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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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ein gutes Gewissen und ein reiner Sinn die geistige Freiheit bewahrt; pba_382.002
bei ihm macht der Zauber der Jnsel sich nicht anders geltend, als daß pba_382.003
sein feiner und gewandter Geist die Welt seiner Vorstellungen zu unterhaltendem pba_382.004
Spiele in Bewegung setzt, wenn er das utopistische Jdeal pba_382.005
eines Staates ohne Obrigkeit, ohne Besitz, Handel und Arbeit halb mit pba_382.006
Behagen an dessen Ausmalung, halb mit unverkennbarer Jronie auseinandersetzt, pba_382.007
vorzüglich doch um den König zu erheitern und aufzurichten. pba_382.008
Dagegen ist dieser, von Schmerz und Reue gefoltert, in dumpfes Brüten pba_382.009
versunken; in Antonio und Sebastian endlich verscheucht gewissenloser pba_382.010
Ehrgeiz jedes andere Phantasiebild, als das der eigenen Macht und pba_382.011
Größe, und erzeugt in ihrer Brust den Vorsatz des scheußlichsten Meuchelmordes. pba_382.012
Sie alle, ebenso wie ihre grotesken Gegenbilder, die nur von pba_382.013
Angst und gemeiner Gier gelenkt werden, sind in Prosperos Gewalt pba_382.014
gegeben. Was kann deutlicher sein als der Sinn des Grundzuges, der pba_382.015
nun die ganze Handlung bestimmt? Jn Prospero hat diese ganze phantastische pba_382.016
Zauberwelt ihren Meister; eine überlegene Weisheit bestimmt pba_382.017
die Wirkung all dieser Klänge, von denen rings die Jnsel ertönt, und pba_382.018
der Zaubererscheinungen, die überall nach seinem Willen begegnen, und pba_382.019
macht die Seelen derer, die nicht von tiefgewurzelter Bosheit ganz verstockt pba_382.020
sind, in seinen Händen weich wie Wachs; jene andern aber erschreckt pba_382.021
und foltert er bis zum Wahnsinn.

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Weisheit und Kunstverstand müssen in dem Zauberreiche der Phantasie pba_382.023
regieren, um ihre gefährlichen und in fremden Händen leicht höchst pba_382.024
verderblichen Kräfte zum Heile zu verwenden; die schwer zu erfüllende pba_382.025
Bedingung aber ist, daß die festeste Leitung dabei doch der Phantasie pba_382.026
die freieste Bewegung nach ihren eigenen Gesetzen gestatten muß, immer pba_382.027
nur den Schauplatz und die zu lösende Aufgabe ihr anweisend: dafür, pba_382.028
wie wir sahen, in der Dichtung das nicht genug zu bewundernde Bild pba_382.029
der strengen Dienstbarkeit des luftigen Ariel unter Prosperos weiser pba_382.030
Herrschaft, der doch wiederum ohne den tausendgestaltigen Diener nichts pba_382.031
vermöchte; zwischen beiden das Verhältnis zartester, herzlichster Neigung, pba_382.032
die den strengen Gehorsam in schöne Freiwilligkeit verwandelt; darüber pba_382.033
hinaus dennoch immer wieder das unzerstörbare Sehnen der Phantasie pba_382.034
nach völliger Freiheit, ihrer eigentlichen Natur.

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Prosper: "Frei sollst du sein pba_382.036
Wie Wind auf Bergen: thu nur Wort für Wort, pba_382.037
Was ich dir aufgetragen."
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Ariel: "Jede Sylbe!"

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So hat denn nun Ariels unermüdliches Walten in der Verfolgung pba_382.040
des Verbrechens und der Bosheit unserer schweren Jndignation Genüge

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ein gutes Gewissen und ein reiner Sinn die geistige Freiheit bewahrt; pba_382.002
bei ihm macht der Zauber der Jnsel sich nicht anders geltend, als daß pba_382.003
sein feiner und gewandter Geist die Welt seiner Vorstellungen zu unterhaltendem pba_382.004
Spiele in Bewegung setzt, wenn er das utopistische Jdeal pba_382.005
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Ehrgeiz jedes andere Phantasiebild, als das der eigenen Macht und pba_382.011
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Sie alle, ebenso wie ihre grotesken Gegenbilder, die nur von pba_382.013
Angst und gemeiner Gier gelenkt werden, sind in Prosperos Gewalt pba_382.014
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Zauberwelt ihren Meister; eine überlegene Weisheit bestimmt pba_382.017
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Weisheit und Kunstverstand müssen in dem Zauberreiche der Phantasie pba_382.023
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die freieste Bewegung nach ihren eigenen Gesetzen gestatten muß, immer pba_382.027
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der strengen Dienstbarkeit des luftigen Ariel unter Prosperos weiser pba_382.030
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die den strengen Gehorsam in schöne Freiwilligkeit verwandelt; darüber pba_382.033
hinaus dennoch immer wieder das unzerstörbare Sehnen der Phantasie pba_382.034
nach völliger Freiheit, ihrer eigentlichen Natur.

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Wie Wind auf Bergen: thu nur Wort für Wort, pba_382.037
Was ich dir aufgetragen.“
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/400>, abgerufen am 22.11.2024.