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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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junges Institut -- die Tragweite gar nicht zu be¬
rechnen ... Werthes Fräulein -- bitte! -- willigen
Sie ein!" -- so drang es nun wahrhaft Schwindel er¬
regend von allen Seiten auf mich ein.

Biedenfeld, als ich in meiner Verwirrung nichts
mehr erwiderte, legte die Rolle auf den Tisch ... und
fort waren die Herren. Ein Brief aus jenen Tagen an
meinen Bruder berichtet das Resultat meiner Opfer¬
bereitwilligkeit am treusten:

... Ich muß Dir mittheilen, daß ich bald von
der neuen Bühne scheiden und Engagement bei dem könig¬
lichen Theater nehmen werde. Denke nur: in drei Tagen
habe ich Minna von Barnhelm auswendig gelernt, um
mich gefällig zu erweisen. Wie habe ich studirt! Ich
mußte die Nächte zu Hülfe nehmen, denn eine solche
Plaudertasche par excellence war mir noch nicht vor¬
gekommen. Die Worte hatte ich endlich inne, aber von
Einsicht, von Auffassung war keine Rede, -- ich sprach
tollkühn d'rauf los -- und wurde gleich der Franziska
am Schluß gerufen; auch ist mir so oft wie der Müller
applaudirt. -- Während der Probe gefiel sie mir un¬
gemein. Sie spielte gewandt, pikant, bewegte sich gar
zierlich, und die Aussprache i statt ü -- der wenig klang¬
volle Ton der Stimme störte als Franziska nicht. Karo¬
line Müller scheint hoch in den Zwanzigen zu sein, ist
mehr hübsch als schön, hat braune, beim Lampenlicht
funkelnde Augen, schelmisches, anziehendes Lächeln, und
verdient Künstlerin genannt zu werden. Du siehst: ich

junges Inſtitut — die Tragweite gar nicht zu be¬
rechnen … Werthes Fräulein — bitte! — willigen
Sie ein!« — ſo drang es nun wahrhaft Schwindel er¬
regend von allen Seiten auf mich ein.

Biedenfeld, als ich in meiner Verwirrung nichts
mehr erwiderte, legte die Rolle auf den Tiſch … und
fort waren die Herren. Ein Brief aus jenen Tagen an
meinen Bruder berichtet das Reſultat meiner Opfer¬
bereitwilligkeit am treuſten:

… Ich muß Dir mittheilen, daß ich bald von
der neuen Bühne ſcheiden und Engagement bei dem könig¬
lichen Theater nehmen werde. Denke nur: in drei Tagen
habe ich Minna von Barnhelm auswendig gelernt, um
mich gefällig zu erweiſen. Wie habe ich ſtudirt! Ich
mußte die Nächte zu Hülfe nehmen, denn eine ſolche
Plaudertaſche par excellence war mir noch nicht vor¬
gekommen. Die Worte hatte ich endlich inne, aber von
Einſicht, von Auffaſſung war keine Rede, — ich ſprach
tollkühn d'rauf los — und wurde gleich der Franziska
am Schluß gerufen; auch iſt mir ſo oft wie der Müller
applaudirt. — Während der Probe gefiel ſie mir un¬
gemein. Sie ſpielte gewandt, pikant, bewegte ſich gar
zierlich, und die Ausſprache i ſtatt ü — der wenig klang¬
volle Ton der Stimme ſtörte als Franziska nicht. Karo¬
line Müller ſcheint hoch in den Zwanzigen zu ſein, iſt
mehr hübſch als ſchön, hat braune, beim Lampenlicht
funkelnde Augen, ſchelmiſches, anziehendes Lächeln, und
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[64/0092] junges Inſtitut — die Tragweite gar nicht zu be¬ rechnen … Werthes Fräulein — bitte! — willigen Sie ein!« — ſo drang es nun wahrhaft Schwindel er¬ regend von allen Seiten auf mich ein. Biedenfeld, als ich in meiner Verwirrung nichts mehr erwiderte, legte die Rolle auf den Tiſch … und fort waren die Herren. Ein Brief aus jenen Tagen an meinen Bruder berichtet das Reſultat meiner Opfer¬ bereitwilligkeit am treuſten: … Ich muß Dir mittheilen, daß ich bald von der neuen Bühne ſcheiden und Engagement bei dem könig¬ lichen Theater nehmen werde. Denke nur: in drei Tagen habe ich Minna von Barnhelm auswendig gelernt, um mich gefällig zu erweiſen. Wie habe ich ſtudirt! Ich mußte die Nächte zu Hülfe nehmen, denn eine ſolche Plaudertaſche par excellence war mir noch nicht vor¬ gekommen. Die Worte hatte ich endlich inne, aber von Einſicht, von Auffaſſung war keine Rede, — ich ſprach tollkühn d'rauf los — und wurde gleich der Franziska am Schluß gerufen; auch iſt mir ſo oft wie der Müller applaudirt. — Während der Probe gefiel ſie mir un¬ gemein. Sie ſpielte gewandt, pikant, bewegte ſich gar zierlich, und die Ausſprache i ſtatt ü — der wenig klang¬ volle Ton der Stimme ſtörte als Franziska nicht. Karo¬ line Müller ſcheint hoch in den Zwanzigen zu ſein, iſt mehr hübſch als ſchön, hat braune, beim Lampenlicht funkelnde Augen, ſchelmiſches, anziehendes Lächeln, und verdient Künſtlerin genannt zu werden. Du ſiehſt: ich

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/92>, abgerufen am 25.11.2024.