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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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Stellen, welche von der Komödie handeln, gleichfalls ihre "nützliche", pba_250.002
bessernde Wirkung betont ist.1 Doch kann es dem tiefer Blickenden pba_250.003
nicht entgehen, daß der Tribut, den Lessing hier seiner Zeit zollte, mehr pba_250.004
im Ausdruck als in der Sache liegt: wie sehr er im Grunde der grob pba_250.005
moralischen Auffassung abhold war, und wie sehr es ihm auch in der pba_250.006
Komödie vor allem auf die Handlung als solche ankam, zeigt auch die pba_250.007
folgende Stelle im 99. Stück der Dramaturgie (cf. L. M. VII, S. 407):

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bei dem einen nicht durch die Scham erlangt, das erlangt sie durch die Bewunderung; pba_250.009
und wer sich gegen diese verhärtet, dem macht sie jene fühlbar. Hieraus scheint die pba_250.010
Regel des Kontrastes oder der Abstechung geflossen zu sein, vermöge welcher man pba_250.011
nicht gern eine Untugend aufführt, ohne ihr Gegenteil mit anzubringen; ob ich gleich pba_250.012
gerne zugebe, daß sie auch darinne gegründet ist, daß ohne sie der Dichter seine Charaktere pba_250.013
nicht wirksam genug vorstellen könnte."
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Die Hauptstellen sind die im 28. und 29. Stück der Dramaturgie (L. M. VII, pba_250.015
S. 121, 122): "Wo steht es denn geschrieben, daß wir in der Komödie nur über moralische pba_250.016
Fehler, nur über verbesserliche Untugenden lachen sollen? Jede Ungereimtheit, pba_250.017
jeder Kontrast von Mangel und Realität ist lächerlich.
Aber lachen und pba_250.018
verlachen ist sehr weit auseinander. Wir können über einen Menschen lachen, bei Geegenheit pba_250.019
seiner lachen, ohne ihn im geringsten zu verlachen. So unstreitig, so bekannt pba_250.020
dieser Unterschied ist, so sind doch alle Schikanen, welche noch neuerlich Rousseau gegen pba_250.021
den Nutzen der Komödie
gemacht hat, nur daher entstanden, weil er ihn nicht pba_250.022
gehörig in Erwägung gezogen. Moliere, sagt er z. E., macht uns über den Misanthropen pba_250.023
zu lachen, und doch ist der Misanthrop der ehrliche Mann des Stückes; Moliere pba_250.024
erweiset sich also als einen Feind der Tugend, indem er den Tugendhaften verächtlich pba_250.025
macht. Nicht doch; der Misanthrop wird nicht verächtlich, er bleibt, wer er ist, und pba_250.026
das Lachen, welches aus der Situation entspringt, in die ihn der Dichter setzt, benimmt pba_250.027
ihm von unserer Hochachtung nicht das geringste." -- -- Und ferner: "Die Komödie pba_250.028
will durch Lachen bessern;
aber nicht eben durch Verlachen; nicht gerade diejenigen pba_250.029
Unarten, über die sie zu lachen macht, noch weniger bloß und allein die, an welchen pba_250.030
sich diese lächerlichen Unarten finden. Jhr wahrer allgemeiner Nutzen liegt pba_250.031
in dem Lachen selbst; in der Übung unserer Fähigkeit das Lächerliche pba_250.032
zu bemerken; es unter allen Bemäntelungen der Leidenschaft und der pba_250.033
Mode, es in allen Vermischungen mit noch schlimmeren oder mit guten pba_250.034
Eigenschaften, sogar in den Runzeln des feierlichen Ernstes leicht und pba_250.035
geschwind zu bemerken.
Zugegeben, daß der Geizige des Moliere nie einen Geizigen, pba_250.036
der Spieler des Regnard nie einen Spieler gebessert habe: eingeräumt, daß das pba_250.037
Lachen diese Thoren gar nicht bessern könne: desto schlimmer für sie, aber nicht für die pba_250.038
Komödie. Jhr ist genug, wenn sie keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die Gesunden pba_250.039
in ihrer Gesundheit zu befestigen. Auch dem Freigebigen ist der Geizige lehrreich; pba_250.040
auch dem, der gar nicht spielt, ist der Spieler unterrichtend; die Thorheiten, pba_250.041
die sie nicht haben, haben andre, mit denen sie leben müssen; es ist ersprießlich, pba_250.042
diejenigen zu kennen, mit welchen man in Kollision kommen kann; ersprießlich, sich pba_250.043
wider alle Eindrücke des Beispiels zu verwahren. Ein Präservativ ist auch eine pba_250.044
schätzbare Arznei; und die ganze Moral hat kein kräftigeres, wirksameres pba_250.045
als das Lächerliche
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Stellen, welche von der Komödie handeln, gleichfalls ihre „nützliche“, pba_250.002
bessernde Wirkung betont ist.1 Doch kann es dem tiefer Blickenden pba_250.003
nicht entgehen, daß der Tribut, den Lessing hier seiner Zeit zollte, mehr pba_250.004
im Ausdruck als in der Sache liegt: wie sehr er im Grunde der grob pba_250.005
moralischen Auffassung abhold war, und wie sehr es ihm auch in der pba_250.006
Komödie vor allem auf die Handlung als solche ankam, zeigt auch die pba_250.007
folgende Stelle im 99. Stück der Dramaturgie (cf. L. M. VII, S. 407):

pba_250.008
bei dem einen nicht durch die Scham erlangt, das erlangt sie durch die Bewunderung; pba_250.009
und wer sich gegen diese verhärtet, dem macht sie jene fühlbar. Hieraus scheint die pba_250.010
Regel des Kontrastes oder der Abstechung geflossen zu sein, vermöge welcher man pba_250.011
nicht gern eine Untugend aufführt, ohne ihr Gegenteil mit anzubringen; ob ich gleich pba_250.012
gerne zugebe, daß sie auch darinne gegründet ist, daß ohne sie der Dichter seine Charaktere pba_250.013
nicht wirksam genug vorstellen könnte.“
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Die Hauptstellen sind die im 28. und 29. Stück der Dramaturgie (L. M. VII, pba_250.015
S. 121, 122): „Wo steht es denn geschrieben, daß wir in der Komödie nur über moralische pba_250.016
Fehler, nur über verbesserliche Untugenden lachen sollen? Jede Ungereimtheit, pba_250.017
jeder Kontrast von Mangel und Realität ist lächerlich.
Aber lachen und pba_250.018
verlachen ist sehr weit auseinander. Wir können über einen Menschen lachen, bei Geegenheit pba_250.019
seiner lachen, ohne ihn im geringsten zu verlachen. So unstreitig, so bekannt pba_250.020
dieser Unterschied ist, so sind doch alle Schikanen, welche noch neuerlich Rousseau gegen pba_250.021
den Nutzen der Komödie
gemacht hat, nur daher entstanden, weil er ihn nicht pba_250.022
gehörig in Erwägung gezogen. Molière, sagt er z. E., macht uns über den Misanthropen pba_250.023
zu lachen, und doch ist der Misanthrop der ehrliche Mann des Stückes; Molière pba_250.024
erweiset sich also als einen Feind der Tugend, indem er den Tugendhaften verächtlich pba_250.025
macht. Nicht doch; der Misanthrop wird nicht verächtlich, er bleibt, wer er ist, und pba_250.026
das Lachen, welches aus der Situation entspringt, in die ihn der Dichter setzt, benimmt pba_250.027
ihm von unserer Hochachtung nicht das geringste.“ — — Und ferner: „Die Komödie pba_250.028
will durch Lachen bessern;
aber nicht eben durch Verlachen; nicht gerade diejenigen pba_250.029
Unarten, über die sie zu lachen macht, noch weniger bloß und allein die, an welchen pba_250.030
sich diese lächerlichen Unarten finden. Jhr wahrer allgemeiner Nutzen liegt pba_250.031
in dem Lachen selbst; in der Übung unserer Fähigkeit das Lächerliche pba_250.032
zu bemerken; es unter allen Bemäntelungen der Leidenschaft und der pba_250.033
Mode, es in allen Vermischungen mit noch schlimmeren oder mit guten pba_250.034
Eigenschaften, sogar in den Runzeln des feierlichen Ernstes leicht und pba_250.035
geschwind zu bemerken.
Zugegeben, daß der Geizige des Molière nie einen Geizigen, pba_250.036
der Spieler des Regnard nie einen Spieler gebessert habe: eingeräumt, daß das pba_250.037
Lachen diese Thoren gar nicht bessern könne: desto schlimmer für sie, aber nicht für die pba_250.038
Komödie. Jhr ist genug, wenn sie keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die Gesunden pba_250.039
in ihrer Gesundheit zu befestigen. Auch dem Freigebigen ist der Geizige lehrreich; pba_250.040
auch dem, der gar nicht spielt, ist der Spieler unterrichtend; die Thorheiten, pba_250.041
die sie nicht haben, haben andre, mit denen sie leben müssen; es ist ersprießlich, pba_250.042
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[250/0268] pba_250.001 Stellen, welche von der Komödie handeln, gleichfalls ihre „nützliche“, pba_250.002 bessernde Wirkung betont ist. 1 Doch kann es dem tiefer Blickenden pba_250.003 nicht entgehen, daß der Tribut, den Lessing hier seiner Zeit zollte, mehr pba_250.004 im Ausdruck als in der Sache liegt: wie sehr er im Grunde der grob pba_250.005 moralischen Auffassung abhold war, und wie sehr es ihm auch in der pba_250.006 Komödie vor allem auf die Handlung als solche ankam, zeigt auch die pba_250.007 folgende Stelle im 99. Stück der Dramaturgie (cf. L. M. VII, S. 407): 1 1 pba_250.014 Die Hauptstellen sind die im 28. und 29. Stück der Dramaturgie (L. M. VII, pba_250.015 S. 121, 122): „Wo steht es denn geschrieben, daß wir in der Komödie nur über moralische pba_250.016 Fehler, nur über verbesserliche Untugenden lachen sollen? Jede Ungereimtheit, pba_250.017 jeder Kontrast von Mangel und Realität ist lächerlich. Aber lachen und pba_250.018 verlachen ist sehr weit auseinander. Wir können über einen Menschen lachen, bei Geegenheit pba_250.019 seiner lachen, ohne ihn im geringsten zu verlachen. So unstreitig, so bekannt pba_250.020 dieser Unterschied ist, so sind doch alle Schikanen, welche noch neuerlich Rousseau gegen pba_250.021 den Nutzen der Komödie gemacht hat, nur daher entstanden, weil er ihn nicht pba_250.022 gehörig in Erwägung gezogen. Molière, sagt er z. E., macht uns über den Misanthropen pba_250.023 zu lachen, und doch ist der Misanthrop der ehrliche Mann des Stückes; Molière pba_250.024 erweiset sich also als einen Feind der Tugend, indem er den Tugendhaften verächtlich pba_250.025 macht. Nicht doch; der Misanthrop wird nicht verächtlich, er bleibt, wer er ist, und pba_250.026 das Lachen, welches aus der Situation entspringt, in die ihn der Dichter setzt, benimmt pba_250.027 ihm von unserer Hochachtung nicht das geringste.“ — — Und ferner: „Die Komödie pba_250.028 will durch Lachen bessern; aber nicht eben durch Verlachen; nicht gerade diejenigen pba_250.029 Unarten, über die sie zu lachen macht, noch weniger bloß und allein die, an welchen pba_250.030 sich diese lächerlichen Unarten finden. Jhr wahrer allgemeiner Nutzen liegt pba_250.031 in dem Lachen selbst; in der Übung unserer Fähigkeit das Lächerliche pba_250.032 zu bemerken; es unter allen Bemäntelungen der Leidenschaft und der pba_250.033 Mode, es in allen Vermischungen mit noch schlimmeren oder mit guten pba_250.034 Eigenschaften, sogar in den Runzeln des feierlichen Ernstes leicht und pba_250.035 geschwind zu bemerken. Zugegeben, daß der Geizige des Molière nie einen Geizigen, pba_250.036 der Spieler des Regnard nie einen Spieler gebessert habe: eingeräumt, daß das pba_250.037 Lachen diese Thoren gar nicht bessern könne: desto schlimmer für sie, aber nicht für die pba_250.038 Komödie. Jhr ist genug, wenn sie keine verzweifelte Krankheiten heilen kann, die Gesunden pba_250.039 in ihrer Gesundheit zu befestigen. Auch dem Freigebigen ist der Geizige lehrreich; pba_250.040 auch dem, der gar nicht spielt, ist der Spieler unterrichtend; die Thorheiten, pba_250.041 die sie nicht haben, haben andre, mit denen sie leben müssen; es ist ersprießlich, pba_250.042 diejenigen zu kennen, mit welchen man in Kollision kommen kann; ersprießlich, sich pba_250.043 wider alle Eindrücke des Beispiels zu verwahren. Ein Präservativ ist auch eine pba_250.044 schätzbare Arznei; und die ganze Moral hat kein kräftigeres, wirksameres pba_250.045 als das Lächerliche.“ 1 pba_250.008 bei dem einen nicht durch die Scham erlangt, das erlangt sie durch die Bewunderung; pba_250.009 und wer sich gegen diese verhärtet, dem macht sie jene fühlbar. Hieraus scheint die pba_250.010 Regel des Kontrastes oder der Abstechung geflossen zu sein, vermöge welcher man pba_250.011 nicht gern eine Untugend aufführt, ohne ihr Gegenteil mit anzubringen; ob ich gleich pba_250.012 gerne zugebe, daß sie auch darinne gegründet ist, daß ohne sie der Dichter seine Charaktere pba_250.013 nicht wirksam genug vorstellen könnte.“

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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/268>, abgerufen am 02.05.2024.