Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.pba_483.001 sebein men eusebeia tis, pba_483.014 kratos d' oto kratos melei pba_483.015 parabaton oudama pelei, pba_483.016 se d' autrgnotos oles' orga. pba_483.017 Schön ist's zu üben frommen Sinn, pba_483.018 Doch des Gewalt dem Gewalt gebührt pba_483.019 Verachten, nimmer ist's wohlgethan, pba_483.020 Dich trieb der Zorn ins offene Unglück. pba_483.021 ti khre me ten dustenon es theous eti pba_483.034
blepein; tin' audan xummakhon; epei ge de pba_483.035 ten dussebeian eusebous' ektesamen. pba_483.036 all' ei men oun tad' estin en theois kala, pba_483.037 pathontes \an xuggnoimen emartekotes; pba_483.038 ei d' oid' amartanousi, me pleio kaka pba_483.039 pathoien \e kai drosin ekdikos eme. pba_483.040 Wie soll ich Unglücksel'ge zu den Göttern noch pba_483.041 Den Blick erheben? Wo um Hülfe flehn? wenn ich pba_483.001 σέβειν μὲν εὐσέβειά τις, pba_483.014 κράτος δ' ὅτῳ κράτος μέλει pba_483.015 παραβατὸν οὐδαμᾷ πέλει, pba_483.016 σὲ δ' αὐτρ́γνωτος ὤλεσ' ὀργά. pba_483.017 Schön ist's zu üben frommen Sinn, pba_483.018 Doch des Gewalt dem Gewalt gebührt pba_483.019 Verachten, nimmer ist's wohlgethan, pba_483.020 Dich trieb der Zorn ins offene Unglück. pba_483.021 τί χρή με τὴν δύςτηνον ἐς θεοὺς ἔτι pba_483.034
βλέπειν; τίν' αὐδᾶν ξυμμάχων; ἐπεί γε δὴ pba_483.035 τήν δυσσέβειαν εὐσεβοῦσ' ἐκτησάμην. pba_483.036 ἀλλ' εἰ μὲν οὖν τάδ' ἐστὶν ἐν θεοῖς καλά, pba_483.037 παθόντες \̓αν ξυγγνοῖμεν ἡμαρτηκότες· pba_483.038 εἰ δ' οἵδ' ἁμαρτάνουσι, μὴ πλείω κακὰ pba_483.039 πάθοιεν \̓η καὶ δρῶσιν ἐκδίκως ἐμέ. pba_483.040 Wie soll ich Unglücksel'ge zu den Göttern noch pba_483.041 Den Blick erheben? Wo um Hülfe flehn? wenn ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0501" n="483"/><lb n="pba_483.001"/> den Vögeln zum schmählichen Raube zu lassen: aber für ein <hi rendition="#g">ruhig besonnenes</hi> <lb n="pba_483.002"/> Handeln stand ihr der Weg offen, nur freilich daß solche <lb n="pba_483.003"/> ruhige Besonnenheit von der in gerechtem Zorn leidenschaftlich Entflammten, <lb n="pba_483.004"/> vom härtesten Unglück unablässig Verfolgten nicht erwartet, <lb n="pba_483.005"/> noch weniger verlangt werden kann! Der eigene Sohn des Gegners, <lb n="pba_483.006"/> die gesamte Bürgerschaft, der gerade in diesem Falle übermächtige Einfluß <lb n="pba_483.007"/> der Priesterschaft, des göttlich verehrten Sehers, alle diese Bundesgenossen <lb n="pba_483.008"/> stehen ihr zur Seite; und was das Ansehen des Teiresias vermag, <lb n="pba_483.009"/> zeigt gleich die folgende Scene. Auch in dieser Hinsicht findet <lb n="pba_483.010"/> sich das Urteil des Chors über das Verhalten der Antigone klar und <lb n="pba_483.011"/> bestimmt ausgesprochen, wenn nur die feinabgewogenen Worte richtig <lb n="pba_483.012"/> gefaßt werden (V. 871–875):</p> <lb n="pba_483.013"/> <lg> <l><foreign xml:lang="grc">σέβειν μὲν εὐσέβειά τις</foreign>,</l> <lb n="pba_483.014"/> <l> <foreign xml:lang="grc">κράτος δ' ὅτῳ κράτος μέλει</foreign> </l> <lb n="pba_483.015"/> <l><foreign xml:lang="grc">παραβατὸν οὐδαμᾷ πέλει</foreign>,</l> <lb n="pba_483.016"/> <l><foreign xml:lang="grc">σὲ δ' αὐτρ́γνωτος ὤλεσ' ὀργά</foreign>.</l> <lb n="pba_483.017"/> <l>Schön ist's zu üben frommen Sinn,</l> <lb n="pba_483.018"/> <l>Doch des Gewalt dem Gewalt gebührt</l> <lb n="pba_483.019"/> <l>Verachten, nimmer ist's wohlgethan,</l> <lb n="pba_483.020"/> <l>Dich trieb der Zorn ins offene Unglück.</l> </lg> <p><lb n="pba_483.021"/> Es ist der „hohe und rasche Sinn“, der sie unbekümmert von <lb n="pba_483.022"/> Furcht, ohne Zaudern, ja mit leidenschaftlicher Begier nach der Gefahr <lb n="pba_483.023"/> den kürzesten, aber verderblichsten Weg wählen läßt. Derselbe Sinn ist <lb n="pba_483.024"/> es dann, der, da die schlimmen Folgen ihrer That sich schnell vollziehen, <lb n="pba_483.025"/> sie, wie einst ihren Vater, an den Göttern verzweifeln läßt. Jn solcher <lb n="pba_483.026"/> Verzweiflung gibt sie sich selbst den Tod und vereitelt somit eben <lb n="pba_483.027"/> durch die verhängnisvolle Hamartie, die ihr Stammeserbteil ist, die <lb n="pba_483.028"/> vom Geschick ihr zugedachte Rettung. Auch hier ist die entscheidende <lb n="pba_483.029"/> Apostrophe der Antigone wieder durch die herkömmliche Jnterpretation <lb n="pba_483.030"/> abgeschwächt, namentlich wird die schneidende Jronie, mit der sie das <lb n="pba_483.031"/> ihr zur Last gelegte Verschulden dem ihr zugefügten Unrecht vergleicht, <lb n="pba_483.032"/> in das Gegenteil verkehrt (V. 922–928):</p> <lb n="pba_483.033"/> <lg> <l> <foreign xml:lang="grc">τί χρή με τὴν δύςτηνον ἐς θεοὺς ἔτι</foreign> </l> <lb n="pba_483.034"/> <l><foreign xml:lang="grc">βλέπειν</foreign><hi rendition="#i">;</hi><foreign xml:lang="grc">τίν' αὐδᾶν ξυμμάχων</foreign>; <foreign xml:lang="grc">ἐπεί γε δὴ</foreign></l> <lb n="pba_483.035"/> <l><foreign xml:lang="grc">τήν δυσσέβειαν εὐσεβοῦσ' ἐκτησάμην</foreign>.</l> <lb n="pba_483.036"/> <l><foreign xml:lang="grc">ἀλλ' εἰ μὲν οὖν τάδ' ἐστὶν ἐν θεοῖς καλά</foreign>,</l> <lb n="pba_483.037"/> <l> <foreign xml:lang="grc">παθόντες \̓αν ξυγγνοῖμεν ἡμαρτηκότες·</foreign> </l> <lb n="pba_483.038"/> <l> <foreign xml:lang="grc">εἰ δ' οἵδ' ἁμαρτάνουσι, μὴ πλείω κακὰ</foreign> </l> <lb n="pba_483.039"/> <l><foreign xml:lang="grc">πάθοιεν \̓η καὶ δρῶσιν ἐκδίκως ἐμέ</foreign>.</l> <lb n="pba_483.040"/> <l>Wie soll ich Unglücksel'ge zu den Göttern noch</l> <lb n="pba_483.041"/> <l>Den Blick erheben? Wo um Hülfe flehn? wenn ich</l> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [483/0501]
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den Vögeln zum schmählichen Raube zu lassen: aber für ein ruhig besonnenes pba_483.002
Handeln stand ihr der Weg offen, nur freilich daß solche pba_483.003
ruhige Besonnenheit von der in gerechtem Zorn leidenschaftlich Entflammten, pba_483.004
vom härtesten Unglück unablässig Verfolgten nicht erwartet, pba_483.005
noch weniger verlangt werden kann! Der eigene Sohn des Gegners, pba_483.006
die gesamte Bürgerschaft, der gerade in diesem Falle übermächtige Einfluß pba_483.007
der Priesterschaft, des göttlich verehrten Sehers, alle diese Bundesgenossen pba_483.008
stehen ihr zur Seite; und was das Ansehen des Teiresias vermag, pba_483.009
zeigt gleich die folgende Scene. Auch in dieser Hinsicht findet pba_483.010
sich das Urteil des Chors über das Verhalten der Antigone klar und pba_483.011
bestimmt ausgesprochen, wenn nur die feinabgewogenen Worte richtig pba_483.012
gefaßt werden (V. 871–875):
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σέβειν μὲν εὐσέβειά τις, pba_483.014
κράτος δ' ὅτῳ κράτος μέλει pba_483.015
παραβατὸν οὐδαμᾷ πέλει, pba_483.016
σὲ δ' αὐτρ́γνωτος ὤλεσ' ὀργά. pba_483.017
Schön ist's zu üben frommen Sinn, pba_483.018
Doch des Gewalt dem Gewalt gebührt pba_483.019
Verachten, nimmer ist's wohlgethan, pba_483.020
Dich trieb der Zorn ins offene Unglück.
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Es ist der „hohe und rasche Sinn“, der sie unbekümmert von pba_483.022
Furcht, ohne Zaudern, ja mit leidenschaftlicher Begier nach der Gefahr pba_483.023
den kürzesten, aber verderblichsten Weg wählen läßt. Derselbe Sinn ist pba_483.024
es dann, der, da die schlimmen Folgen ihrer That sich schnell vollziehen, pba_483.025
sie, wie einst ihren Vater, an den Göttern verzweifeln läßt. Jn solcher pba_483.026
Verzweiflung gibt sie sich selbst den Tod und vereitelt somit eben pba_483.027
durch die verhängnisvolle Hamartie, die ihr Stammeserbteil ist, die pba_483.028
vom Geschick ihr zugedachte Rettung. Auch hier ist die entscheidende pba_483.029
Apostrophe der Antigone wieder durch die herkömmliche Jnterpretation pba_483.030
abgeschwächt, namentlich wird die schneidende Jronie, mit der sie das pba_483.031
ihr zur Last gelegte Verschulden dem ihr zugefügten Unrecht vergleicht, pba_483.032
in das Gegenteil verkehrt (V. 922–928):
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τί χρή με τὴν δύςτηνον ἐς θεοὺς ἔτι pba_483.034
βλέπειν; τίν' αὐδᾶν ξυμμάχων; ἐπεί γε δὴ pba_483.035
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ἀλλ' εἰ μὲν οὖν τάδ' ἐστὶν ἐν θεοῖς καλά, pba_483.037
παθόντες \̓αν ξυγγνοῖμεν ἡμαρτηκότες· pba_483.038
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πάθοιεν \̓η καὶ δρῶσιν ἐκδίκως ἐμέ. pba_483.040
Wie soll ich Unglücksel'ge zu den Göttern noch pba_483.041
Den Blick erheben? Wo um Hülfe flehn? wenn ich
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