Honneurs zu machen. Bei einem solchen Zauberfeste mußte Lola Montez im vollen Tänzerinnenkostüm er¬ scheinen. Vom Hofe erhielt die "spanische Sängerin" ein schönes Armband als Andenken. Genug, Lola Montez konnte mit ihrem Dresdener Debüt, wenn auch nicht als Tänzerin, so doch als schöne Abenteurerin zufrieden sein. Und sie spielte ihre Rolle als carlistische Generalstochter mit vielem Takt und Glück zu Ende.
Doch -- als Lola Montez nach einem Jahre wieder nach Dresden kam, da war ihr -- Tugendnimbus er¬ blichen. Auch an die carlistische Generalstochter glaubte Niemand mehr. Bei Hofe wurde sie nicht empfangen. Selbst ihre früheren Gönnerinnen und Anbeter mieden sie und bekamen fast Verlegenheitskrämpfe, wenn ihr Name nur genannt wurde. Nur in Gesellschaft einiger kühner Herren wurde -- die schöne Abenteurerin noch gesehen.
Welche Rolle Lola Montez bald darauf in Berlin und München spielte, ist bekannt.
Und dann -- nach vielen Jahren las ich mit tiefer Bewegung in einer Zeitung: "Lola Montez ist in New- York gestorben, arm und verlassen, in der Hütte einer irischen Quäkerfamilie, -- und nach furchtbaren Kämpfen. Gewissensbisse verzehrten sie, daß sie einen jungen Fran¬ zosen verführt hatte, Weib und Kinder zu verlassen und ihr nach Australien zu folgen. Als sie den mit wilder Leidenschaft geliebten Mann dann vor ihren Augen vom Meer verschlungen sah, kehrte sie kraftlos,
Honneurs zu machen. Bei einem ſolchen Zauberfeſte mußte Lola Montez im vollen Tänzerinnenkoſtüm er¬ ſcheinen. Vom Hofe erhielt die »ſpaniſche Sängerin« ein ſchönes Armband als Andenken. Genug, Lola Montez konnte mit ihrem Dresdener Debüt, wenn auch nicht als Tänzerin, ſo doch als ſchöne Abenteurerin zufrieden ſein. Und ſie ſpielte ihre Rolle als carliſtiſche Generalstochter mit vielem Takt und Glück zu Ende.
Doch — als Lola Montez nach einem Jahre wieder nach Dresden kam, da war ihr — Tugendnimbus er¬ blichen. Auch an die carliſtiſche Generalstochter glaubte Niemand mehr. Bei Hofe wurde ſie nicht empfangen. Selbſt ihre früheren Gönnerinnen und Anbeter mieden ſie und bekamen faſt Verlegenheitskrämpfe, wenn ihr Name nur genannt wurde. Nur in Geſellſchaft einiger kühner Herren wurde — die ſchöne Abenteurerin noch geſehen.
Welche Rolle Lola Montez bald darauf in Berlin und München ſpielte, iſt bekannt.
Und dann — nach vielen Jahren las ich mit tiefer Bewegung in einer Zeitung: »Lola Montez iſt in New- York geſtorben, arm und verlaſſen, in der Hütte einer iriſchen Quäkerfamilie, — und nach furchtbaren Kämpfen. Gewiſſensbiſſe verzehrten ſie, daß ſie einen jungen Fran¬ zoſen verführt hatte, Weib und Kinder zu verlaſſen und ihr nach Auſtralien zu folgen. Als ſie den mit wilder Leidenſchaft geliebten Mann dann vor ihren Augen vom Meer verſchlungen ſah, kehrte ſie kraftlos,
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Honneurs zu machen. Bei einem ſolchen Zauberfeſte
mußte Lola Montez im vollen Tänzerinnenkoſtüm er¬
ſcheinen. Vom Hofe erhielt die »ſpaniſche Sängerin«
ein ſchönes Armband als Andenken. Genug, Lola Montez
konnte mit ihrem Dresdener Debüt, wenn auch nicht als
Tänzerin, ſo doch als ſchöne Abenteurerin zufrieden ſein.
Und ſie ſpielte ihre Rolle als carliſtiſche Generalstochter
mit vielem Takt und Glück zu Ende.
Doch — als Lola Montez nach einem Jahre wieder
nach Dresden kam, da war ihr — Tugendnimbus er¬
blichen. Auch an die carliſtiſche Generalstochter glaubte
Niemand mehr. Bei Hofe wurde ſie nicht empfangen.
Selbſt ihre früheren Gönnerinnen und Anbeter mieden
ſie und bekamen faſt Verlegenheitskrämpfe, wenn ihr
Name nur genannt wurde. Nur in Geſellſchaft einiger
kühner Herren wurde — die ſchöne Abenteurerin noch
geſehen.
Welche Rolle Lola Montez bald darauf in Berlin
und München ſpielte, iſt bekannt.
Und dann — nach vielen Jahren las ich mit tiefer
Bewegung in einer Zeitung: »Lola Montez iſt in New-
York geſtorben, arm und verlaſſen, in der Hütte einer
iriſchen Quäkerfamilie, — und nach furchtbaren Kämpfen.
Gewiſſensbiſſe verzehrten ſie, daß ſie einen jungen Fran¬
zoſen verführt hatte, Weib und Kinder zu verlaſſen
und ihr nach Auſtralien zu folgen. Als ſie den mit
wilder Leidenſchaft geliebten Mann dann vor ihren
Augen vom Meer verſchlungen ſah, kehrte ſie kraftlos,
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/485>, abgerufen am 22.11.2024.
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