Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.Blumen, Gedichten überschüttet, zierliche Brieftauben Das überraschte Haus nahm gerührt und entzückt Im folgenden Jahre sollten die Dresdener ein ganz Blumen, Gedichten überſchüttet, zierliche Brieftauben Das überraſchte Haus nahm gerührt und entzückt Im folgenden Jahre ſollten die Dresdener ein ganz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0475" n="447"/> Blumen, Gedichten überſchüttet, zierliche Brieftauben<lb/> flatterten auf die Bühne — aber Wilhelmine Schröder<lb/> und ich hatten der ſcheidenden Künſtlerin eine noch<lb/> größere Huldigung als Ueberraſchung vorbereitet. Am<lb/> letzten Aktſchluß trat ich vor auf die Bühne, im wei߬<lb/> roſigen Muſengewande, Blumen im Haar, und ſprach<lb/> zu dargebotenen Blumen bewegt Abſchiedsverſe. Der<lb/> Sängerin traten Thränen in die Augen — da lockte ſie<lb/> eine melodiſche Stimme auf der anderen Seite: es war<lb/> Wilhelmine Schröder, ebenfalls als Muſe, der Kunſt¬<lb/> ſchweſter mit innigen Worten einen vollen Lorberkranz<lb/> reichend … Erſchüttert ſank die ſcheidende Sängerin der<lb/> noch berühmteren Nebenbuhlerin in die Arme und ich<lb/> hörte ſie ſchluchzend flüſtern: »Und daß Sie — gerade<lb/> Sie, mein Scheiden ſo herrlich verſchönen … wie beglückt<lb/> es mich!« — »Dürfte auch ich einſt ſo der Bühne Lebe¬<lb/> wohl ſagen!« war die Antwort Wilhelmine Schröder's.</p><lb/> <p>Das überraſchte Haus nahm gerührt und entzückt<lb/> den innigſten und ſtürmiſchſten Antheil an dieſer Scheide¬<lb/> ſzene im Jahr 1841. Es jubelte jetzt nicht nur der<lb/> ſcheidenden Sabatier, es jubelte jetzt auch der großherzigen<lb/> Schröder zu.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Im folgenden Jahre ſollten die Dresdener ein ganz<lb/> anderes Bild auf ihren geliebten Brettern ſehen — eine<lb/> ſpaniſche Tänzerin. Die damals noch wenig berühmte<lb/> und noch weniger berüchtigte Lola Montez war in Dresden<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [447/0475]
Blumen, Gedichten überſchüttet, zierliche Brieftauben
flatterten auf die Bühne — aber Wilhelmine Schröder
und ich hatten der ſcheidenden Künſtlerin eine noch
größere Huldigung als Ueberraſchung vorbereitet. Am
letzten Aktſchluß trat ich vor auf die Bühne, im wei߬
roſigen Muſengewande, Blumen im Haar, und ſprach
zu dargebotenen Blumen bewegt Abſchiedsverſe. Der
Sängerin traten Thränen in die Augen — da lockte ſie
eine melodiſche Stimme auf der anderen Seite: es war
Wilhelmine Schröder, ebenfalls als Muſe, der Kunſt¬
ſchweſter mit innigen Worten einen vollen Lorberkranz
reichend … Erſchüttert ſank die ſcheidende Sängerin der
noch berühmteren Nebenbuhlerin in die Arme und ich
hörte ſie ſchluchzend flüſtern: »Und daß Sie — gerade
Sie, mein Scheiden ſo herrlich verſchönen … wie beglückt
es mich!« — »Dürfte auch ich einſt ſo der Bühne Lebe¬
wohl ſagen!« war die Antwort Wilhelmine Schröder's.
Das überraſchte Haus nahm gerührt und entzückt
den innigſten und ſtürmiſchſten Antheil an dieſer Scheide¬
ſzene im Jahr 1841. Es jubelte jetzt nicht nur der
ſcheidenden Sabatier, es jubelte jetzt auch der großherzigen
Schröder zu.
Im folgenden Jahre ſollten die Dresdener ein ganz
anderes Bild auf ihren geliebten Brettern ſehen — eine
ſpaniſche Tänzerin. Die damals noch wenig berühmte
und noch weniger berüchtigte Lola Montez war in Dresden
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