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Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614.

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Glied abgeschnitten/ weil er durch ein Laster drey Vbelthaten begangen/ als daß er jhr schmach angethan/ sie verletzet/ vnnd eine vermischung vnter der Kindern angericht hette.

Wann einer ohn Nothzucht in Ebruch begriffen ward/ must er Tausent streich leyden/ dem Weib aber ward die Nasen abgeschnitten.

So einer den andern in dem Angesicht schendet/ ward er gestraffet/ daß man jhm wider ein Schandtmahl machte/ eben an dem Orth deß Angesichts/ dadurch es am meisten gezieret ward.

Man will dafür halten/ es habe Bocchorides die ordnung in Kauffmans händeln gegeben. Hierin wird versehen/ daß/ wann einer dem andern Geldt leihet ohn eine Handtschrifft / solches aber nachmahls geleugnet wird/ so sollt der Schüldner hierüber einen Eyd leisten: sintemahl sie den Eydschwur sehr hoch hielten. Dann weil das gewiß ist/ daß man einem so fleissig schweret/ wenig glauben gibt: So halten viel dafür/ es solte einer sehr langsam sich zum eyd bewegen lassen/ damit er eins frommen Mannes Nahmen nicht verliere. Ferner hat der Gesetzgeber verordnet/ daß man von eines Menschen Tugenden abnehmen solte / ob er möge trew seyn/ alßdann würden die Menschen durch gute sitten zur fröm migkeit gewehnet vnd gereitzet/ dahin zu streben/ daß man sie für redliche wahre Biderleut ansehen vnd halten möchte: Dann er hielt das für ein vnbillich ding/ dz man denen / welchen Geldt ohn einen zuuor geleisteten eyd were vertrawet worden/ nicht solte glauben geben/ wenn sie in jhre eigen sachschweren würden. Belangend den wucher/ ward versehen/ dz keiner mehr als noch so viel fordern dorfft/ dann sie zuvor waren einig worden. Die Schulden wurden allein von deß Schüldners Gütern bezahlet/ der Leib aber ward dem Gleubiger nit zugesprochen/ dann man hielt dafür/ die Güter weren den Schulden nur allein vnterworffen/ die Leibe aber/ deren hülff man in Kriegs vnnd Friedenszeiten brauchen muste/ weren den Stätten verpflichtet. Dann es daucht sie nit billich sein/ daß man die Kriegsknechte/ welche sich vmb deß Vaterlands willen in gefahr begeben hetten / solte für den Wucher ins gefengnuß legen. Es hat das ansehen/ als ob Solon das Gesetz hievon dannen gen Athen bracht/ vnnd Sisateam genennet habe/ welcher in seinen Satzungen dahin geschlossen/ kein Bürger wegen deß wuchers in hafften solte gezogen werden.

Gleichfals hatten die Egyptier Gesetz von Dieben. nur allein diß Gesetz von den Dieben/ daß die jenigen/ so stehlen wolten/ jhren Nahmen bey dem Obersten Priester schreiben/ vnd den Diebstal zu jhm so bald bringen solten/ zu dem solten sie zugleich auch schreiben tag vnnd stundt/ wenn sie etwas entwendet/ vnd was dasselbe gewesen were. Durch diß Mittel konnt man den

Glied abgeschnitten/ weil er durch ein Laster drey Vbelthaten begangen/ als daß er jhr schmach angethan/ sie verletzet/ vnnd eine vermischung vnter der Kindern angericht hette.

Wann einer ohn Nothzucht in Ebruch begriffen ward/ must er Tausent streich leyden/ dem Weib aber ward die Nasen abgeschnitten.

So einer den andern in dem Angesicht schendet/ ward er gestraffet/ daß man jhm wider ein Schandtmahl machte/ eben an dem Orth deß Angesichts/ dadurch es am meisten gezieret ward.

Man will dafür halten/ es habe Bocchorides die ordnung in Kauffmans händeln gegeben. Hierin wird versehen/ daß/ wann einer dem andern Geldt leihet ohn eine Handtschrifft / solches aber nachmahls geleugnet wird/ so sollt der Schüldner hierüber einen Eyd leisten: sintemahl sie den Eydschwur sehr hoch hielten. Dann weil das gewiß ist/ daß man einem so fleissig schweret/ wenig glauben gibt: So halten viel dafür/ es solte einer sehr langsam sich zum eyd bewegen lassen/ damit er eins from̃en Mannes Nahmen nicht verliere. Ferner hat der Gesetzgeber verordnet/ daß man von eines Menschen Tugenden abnehmen solte / ob er möge trew seyn/ alßdann würden die Menschen durch gute sitten zur fröm migkeit gewehnet vnd gereitzet/ dahin zu streben/ daß man sie für redliche wahre Biderleut ansehen vnd halten möchte: Dañ er hielt das für ein vnbillich ding/ dz man denen / welchen Geldt ohn einen zuuor geleisteten eyd were vertrawet worden/ nicht solte glauben geben/ wenn sie in jhre eigen sachschweren würden. Belangend den wucher/ ward versehen/ dz keiner mehr als noch so viel fordern dorfft/ dann sie zuvor waren einig worden. Die Schulden wurden allein von deß Schüldners Gütern bezahlet/ der Leib aber ward dem Gleubiger nit zugesprochen/ dann man hielt dafür/ die Güter weren den Schulden nur allein vnterworffen/ die Leibe aber/ deren hülff man in Kriegs vnnd Friedenszeiten brauchen muste/ weren den Stätten verpflichtet. Dann es daucht sie nit billich sein/ daß man die Kriegsknechte/ welche sich vmb deß Vaterlands willen in gefahr begeben hetten / solte für den Wucher ins gefengnuß legen. Es hat das ansehen/ als ob Solon das Gesetz hievon dannen gen Athen bracht/ vnnd Sisateam genennet habe/ welcher in seinen Satzungen dahin geschlossen/ kein Bürger wegen deß wuchers in hafften solte gezogen werden.

Gleichfals hatten die Egyptier Gesetz von Dieben. nur allein diß Gesetz von den Dieben/ daß die jenigen/ so stehlen woltẽ/ jhren Nahmen bey dem Obersten Priester schreiben/ vnd den Diebstal zu jhm so bald bringen solten/ zu dem solten sie zugleich auch schreiben tag vnnd stundt/ wenn sie etwas entwendet/ vnd was dasselbe gewesen were. Durch diß Mittel konnt man den

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Zitationshilfe: Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614/706>, abgerufen am 24.11.2024.