pba_312.001 Gegenstande machten und damit entweder das Große und Gewaltige pba_312.002 von seiner lächerlichen Seite zeigten oder geradezu das Gegenteil der pba_312.003 geläuterten Furcht- und Mitleidsempfindungen hervorzurufen suchten: pba_312.004 die Freude an der bloßen Lächerlichkeit des fehlerhaften Handelns mit pba_312.005 gänzlichem Ausschluß aller tragischen Schicksalsvorstellungen. Nur der pba_312.006 Gesichtspunkt des Fehlerhaften an und für sich und seines Kontrastes pba_312.007 ist hier maßgebend, des Zweckmäßigen und Zweckwidrigen im Handeln, pba_312.008 des Thörichten und Klugen, des Dummen und Listigen, des Gewandten pba_312.009 und Plumpen, des Ubertriebenen, Verkehrten, Verzerrten und des Maßvollen, pba_312.010 Gesunden, Normalen; von dieser Seite gesehen, aber eben nur pba_312.011 von dieser einen Seite, auch des Guten und Bösen, Gerechten pba_312.012 und Ungerechten, Niedrigen und Edlen. Verbannt ist nicht nur der pba_312.013 Maßstab der moralischen Beurteilung, sondern auch jenes mächtige, pba_312.014 rein ästhetische Begehren, welches auf Befriedigung des Gerechtigkeitsgefühles, pba_312.015 Ausgleich der sittlichen Gewalten nach ewigen Gesetzen gestellt pba_312.016 ist, wird geflissentlich außer acht gelassen: an seine Stelle tritt die pba_312.017 bloße Empfindung des Lächerlichen an der fehlerhaften Erscheinung pba_312.018 als solcher und die bloße Freude an der Erscheinung pba_312.019 ihres Gegenteils, beide sich gegenseitig zur Reinheit pba_312.020 herstellend. Während daher die tragische Darstellung, wenn sie den pba_312.021 wahren Gesetzen ihrer Gattung folgt, sehr leicht den Anschein gewinnt, pba_312.022 als ob sie die Dinge so vorführt, wie sie sein sollten, idealistisch,pba_312.023 wie man es zu nennen pflegt, so erweckt die komische Darstellung umgekehrt pba_312.024 den Schein der Vorführung der Dinge wie sie sind, der sogenannten pba_312.025 realistischen Nachahmung der Wirklichkeit; das Eine wie pba_312.026 das Andere ist in der Gesetzgebung der beiden Kunstgattungen gleich pba_312.027 unbegründet. Beide wählen die Mittel, deren sie sich zu ihren Nachahmungen pba_312.028 bedienen, nach Maßgabe der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit, pba_312.029 die in der Welt der wirklichen Dinge herrschend sind; hierin pba_312.030 sind sie sich vollkommen gleich, denn auch, wenn sie die Geltung dieser pba_312.031 Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit von gewissen, mehr oder minder pba_312.032 willkürlich aufgestellten Voraussetzungen abhängig machen, so kann das pba_312.033 in der einen Gattung eben so wohl geschehen, wie in der andern. Verschieden pba_312.034 sind sie nur in der Art der Verwendung dieser Mittel, die pba_312.035 ganz und gar durch den eine jede dieser Gattungen konstituierenden pba_312.036 Nachahmungszweck bestimmt wird. Diese Verwendung nun pba_312.037 bringt es mit sich, daß diejenige Wahrheit, welche in der tragischen pba_312.038 Gattung zu Tage tritt, in höherem Grade den Eindruck eines Gesetzes pba_312.039 hervorruft, wie die Dinge verlaufen sollen, obwohl sie in der That pba_312.040 nur der Wirklichkeit entnommen ist. Der Grund davon liegt in dem
pba_312.001 Gegenstande machten und damit entweder das Große und Gewaltige pba_312.002 von seiner lächerlichen Seite zeigten oder geradezu das Gegenteil der pba_312.003 geläuterten Furcht- und Mitleidsempfindungen hervorzurufen suchten: pba_312.004 die Freude an der bloßen Lächerlichkeit des fehlerhaften Handelns mit pba_312.005 gänzlichem Ausschluß aller tragischen Schicksalsvorstellungen. Nur der pba_312.006 Gesichtspunkt des Fehlerhaften an und für sich und seines Kontrastes pba_312.007 ist hier maßgebend, des Zweckmäßigen und Zweckwidrigen im Handeln, pba_312.008 des Thörichten und Klugen, des Dummen und Listigen, des Gewandten pba_312.009 und Plumpen, des Ubertriebenen, Verkehrten, Verzerrten und des Maßvollen, pba_312.010 Gesunden, Normalen; von dieser Seite gesehen, aber eben nur pba_312.011 von dieser einen Seite, auch des Guten und Bösen, Gerechten pba_312.012 und Ungerechten, Niedrigen und Edlen. Verbannt ist nicht nur der pba_312.013 Maßstab der moralischen Beurteilung, sondern auch jenes mächtige, pba_312.014 rein ästhetische Begehren, welches auf Befriedigung des Gerechtigkeitsgefühles, pba_312.015 Ausgleich der sittlichen Gewalten nach ewigen Gesetzen gestellt pba_312.016 ist, wird geflissentlich außer acht gelassen: an seine Stelle tritt die pba_312.017 bloße Empfindung des Lächerlichen an der fehlerhaften Erscheinung pba_312.018 als solcher und die bloße Freude an der Erscheinung pba_312.019 ihres Gegenteils, beide sich gegenseitig zur Reinheit pba_312.020 herstellend. Während daher die tragische Darstellung, wenn sie den pba_312.021 wahren Gesetzen ihrer Gattung folgt, sehr leicht den Anschein gewinnt, pba_312.022 als ob sie die Dinge so vorführt, wie sie sein sollten, idealistisch,pba_312.023 wie man es zu nennen pflegt, so erweckt die komische Darstellung umgekehrt pba_312.024 den Schein der Vorführung der Dinge wie sie sind, der sogenannten pba_312.025 realistischen Nachahmung der Wirklichkeit; das Eine wie pba_312.026 das Andere ist in der Gesetzgebung der beiden Kunstgattungen gleich pba_312.027 unbegründet. Beide wählen die Mittel, deren sie sich zu ihren Nachahmungen pba_312.028 bedienen, nach Maßgabe der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit, pba_312.029 die in der Welt der wirklichen Dinge herrschend sind; hierin pba_312.030 sind sie sich vollkommen gleich, denn auch, wenn sie die Geltung dieser pba_312.031 Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit von gewissen, mehr oder minder pba_312.032 willkürlich aufgestellten Voraussetzungen abhängig machen, so kann das pba_312.033 in der einen Gattung eben so wohl geschehen, wie in der andern. Verschieden pba_312.034 sind sie nur in der Art der Verwendung dieser Mittel, die pba_312.035 ganz und gar durch den eine jede dieser Gattungen konstituierenden pba_312.036 Nachahmungszweck bestimmt wird. Diese Verwendung nun pba_312.037 bringt es mit sich, daß diejenige Wahrheit, welche in der tragischen pba_312.038 Gattung zu Tage tritt, in höherem Grade den Eindruck eines Gesetzes pba_312.039 hervorruft, wie die Dinge verlaufen sollen, obwohl sie in der That pba_312.040 nur der Wirklichkeit entnommen ist. Der Grund davon liegt in dem
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/330>, abgerufen am 22.11.2024.
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