Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.pba_441.001 pba_441.017 1 pba_441.033
1342a 4: \o gar peri enias sumbainei pathos psukhas iskhuros touto en pba_441.034 pasais uparkhei, to de etton diapherei kai to mallon, oion eleos kai phobos, eti pba_441.035 d'enthousiasmos. kai gar upo tautes tes kineseos katakokhimoi tines eisin. ek de pba_441.036 ton ieron melon oromen toutous otan khresontai tois exorgiazousi ten psukhen pba_441.037 melesi, kathistamenous, osper iatreias tukhontas kai katharseos, tauto de touto pba_441.038 anagkaion paskhein kai tous eleemonas kai tous phobetikous kai tous olos pathetikous. pba_441.039 tous d' allous kath' oson epiballei ton toiouton ekasto, kai pasi pba_441.040 gignesthai tina katharsin, kai kouphizesthai meth' edones. pba_441.001 pba_441.017 1 pba_441.033
1342a 4: \̔ο γὰρ περὶ ἐνίας συμβαίνει πάθος ψυχὰς ἰσχυρῶς τοῦτο ἐν pba_441.034 πάσαις ὑπάρχει, τῷ δἐ ἧττον διαφέρει καὶ τῷ μᾶλλον, οἷον ἔλεος καὶ φόβος, ἔτι pba_441.035 δ'ἐνθουσιασμός. καὶ γὰρ ὑπὸ ταύτης τῆς κινήσεως κατακώχιμοί τινές εἰσιν. ἐκ δὲ pba_441.036 τῶν ἱερῶν μελῶν ὁρῶμεν τούτους ὅταν χρήσωνται τοῖς ἐξοργιάζουσι τὴν ψυχὴν pba_441.037 μέλεσι, καθισταμένους, ὥσπερ ἱατρείας τυχόντας καὶ καθάρσεως, ταὐτὸ δὴ τοῦτο pba_441.038 ἀναγκαῖον πάσχειν καὶ τοὺς ἐλεήμονας καὶ τοὺς φοβητικοὺς καὶ τοὺς ὅλως παθητικοὺς. pba_441.039 τοὺς δ' ἄλλους καθ' ὅσον ἐπιβάλλει τῶν τοιούτων ἑκάστῳ, καὶ πᾶσι pba_441.040 γίγνεσθαί τινα κάθαρσιν, καὶ κουφίζεσθαι μεθ' ἡδονῆς. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0459" n="441"/><lb n="pba_441.001"/> gendermaßen: „Denn die Empfindung, die in einigen Seelen stark auftritt, <lb n="pba_441.002"/> ist in allen vorhanden, nur nach dem Weniger oder Mehr verschieden, <lb n="pba_441.003"/> wie Furcht und Mitleid, ebenso auch der Enthusiasmus. Denn <lb n="pba_441.004"/> es gibt Naturen, die <hi rendition="#g">auch diesem Erregungsvorgang vorzugsweise <lb n="pba_441.005"/> unterliegen.</hi> Diese sehen wir durch die <hi rendition="#g">heiligen Gesänge,</hi> <lb n="pba_441.006"/> indem sie die Wirkung der die Seele in Entzückung versetzenden Melodien <lb n="pba_441.007"/> erfahren, <hi rendition="#g">zur Ruhe gebracht,</hi> als ob ihnen <hi rendition="#g">gleichsam Heilung</hi> <lb n="pba_441.008"/> zu teil geworden wäre und <hi rendition="#g">Katharsis.</hi> Ganz dieselbe Wirkung <lb n="pba_441.009"/> erfahren natürlich auch (<hi rendition="#aq">sc</hi>. durch die <hi rendition="#g">Musik,</hi> von der in der ganzen <lb n="pba_441.010"/> Stelle die Rede ist) die zum Mitleid oder zu der Furcht besonders stark <lb n="pba_441.011"/> Neigenden und überhaupt alle, die irgend einer Empfindung vorzugsweise <lb n="pba_441.012"/> unterliegen (<foreign xml:lang="grc">παθητικός</foreign> hat nach Nikom. Eth. II, 7 gerade diese <lb n="pba_441.013"/> Bedeutung); <hi rendition="#g">von den Übrigen aber erfährt ein jeder so viel <lb n="pba_441.014"/> von dieser Wirkung, als die betreffende Empfindung auf <lb n="pba_441.015"/> ihm lastet: bei allen wird eine Art von Katharsis vor sich <lb n="pba_441.016"/> gehen und sie werden sich freudig erleichtert fühlen.</hi>“<note xml:id="pba_441_1" place="foot" n="1"><lb n="pba_441.033"/> 1342<hi rendition="#sup">a</hi> 4: <foreign xml:lang="grc">\̔ο γὰρ περὶ ἐνίας συμβαίνει πάθος</foreign> <foreign xml:lang="grc">ψυχὰς ἰσχυρῶς τοῦτο ἐν</foreign> <lb n="pba_441.034"/> <foreign xml:lang="grc">πάσαις ὑπάρχει, τῷ δἐ ἧττον διαφέρει καὶ τῷ μᾶλλον, οἷον</foreign> <foreign xml:lang="grc">ἔλεος καὶ φόβος, ἔτι</foreign> <lb n="pba_441.035"/> <foreign xml:lang="grc">δ</foreign>'<foreign xml:lang="grc">ἐνθουσιασμός</foreign>. <foreign xml:lang="grc">καὶ γὰρ ὑπὸ ταύτης τῆς κινήσεως</foreign> <foreign xml:lang="grc">κατακώχιμοί τινές εἰσιν</foreign>. <foreign xml:lang="grc">ἐκ δὲ</foreign> <lb n="pba_441.036"/> <foreign xml:lang="grc">τῶν ἱερῶν μελῶν ὁρῶμεν τούτους ὅταν χρήσωνται τοῖς ἐξοργιάζουσι τὴν ψυχὴν</foreign> <lb n="pba_441.037"/> <foreign xml:lang="grc">μέλεσι, καθισταμένους, ὥσπερ ἱατρείας τυχόντας καὶ καθάρσεως, ταὐτὸ δὴ τοῦτο</foreign> <lb n="pba_441.038"/> <foreign xml:lang="grc">ἀναγκαῖον πάσχειν καὶ τοὺς ἐλεήμονας καὶ τοὺς φοβητικοὺς καὶ</foreign> <foreign xml:lang="grc">τοὺς ὅλως παθητικοὺς</foreign>. <lb n="pba_441.039"/> <foreign xml:lang="grc">τοὺς δ' ἄλλους καθ' ὅσον ἐπιβάλλει τῶν τοιούτων ἑκάστῳ, καὶ πᾶσι</foreign> <lb n="pba_441.040"/> <foreign xml:lang="grc">γίγνεσθαί τινα κάθαρσιν, καὶ κουφίζεσθαι μεθ' ἡδονῆς</foreign>.</note></p> <p><lb n="pba_441.017"/> Was hat denn nun Aristoteles mit der „<hi rendition="#g">Katharsis des Enthusiasmus</hi>“ <lb n="pba_441.018"/> besagen wollen? Dasjenige, worauf er den Nachdruck legt, <lb n="pba_441.019"/> ist: daß auch diese Empfindung, die gotterfüllte Begeisterung, gerade <lb n="pba_441.020"/> wie Furcht und Mitleid, und die andern Empfindungen alle, in <lb n="pba_441.021"/> verschiedenen Stärkegraden erscheine, keineswegs an sich selbst in allen <lb n="pba_441.022"/> Fällen eine absolut berechtigte sei. Von diesen verschiedenen Stärkegraden <lb n="pba_441.023"/> kann nach seiner Theorie aber nur einer der rechte, richtige, <lb n="pba_441.024"/> gesunde, wünschenswerte sein. Welchen nun wird die <hi rendition="#g">künstlerische <lb n="pba_441.025"/> Nachahmung</hi> sich zum Ziele, <hi rendition="#g">als den zu erregenden,</hi> setzen, <lb n="pba_441.026"/> wenn nicht diesen? Und wie anders kann die Wirkung solcher <lb n="pba_441.027"/> künstlerischen Nachahmung sich äußern, als daß, „indem der Hörende <lb n="pba_441.028"/> sie in sich erfährt“, sie <hi rendition="#g">von dem,</hi> „was an der Empfindung ihn belastet <lb n="pba_441.029"/> (<foreign xml:lang="grc">καθ' ὅσον <hi rendition="#g">ἐπιβάλλει</hi> αὐτῷ</foreign>), ihn <hi rendition="#g">erleichtert,</hi> das <hi rendition="#g">Zuviel</hi> <lb n="pba_441.030"/> (<foreign xml:lang="grc">μᾶλλον</foreign>) <hi rendition="#g">ausscheidet</hi> (<foreign xml:lang="grc">καθαίρει</foreign>), <hi rendition="#g">an</hi> dieser Empfindung <hi rendition="#g">ihn</hi> also <lb n="pba_441.031"/> <hi rendition="#g">einer Läuterung,</hi> gleichsam einer Heilung teilhaftig werden läßt? <lb n="pba_441.032"/> Das <foreign xml:lang="grc">περίττωμα</foreign>, das für den erforderten psychologischen Vorgang <hi rendition="#g">un- </hi></p> </div> </body> </text> </TEI> [441/0459]
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gendermaßen: „Denn die Empfindung, die in einigen Seelen stark auftritt, pba_441.002
ist in allen vorhanden, nur nach dem Weniger oder Mehr verschieden, pba_441.003
wie Furcht und Mitleid, ebenso auch der Enthusiasmus. Denn pba_441.004
es gibt Naturen, die auch diesem Erregungsvorgang vorzugsweise pba_441.005
unterliegen. Diese sehen wir durch die heiligen Gesänge, pba_441.006
indem sie die Wirkung der die Seele in Entzückung versetzenden Melodien pba_441.007
erfahren, zur Ruhe gebracht, als ob ihnen gleichsam Heilung pba_441.008
zu teil geworden wäre und Katharsis. Ganz dieselbe Wirkung pba_441.009
erfahren natürlich auch (sc. durch die Musik, von der in der ganzen pba_441.010
Stelle die Rede ist) die zum Mitleid oder zu der Furcht besonders stark pba_441.011
Neigenden und überhaupt alle, die irgend einer Empfindung vorzugsweise pba_441.012
unterliegen (παθητικός hat nach Nikom. Eth. II, 7 gerade diese pba_441.013
Bedeutung); von den Übrigen aber erfährt ein jeder so viel pba_441.014
von dieser Wirkung, als die betreffende Empfindung auf pba_441.015
ihm lastet: bei allen wird eine Art von Katharsis vor sich pba_441.016
gehen und sie werden sich freudig erleichtert fühlen.“ 1
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Was hat denn nun Aristoteles mit der „Katharsis des Enthusiasmus“ pba_441.018
besagen wollen? Dasjenige, worauf er den Nachdruck legt, pba_441.019
ist: daß auch diese Empfindung, die gotterfüllte Begeisterung, gerade pba_441.020
wie Furcht und Mitleid, und die andern Empfindungen alle, in pba_441.021
verschiedenen Stärkegraden erscheine, keineswegs an sich selbst in allen pba_441.022
Fällen eine absolut berechtigte sei. Von diesen verschiedenen Stärkegraden pba_441.023
kann nach seiner Theorie aber nur einer der rechte, richtige, pba_441.024
gesunde, wünschenswerte sein. Welchen nun wird die künstlerische pba_441.025
Nachahmung sich zum Ziele, als den zu erregenden, setzen, pba_441.026
wenn nicht diesen? Und wie anders kann die Wirkung solcher pba_441.027
künstlerischen Nachahmung sich äußern, als daß, „indem der Hörende pba_441.028
sie in sich erfährt“, sie von dem, „was an der Empfindung ihn belastet pba_441.029
(καθ' ὅσον ἐπιβάλλει αὐτῷ), ihn erleichtert, das Zuviel pba_441.030
(μᾶλλον) ausscheidet (καθαίρει), an dieser Empfindung ihn also pba_441.031
einer Läuterung, gleichsam einer Heilung teilhaftig werden läßt? pba_441.032
Das περίττωμα, das für den erforderten psychologischen Vorgang un-
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1342a 4: \̔ο γὰρ περὶ ἐνίας συμβαίνει πάθος ψυχὰς ἰσχυρῶς τοῦτο ἐν pba_441.034
πάσαις ὑπάρχει, τῷ δἐ ἧττον διαφέρει καὶ τῷ μᾶλλον, οἷον ἔλεος καὶ φόβος, ἔτι pba_441.035
δ'ἐνθουσιασμός. καὶ γὰρ ὑπὸ ταύτης τῆς κινήσεως κατακώχιμοί τινές εἰσιν. ἐκ δὲ pba_441.036
τῶν ἱερῶν μελῶν ὁρῶμεν τούτους ὅταν χρήσωνται τοῖς ἐξοργιάζουσι τὴν ψυχὴν pba_441.037
μέλεσι, καθισταμένους, ὥσπερ ἱατρείας τυχόντας καὶ καθάρσεως, ταὐτὸ δὴ τοῦτο pba_441.038
ἀναγκαῖον πάσχειν καὶ τοὺς ἐλεήμονας καὶ τοὺς φοβητικοὺς καὶ τοὺς ὅλως παθητικοὺς. pba_441.039
τοὺς δ' ἄλλους καθ' ὅσον ἐπιβάλλει τῶν τοιούτων ἑκάστῳ, καὶ πᾶσι pba_441.040
γίγνεσθαί τινα κάθαρσιν, καὶ κουφίζεσθαι μεθ' ἡδονῆς.
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