Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614.

Bild:
<< vorherige Seite

Rleidung. Ihre Kleydung seynd etliche Leibröcke vbereinander gewesen/ so lang biß auff die Fersen/ vnnd zwar auch mit langen Ermeln/ vnnd haben die euss ersten Röcke vmbgürtet/ nit viel vngleich von der Tracht der Vngarischen Völcker / ohne daß diese halbe Ermel/ vnnd die Röcke dermassen nicht zu vmbgürten pflegen. Sie haben eine vralte eigne spracht zu nechst dem Hebraische die vornembste.

Sprach Diese Sprach ist sehr reich von worten/ pflegen der Articul/ wie die Teutschen/ haben auch solche Composita/ als [Greek words], Menschengunst/ borgen keine wort von andern Sprachen/ wie die Lateiner vnd teutschen.

Jetziger zeit aber stehet es mit der Griechischen/ Sprache/ wie mit der Lateinischen / also Corrupt/ daß ein guter alter Graecus einen newen Griechen nicht das fünffte Wort verstehen kann/ beydes wegen Veränderung der Syllaben vnd wegen Einmischung vieler fremmder Wörter.

Ferrner so redet man jetzunder in diesem Land ein groß thiel wändisch/ auch etwa Türckisch/ aber nit viel/ als allein die Hoffleut/ vnd sonderlich die gebornen vom Ottomannischen Geschlecht/ dann die wänden haben vor zeiten den mehrern thiel dieser Lande eingenommen/ welche der Türcke alhie gefunden hat. Sie studieren die Arabische Sprache wegen deß Alcorans.

Gewerb. Ihre Händel sindt vor zeiten gewesen/ wie Cicero im responsis aruspicum sagt: Die Griechen vortrefflich an weißheit/ die Galli an stärcke / die Hispanier an zahl/ die Carthager an Vorschmitzlichkeit. Also reisete jedermann bey der Heydenschafft in Griechenlandt gehn Athen/ daselbst Weißheit zu lernen.

Summa wie der Römer vornenbstes Studium ist gewesen/ viel landt vnder sich bringen: Also ist der Griechen vornembstes Thun gewesen/ der Philosophiae, vnd natürlicher weißheit obliegen. Ich rede allhier von dem Hauptwerck/ vnd nicht von den nebefellen. Sonst in gemein haben sie sich genehret/ deß Ackerbawes vnd der Viehzucht / wie alle Europaeische Völcker. Heutiges tages ist der vorzug militare, reiten/ rennen / sechten/ stechen.

Religion/ glaube/ Gesetz/ vnd Kirchenstandt/ in Griechenlandt.

BRiechenlandt hatte vor zeiten einen Abgott zu Delphisin Phodice an dem gebirge Parnasso, den nanten sie Appollo, da war eine Spelunca in den berg hinein/ darauß gieng eine finster küle lufft/ vber der stunden die Priester/ vnd dahin verlobte Dienerin / so bald sie von dem lufft berürt wurden/ kamen sie von Sinnen/ vnd antworten von viel heimlichen Dingen/ darumm sie gefragt wurden Daher auß allen landen ein grosser Zulauff gen Delphos ward. Sonsten halten sie in ge-

Rleidung. Ihre Kleydung seynd etliche Leibröcke vbereinander gewesen/ so lang biß auff die Fersen/ vnnd zwar auch mit langen Ermeln/ vnnd haben die euss ersten Röcke vmbgürtet/ nit viel vngleich von der Tracht der Vngarischen Völcker / ohne daß diese halbe Ermel/ vnnd die Röcke dermassen nicht zu vmbgürten pflegen. Sie haben eine vralte eigne spracht zu nechst dem Hebraische die vornembste.

Sprach Diese Sprach ist sehr reich von worten/ pflegen der Articul/ wie die Teutschen/ haben auch solche Composita/ als [Greek words], Menschengunst/ borgen keine wort von andern Sprachen/ wie die Lateiner vnd teutschen.

Jetziger zeit aber stehet es mit der Griechischen/ Sprache/ wie mit der Lateinischen / also Corrupt/ daß ein guter alter Graecus einen newẽ Griechen nicht das fünffte Wort verstehen kann/ beydes wegen Veränderung der Syllaben vnd wegen Einmischung vieler frem̃der Wörter.

Ferrner so redet man jetzunder in diesem Land ein groß thiel wändisch/ auch etwa Türckisch/ aber nit viel/ als allein die Hoffleut/ vnd sonderlich die gebornen vom Ottomannischen Geschlecht/ dann die wänden haben vor zeiten den mehrern thiel dieser Lande eingenommen/ welche der Türcke alhie gefunden hat. Sie studieren die Arabische Sprache wegen deß Alcorans.

Gewerb. Ihre Händel sindt vor zeiten gewesen/ wie Cicero im responsis aruspicum sagt: Die Griechen vortrefflich an weißheit/ die Galli an stärcke / die Hispanier an zahl/ die Carthager an Vorschmitzlichkeit. Also reisete jedermann bey der Heydenschafft in Griechenlandt gehn Athen/ daselbst Weißheit zu lernen.

Summa wie der Römer vornẽbstes Studium ist gewesen/ viel landt vnder sich bringen: Also ist der Griechen vornembstes Thun gewesen/ der Philosophiae, vnd natürlicher weißheit obliegen. Ich rede allhier von dem Hauptwerck/ vnd nicht von den nebefellen. Sonst in gemein haben sie sich genehret/ deß Ackerbawes vnd der Viehzucht / wie alle Europaeische Völcker. Heutiges tages ist der vorzug militare, reiten/ rennen / sechten/ stechen.

Religion/ glaube/ Gesetz/ vnd Kirchenstandt/ in Griechenlandt.

BRiechenlandt hatte vor zeiten einen Abgott zu Delphisin Phodice an dem gebirge Parnasso, den nãten sie Appollo, da war eine Spelunca in den berg hinein/ darauß gieng eine finster küle lufft/ vber der stundẽ die Priester/ vnd dahin verlobte Dienerin / so bald sie von dem lufft berürt wurden/ kamen sie von Sinnen/ vnd antworten von viel heimlichen Dingen/ darum̃ sie gefragt wurden Daher auß allen landen ein grosser Zulauff gen Delphos ward. Sonsten halten sie in ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0298" n="278"/>
        <p><note place="right">Rleidung.</note> Ihre Kleydung seynd etliche Leibröcke vbereinander            gewesen/ so lang biß auff die Fersen/ vnnd zwar auch mit langen Ermeln/ vnnd haben die            euss ersten Röcke vmbgürtet/ nit viel vngleich von der Tracht der Vngarischen Völcker /            ohne daß diese halbe Ermel/ vnnd die Röcke dermassen nicht zu vmbgürten pflegen. Sie            haben eine vralte eigne spracht zu nechst dem Hebraische die vornembste.</p>
        <p><note place="right">Sprach</note> Diese Sprach ist sehr reich von worten/ pflegen der            Articul/ wie die Teutschen/ haben auch solche Composita/ als <foreign xml:lang="el">[Greek words]</foreign>, Menschengunst/ borgen keine wort von andern Sprachen/ wie            die Lateiner vnd teutschen.</p>
        <p>Jetziger zeit aber stehet es mit der Griechischen/ Sprache/ wie mit der Lateinischen /            also Corrupt/ daß ein guter alter Graecus einen newe&#x0303; Griechen nicht das fünffte            Wort verstehen kann/ beydes wegen Veränderung der Syllaben vnd wegen Einmischung vieler            frem&#x0303;der Wörter.</p>
        <p>Ferrner so redet man jetzunder in diesem Land ein groß thiel wändisch/ auch etwa            Türckisch/ aber nit viel/ als allein die Hoffleut/ vnd sonderlich die gebornen vom            Ottomannischen Geschlecht/ dann die wänden haben vor zeiten den mehrern thiel dieser            Lande eingenommen/ welche der Türcke alhie gefunden hat. Sie studieren die Arabische            Sprache wegen deß Alcorans.</p>
        <p><note place="right">Gewerb.</note> Ihre Händel sindt vor zeiten gewesen/ wie Cicero im            responsis aruspicum sagt: Die Griechen vortrefflich an weißheit/ die Galli an stärcke /            die Hispanier an zahl/ die Carthager an Vorschmitzlichkeit. Also reisete jedermann bey            der Heydenschafft in Griechenlandt gehn Athen/ daselbst Weißheit zu lernen.</p>
        <p>Summa wie der Römer vorne&#x0303;bstes Studium ist gewesen/ viel landt vnder sich            bringen: Also ist der Griechen vornembstes Thun gewesen/ der Philosophiae, vnd            natürlicher weißheit obliegen. Ich rede allhier von dem Hauptwerck/ vnd nicht von den            nebefellen. Sonst in gemein haben sie sich genehret/ deß Ackerbawes vnd der Viehzucht /            wie alle Europaeische Völcker. Heutiges tages ist der vorzug militare, reiten/ rennen /            sechten/ stechen.</p>
        <p>Religion/ glaube/ Gesetz/ vnd Kirchenstandt/ in Griechenlandt.</p>
        <p>BRiechenlandt hatte vor zeiten einen Abgott zu Delphisin Phodice an dem gebirge Parnasso,            den na&#x0303;ten sie Appollo, da war eine Spelunca in den berg hinein/ darauß gieng eine            finster küle lufft/ vber der stunde&#x0303; die Priester/ vnd dahin verlobte Dienerin /            so bald sie von dem lufft berürt wurden/ kamen sie von Sinnen/ vnd antworten von viel            heimlichen Dingen/ darum&#x0303; sie gefragt wurden Daher auß allen landen ein grosser            Zulauff gen Delphos ward. Sonsten halten sie in ge-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0298] Ihre Kleydung seynd etliche Leibröcke vbereinander gewesen/ so lang biß auff die Fersen/ vnnd zwar auch mit langen Ermeln/ vnnd haben die euss ersten Röcke vmbgürtet/ nit viel vngleich von der Tracht der Vngarischen Völcker / ohne daß diese halbe Ermel/ vnnd die Röcke dermassen nicht zu vmbgürten pflegen. Sie haben eine vralte eigne spracht zu nechst dem Hebraische die vornembste. Rleidung. Diese Sprach ist sehr reich von worten/ pflegen der Articul/ wie die Teutschen/ haben auch solche Composita/ als [Greek words], Menschengunst/ borgen keine wort von andern Sprachen/ wie die Lateiner vnd teutschen. Sprach Jetziger zeit aber stehet es mit der Griechischen/ Sprache/ wie mit der Lateinischen / also Corrupt/ daß ein guter alter Graecus einen newẽ Griechen nicht das fünffte Wort verstehen kann/ beydes wegen Veränderung der Syllaben vnd wegen Einmischung vieler frem̃der Wörter. Ferrner so redet man jetzunder in diesem Land ein groß thiel wändisch/ auch etwa Türckisch/ aber nit viel/ als allein die Hoffleut/ vnd sonderlich die gebornen vom Ottomannischen Geschlecht/ dann die wänden haben vor zeiten den mehrern thiel dieser Lande eingenommen/ welche der Türcke alhie gefunden hat. Sie studieren die Arabische Sprache wegen deß Alcorans. Ihre Händel sindt vor zeiten gewesen/ wie Cicero im responsis aruspicum sagt: Die Griechen vortrefflich an weißheit/ die Galli an stärcke / die Hispanier an zahl/ die Carthager an Vorschmitzlichkeit. Also reisete jedermann bey der Heydenschafft in Griechenlandt gehn Athen/ daselbst Weißheit zu lernen. Gewerb. Summa wie der Römer vornẽbstes Studium ist gewesen/ viel landt vnder sich bringen: Also ist der Griechen vornembstes Thun gewesen/ der Philosophiae, vnd natürlicher weißheit obliegen. Ich rede allhier von dem Hauptwerck/ vnd nicht von den nebefellen. Sonst in gemein haben sie sich genehret/ deß Ackerbawes vnd der Viehzucht / wie alle Europaeische Völcker. Heutiges tages ist der vorzug militare, reiten/ rennen / sechten/ stechen. Religion/ glaube/ Gesetz/ vnd Kirchenstandt/ in Griechenlandt. BRiechenlandt hatte vor zeiten einen Abgott zu Delphisin Phodice an dem gebirge Parnasso, den nãten sie Appollo, da war eine Spelunca in den berg hinein/ darauß gieng eine finster küle lufft/ vber der stundẽ die Priester/ vnd dahin verlobte Dienerin / so bald sie von dem lufft berürt wurden/ kamen sie von Sinnen/ vnd antworten von viel heimlichen Dingen/ darum̃ sie gefragt wurden Daher auß allen landen ein grosser Zulauff gen Delphos ward. Sonsten halten sie in ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614/298
Zitationshilfe: Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beatus_amphitheatrum_1614/298>, abgerufen am 19.05.2024.