre/ dem name man davon das vierdte theil/ vnd gab es dem Dieb/ denn es hielt der Gesetzgeber dafür/ weil es vnmüglich were/ daß das stehlen durch verbieten könt auffgehaben werden/ So wer es je besser/ daß der Herr deß Guts ein stück/ als das gantze verlieren solte.

In Heyraths Sachen hetten die Ehestand. Egyptier nicht einerley Gewonheit. Die Priester dorfften mehr nicht als ein Eheweib nehmen. Die andern aber mochten nach jhrem vermögen vnnd gefallen so viel vermählen/ als sie wolten. Man hielt aber jrer keinen für einen Bastart/ vnd wenn er gleich von einer gekaufften Magd geboren worden. Dann sie halten nur den Vatter für die Haupt vrsach deß geschlechts/ die Mutter gebe dem Kind nit mehr als die Nahrung vnnd den orth. Sie erziehen die Kinder mit so geringem Kosten auff/ das mans kaum glauben kan/ dann sie erneren sie mit schlechten Wurtzeln/ die sie vn ter der Aschen kochen/ deßgleichen mit Köhl/ welches sie jhnen zum theil gekocht/ zum theil gebraten/ zum theil auch roh fürsetzen. Auch lassen sie jhre Kinder barfuß vnd meistentheils nackendt lauffen/ dann die Landtschafft ist guter temperatur. Sie kehren vberall an jhre Kinder nicht vber zwantzig Dickpfennig/ biß sie erwachsen. Diese Priester führen sie an beydes in der H. Schrifft/ wie auch in den dingen / so zu gemeiner Lehr dienen/ als die sich auff Geometriam vnd Arithmeticam sehr befleissen/ deß Fechtens wie auch der Music bekümmern sie sich wenig/ halten darfür / wenn sich die Jugend täglich darinn vbte/ würde solches gefährlich/ vnnd an der stärck verhinderlich seyn/ denn sie würden hierdurch schwächer gemacht. Die Music sey gleichfals nit allein vnnützlich/ sondern auch schädlich/ dann sie macht der Männer gemüth Weibisch.

Kranckheiten curieren. Jhre schwachheiten curieren sie entweder durch fasten oder durch erbrechen: Vnd diß thun sie entweder alle Tag / oder je vber den dritten oder vierdten: Dann sie sagen/ alle schwachheiten kommen von Vberfluß der Speiß her: Also sey nun kein besser Artzney für die Schwachheiten / als da man derselben Vrsachen hinweg nehme. Die so in Krieg ziehen oder sonsten ein Pilgerschafft verrichten/ die heylet man ohn einig entgeltnuß: dann die Artzt haben die Vnterhaltung vom gemeinen Nutzen/ vnnd heylen die Schwachen nach den Reguln/ die jhnen durch die alte erfahrne Artzte fürgeschrieben worden. Wann einer einen Patienten nach der heiligen Bücher Reguln zu curieren vnterfangt/ ob derselbig gleich zu keiner gesundheit kompt/ wird jhm das vor vngut auff genommen: Wil er jn aber anders curieren/ als jnen in gemeldten Büchern für geschrieben worden/ muß er deß Todts sterben.

Dann der Gesetzgeber helt dafür/ es könne nit wol ein besser arth zu curieren erfunden werden/ als die von

Diebstal leichtlich antreffen. Wer nun etwas verlohre/ dem name man davon das vierdte theil/ vnd gab es dem Dieb/ denn es hielt der Gesetzgeber dafür/ weil es vnmüglich were/ daß das stehlen durch verbieten könt auffgehaben werden/ So wer es je besser/ daß der Herr deß Guts ein stück/ als das gantze verlieren solte.

In Heyraths Sachen hetten die Ehestand. Egyptier nicht einerley Gewonheit. Die Priester dorfften mehr nicht als ein Eheweib nehmen. Die andern aber mochten nach jhrem vermögen vnnd gefallen so viel vermählen/ als sie wolten. Man hielt aber jrer keinen für einen Bastart/ vnd weñ er gleich von einer gekaufften Magd geboren worden. Dann sie halten nur den Vatter für die Haupt vrsach deß geschlechts/ die Mutter gebe dem Kind nit mehr als die Nahrung vnnd den orth. Sie erziehen die Kinder mit so geringem Kosten auff/ das mans kaum glauben kan/ dann sie erneren sie mit schlechten Wurtzeln/ die sie vn ter der Aschen kochen/ deßgleichen mit Köhl/ welches sie jhnen zum theil gekocht/ zum theil gebraten/ zum theil auch roh fürsetzen. Auch lassen sie jhre Kinder barfuß vnd meistentheils nackendt lauffen/ dann die Landtschafft ist guter temperatur. Sie kehren vberall an jhre Kinder nicht vber zwantzig Dickpfennig/ biß sie erwachsen. Diese Priester führen sie an beydes in der H. Schrifft/ wie auch in den dingen / so zu gemeiner Lehr dienen/ als die sich auff Geometriam vnd Arithmeticam sehr befleissen/ deß Fechtens wie auch der Music bekümmern sie sich wenig/ halten darfür / wenn sich die Jugend täglich darinn vbte/ würde solches gefährlich/ vnnd an der stärck verhinderlich seyn/ denn sie würden hierdurch schwächer gemacht. Die Music sey gleichfals nit allein vnnützlich/ sondern auch schädlich/ dann sie macht der Männer gemüth Weibisch.

Kranckheiten curieren. Jhre schwachheiten curieren sie entweder durch fastẽ oder durch erbrechen: Vnd diß thun sie entweder alle Tag / oder je vber den dritten oder vierdtẽ: Dañ sie sagen/ alle schwachheiten kommen von Vberfluß der Speiß her: Also sey nun kein besser Artzney für die Schwachheiten / als da man derselben Vrsachen hinweg nehme. Die so in Krieg ziehen oder sonsten ein Pilgerschafft verrichten/ die heylet man ohn einig entgeltnuß: dann die Artzt haben die Vnterhaltung vom gemeinen Nutzen/ vnnd heylen die Schwachen nach den Reguln/ die jhnen durch die alte erfahrne Artzte fürgeschrieben worden. Wann einer einen Patienten nach der heiligen Bücher Reguln zu curieren vnterfangt/ ob derselbig gleich zu keiner gesundheit kompt/ wird jhm das vor vngut auff genommen: Wil er jn aber anders curieren/ als jnen in gemeldten Büchern für geschrieben worden/ muß er deß Todts sterben.

Dann der Gesetzgeber helt dafür/ es könne nit wol ein besser arth zu curieren erfunden werden/ als die von

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[687/0707] Diebstal leichtlich antreffen. Wer nun etwas verlohre/ dem name man davon das vierdte theil/ vnd gab es dem Dieb/ denn es hielt der Gesetzgeber dafür/ weil es vnmüglich were/ daß das stehlen durch verbieten könt auffgehaben werden/ So wer es je besser/ daß der Herr deß Guts ein stück/ als das gantze verlieren solte. In Heyraths Sachen hetten die Egyptier nicht einerley Gewonheit. Die Priester dorfften mehr nicht als ein Eheweib nehmen. Die andern aber mochten nach jhrem vermögen vnnd gefallen so viel vermählen/ als sie wolten. Man hielt aber jrer keinen für einen Bastart/ vnd weñ er gleich von einer gekaufften Magd geboren worden. Dann sie halten nur den Vatter für die Haupt vrsach deß geschlechts/ die Mutter gebe dem Kind nit mehr als die Nahrung vnnd den orth. Sie erziehen die Kinder mit so geringem Kosten auff/ das mans kaum glauben kan/ dann sie erneren sie mit schlechten Wurtzeln/ die sie vn ter der Aschen kochen/ deßgleichen mit Köhl/ welches sie jhnen zum theil gekocht/ zum theil gebraten/ zum theil auch roh fürsetzen. Auch lassen sie jhre Kinder barfuß vnd meistentheils nackendt lauffen/ dann die Landtschafft ist guter temperatur. Sie kehren vberall an jhre Kinder nicht vber zwantzig Dickpfennig/ biß sie erwachsen. Diese Priester führen sie an beydes in der H. Schrifft/ wie auch in den dingen / so zu gemeiner Lehr dienen/ als die sich auff Geometriam vnd Arithmeticam sehr befleissen/ deß Fechtens wie auch der Music bekümmern sie sich wenig/ halten darfür / wenn sich die Jugend täglich darinn vbte/ würde solches gefährlich/ vnnd an der stärck verhinderlich seyn/ denn sie würden hierdurch schwächer gemacht. Die Music sey gleichfals nit allein vnnützlich/ sondern auch schädlich/ dann sie macht der Männer gemüth Weibisch. Ehestand. Jhre schwachheiten curieren sie entweder durch fastẽ oder durch erbrechen: Vnd diß thun sie entweder alle Tag / oder je vber den dritten oder vierdtẽ: Dañ sie sagen/ alle schwachheiten kommen von Vberfluß der Speiß her: Also sey nun kein besser Artzney für die Schwachheiten / als da man derselben Vrsachen hinweg nehme. Die so in Krieg ziehen oder sonsten ein Pilgerschafft verrichten/ die heylet man ohn einig entgeltnuß: dann die Artzt haben die Vnterhaltung vom gemeinen Nutzen/ vnnd heylen die Schwachen nach den Reguln/ die jhnen durch die alte erfahrne Artzte fürgeschrieben worden. Wann einer einen Patienten nach der heiligen Bücher Reguln zu curieren vnterfangt/ ob derselbig gleich zu keiner gesundheit kompt/ wird jhm das vor vngut auff genommen: Wil er jn aber anders curieren/ als jnen in gemeldten Büchern für geschrieben worden/ muß er deß Todts sterben. Kranckheiten curieren. Dann der Gesetzgeber helt dafür/ es könne nit wol ein besser arth zu curieren erfunden werden/ als die von

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Zitationshilfe: Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614/707>, abgerufen am 24.11.2024.