Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Cäcilie durch den Saal. Dann tanzte ich mit der jüngeren
Prinzessin Amalie und bald wollten beide kleinen Prin¬
zessinnen nur noch mit mir tanzen. Ich hielte sie am
besten und schwenkte sie am leichtesten -- sagten sie.
Scherzend nannten sie mich den guten Waldelfen, von
dem sie im Märchen gelesen, denn der habe auch Epheu¬
ranken im Haar und tanze so lustig im Mondenschein.
Nach der großen Francaise mit Solo des Messieurs et
des Dames
wollte ich auch die Kuchenfreuden des Balles
ein wenig genießen und delektirte mich gerade an einem
süßen Fruchttörtchen da stand wieder der Kammerherr
vor mir, nahm mir die Süßigkeit aus der Hand und
sagte freundlich: "Kleine, die Kaiserin will Dich sprechen.
Zu der mußt Du immer Majeste! sagen!" Damit faßte
er meine Hand und führte mich zu der Kaiserin Elisabeth
von Rußland. Die lächelte gütig zu mir nieder und
sagte dann sanft:

"Ma petite, parlez-vouz francais?"

Verschüchtert schlug ich die Augen nieder. Denn ich
verstand von dieser Anrede weiter nichts, als daß es fran¬
zösische Worte seien. Aber ich konnte ja auch zwei fran¬
zösische Worte sagen -- oui und non! Also ich faßte
mir ein Herz und sagte auf gut Glück frisch drauf los:

"Oui, Majeste!"

"Le bal est charmant, n'est-ce pas?"

Da mußte ich doch auch mein anderes französisches
Wort anbringen und so wechselte ich hübsch ab:

"Non, Majeste!"

30*

Cäcilie durch den Saal. Dann tanzte ich mit der jüngeren
Prinzeſſin Amalie und bald wollten beide kleinen Prin¬
zeſſinnen nur noch mit mir tanzen. Ich hielte ſie am
beſten und ſchwenkte ſie am leichteſten — ſagten ſie.
Scherzend nannten ſie mich den guten Waldelfen, von
dem ſie im Märchen geleſen, denn der habe auch Epheu¬
ranken im Haar und tanze ſo luſtig im Mondenſchein.
Nach der großen Françaiſe mit Solo des Messieurs et
des Dames
wollte ich auch die Kuchenfreuden des Balles
ein wenig genießen und delektirte mich gerade an einem
ſüßen Fruchttörtchen da ſtand wieder der Kammerherr
vor mir, nahm mir die Süßigkeit aus der Hand und
ſagte freundlich: »Kleine, die Kaiſerin will Dich ſprechen.
Zu der mußt Du immer Majesté! ſagen!« Damit faßte
er meine Hand und führte mich zu der Kaiſerin Eliſabeth
von Rußland. Die lächelte gütig zu mir nieder und
ſagte dann ſanft:

»Ma petite, parlez-vouz français?«

Verſchüchtert ſchlug ich die Augen nieder. Denn ich
verſtand von dieſer Anrede weiter nichts, als daß es fran¬
zöſiſche Worte ſeien. Aber ich konnte ja auch zwei fran¬
zöſiſche Worte ſagen — oui und non! Alſo ich faßte
mir ein Herz und ſagte auf gut Glück friſch drauf los:

»Oui, Majesté!«

»Le bal est charmant, n'est-ce pas

Da mußte ich doch auch mein anderes franzöſiſches
Wort anbringen und ſo wechſelte ich hübſch ab:

»Non, Majesté!«

30*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0495" n="467"/>
Cäcilie durch den Saal. Dann tanzte ich mit der jüngeren<lb/>
Prinze&#x017F;&#x017F;in Amalie und bald wollten beide kleinen Prin¬<lb/>
ze&#x017F;&#x017F;innen nur noch mit mir tanzen. Ich hielte &#x017F;ie am<lb/>
be&#x017F;ten und &#x017F;chwenkte &#x017F;ie am leichte&#x017F;ten &#x2014; &#x017F;agten &#x017F;ie.<lb/>
Scherzend nannten &#x017F;ie mich den guten Waldelfen, von<lb/>
dem &#x017F;ie im Märchen gele&#x017F;en, denn der habe auch Epheu¬<lb/>
ranken im Haar und tanze &#x017F;o lu&#x017F;tig im Monden&#x017F;chein.<lb/>
Nach der großen Françai&#x017F;e mit <hi rendition="#aq">Solo des Messieurs et<lb/>
des Dames</hi> wollte ich auch die Kuchenfreuden des Balles<lb/>
ein wenig genießen und delektirte mich gerade an einem<lb/>
&#x017F;üßen Fruchttörtchen da &#x017F;tand wieder der Kammerherr<lb/>
vor mir, nahm mir die Süßigkeit aus der Hand und<lb/>
&#x017F;agte freundlich: »Kleine, die Kai&#x017F;erin will Dich &#x017F;prechen.<lb/>
Zu der mußt Du immer <hi rendition="#aq">Majesté!</hi> &#x017F;agen!« Damit faßte<lb/>
er meine Hand und führte mich zu der Kai&#x017F;erin Eli&#x017F;abeth<lb/>
von Rußland. Die lächelte gütig zu mir nieder und<lb/>
&#x017F;agte dann &#x017F;anft:</p><lb/>
        <p>»Ma petite, parlez-vouz français?«</p><lb/>
        <p>Ver&#x017F;chüchtert &#x017F;chlug ich die Augen nieder. Denn ich<lb/>
ver&#x017F;tand von die&#x017F;er Anrede weiter nichts, als daß es fran¬<lb/>&#x017F;i&#x017F;che Worte &#x017F;eien. Aber ich konnte ja auch zwei fran¬<lb/>&#x017F;i&#x017F;che Worte &#x017F;agen &#x2014; <hi rendition="#aq">oui</hi> und <hi rendition="#aq">non</hi>! Al&#x017F;o ich faßte<lb/>
mir ein Herz und &#x017F;agte auf gut Glück fri&#x017F;ch drauf los:</p><lb/>
        <p>»Oui, Majesté!«</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">»Le bal est charmant, n'est-ce pas</hi></p><lb/>
        <p>Da mußte ich doch auch mein anderes franzö&#x017F;i&#x017F;ches<lb/>
Wort anbringen und &#x017F;o wech&#x017F;elte ich hüb&#x017F;ch ab:</p><lb/>
        <p>»<hi rendition="#aq">Non, Majesté!</hi>«</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">30*<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0495] Cäcilie durch den Saal. Dann tanzte ich mit der jüngeren Prinzeſſin Amalie und bald wollten beide kleinen Prin¬ zeſſinnen nur noch mit mir tanzen. Ich hielte ſie am beſten und ſchwenkte ſie am leichteſten — ſagten ſie. Scherzend nannten ſie mich den guten Waldelfen, von dem ſie im Märchen geleſen, denn der habe auch Epheu¬ ranken im Haar und tanze ſo luſtig im Mondenſchein. Nach der großen Françaiſe mit Solo des Messieurs et des Dames wollte ich auch die Kuchenfreuden des Balles ein wenig genießen und delektirte mich gerade an einem ſüßen Fruchttörtchen da ſtand wieder der Kammerherr vor mir, nahm mir die Süßigkeit aus der Hand und ſagte freundlich: »Kleine, die Kaiſerin will Dich ſprechen. Zu der mußt Du immer Majesté! ſagen!« Damit faßte er meine Hand und führte mich zu der Kaiſerin Eliſabeth von Rußland. Die lächelte gütig zu mir nieder und ſagte dann ſanft: »Ma petite, parlez-vouz français?« Verſchüchtert ſchlug ich die Augen nieder. Denn ich verſtand von dieſer Anrede weiter nichts, als daß es fran¬ zöſiſche Worte ſeien. Aber ich konnte ja auch zwei fran¬ zöſiſche Worte ſagen — oui und non! Alſo ich faßte mir ein Herz und ſagte auf gut Glück friſch drauf los: »Oui, Majesté!« »Le bal est charmant, n'est-ce pas?« Da mußte ich doch auch mein anderes franzöſiſches Wort anbringen und ſo wechſelte ich hübſch ab: »Non, Majesté!« 30*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/495
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/495>, abgerufen am 22.05.2024.