Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

bedeutete: Aufgepaßt -- laßt mich nur machen das
giebt einen Hauptspaß! "Sie erkennen doch die Originale,
Herr Hofrath?"

"Ei! ei! natürlich -- wie sollte ich denn nicht!"
sagte der gute Böttiger, der sehr kurzsichtig ist, die beiden
Bilder dicht vor das Auge haltend ... "Dies hier ist
ja unser verehrter Tieck und dies -- ei! -- allerliebst
getroffen unsere theure Gräfin Finkenstein ..."

"Das welterschütternde Lachen der ganzen Gesellschaft
läßt sich nicht beschreiben: man muß es mit erlebt haben
-- -- ebenso Tieck's verdutztes Gesicht, das nicht wußte,
ob es mitlachen, oder grob werden sollte. Schließlich
bequemte es sich zu einem mitleidigen, weltverachtenden
Lächeln und fand auch den ganzen Abend nicht mehr
aus demselben heraus. Aber inwendig grollte es furcht¬
bar! Ihn mit einem italienischen Banditen und seine
Freundin, die arme alte, elegische Gräfin Finkenstein
mit einer frechen, gottlosen Banditenbraut zu verwechseln ...
das war für seine liebe Eitelkeit zu viel. Ueberdies
glaubt er noch heutigen Tags, die Geschichte sei von dem
gottlosen Theodor Hell schlau eingefädelt worden, um
ihn lächerlich zu machen. Und Tieck vergiebt nie --
denken Sie daran, mein liebes Fräulein! -- nie eine Be¬
leidigung -- eine Vernachlässigung. Er rächte sich auch
an Theodor Hell und an dem guten, ganz unschuldigen
Böttiger auf jede Art ... Ja, zuletzt griff er sogar zur
Feder und schrieb die beißendsten anonymen Schmäh¬
schriften gegen Winkler und Böttiger, -- und daß der

bedeutete: Aufgepaßt — laßt mich nur machen das
giebt einen Hauptſpaß! »Sie erkennen doch die Originale,
Herr Hofrath?«

»Ei! ei! natürlich — wie ſollte ich denn nicht!«
ſagte der gute Böttiger, der ſehr kurzſichtig iſt, die beiden
Bilder dicht vor das Auge haltend … »Dies hier iſt
ja unſer verehrter Tieck und dies — ei! — allerliebſt
getroffen unſere theure Gräfin Finkenſtein …«

»Das welterſchütternde Lachen der ganzen Geſellſchaft
läßt ſich nicht beſchreiben: man muß es mit erlebt haben
— — ebenſo Tieck's verdutztes Geſicht, das nicht wußte,
ob es mitlachen, oder grob werden ſollte. Schließlich
bequemte es ſich zu einem mitleidigen, weltverachtenden
Lächeln und fand auch den ganzen Abend nicht mehr
aus demſelben heraus. Aber inwendig grollte es furcht¬
bar! Ihn mit einem italieniſchen Banditen und ſeine
Freundin, die arme alte, elegiſche Gräfin Finkenſtein
mit einer frechen, gottloſen Banditenbraut zu verwechſeln …
das war für ſeine liebe Eitelkeit zu viel. Ueberdies
glaubt er noch heutigen Tags, die Geſchichte ſei von dem
gottloſen Theodor Hell ſchlau eingefädelt worden, um
ihn lächerlich zu machen. Und Tieck vergiebt nie —
denken Sie daran, mein liebes Fräulein! — nie eine Be¬
leidigung — eine Vernachläſſigung. Er rächte ſich auch
an Theodor Hell und an dem guten, ganz unſchuldigen
Böttiger auf jede Art … Ja, zuletzt griff er ſogar zur
Feder und ſchrieb die beißendſten anonymen Schmäh¬
ſchriften gegen Winkler und Böttiger, — und daß der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0393" n="365"/>
bedeutete: Aufgepaßt &#x2014; laßt mich nur machen das<lb/>
giebt einen Haupt&#x017F;paß! »Sie erkennen doch die Originale,<lb/>
Herr Hofrath?«</p><lb/>
        <p>»Ei! ei! natürlich &#x2014; wie &#x017F;ollte ich denn nicht!«<lb/>
&#x017F;agte der gute Böttiger, der &#x017F;ehr kurz&#x017F;ichtig i&#x017F;t, die beiden<lb/>
Bilder dicht vor das Auge haltend &#x2026; »Dies hier i&#x017F;t<lb/>
ja un&#x017F;er verehrter Tieck und dies &#x2014; ei! &#x2014; allerlieb&#x017F;t<lb/>
getroffen un&#x017F;ere theure Gräfin Finken&#x017F;tein &#x2026;«</p><lb/>
        <p>»Das welter&#x017F;chütternde Lachen der ganzen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
läßt &#x017F;ich nicht be&#x017F;chreiben: man muß es mit erlebt haben<lb/>
&#x2014; &#x2014; eben&#x017F;o Tieck's verdutztes Ge&#x017F;icht, das nicht wußte,<lb/>
ob es mitlachen, oder grob werden &#x017F;ollte. Schließlich<lb/>
bequemte es &#x017F;ich zu einem mitleidigen, weltverachtenden<lb/>
Lächeln und fand auch den ganzen Abend nicht mehr<lb/>
aus dem&#x017F;elben heraus. Aber inwendig grollte es furcht¬<lb/>
bar! Ihn mit einem italieni&#x017F;chen Banditen und &#x017F;eine<lb/>
Freundin, die arme alte, elegi&#x017F;che Gräfin Finken&#x017F;tein<lb/>
mit einer frechen, gottlo&#x017F;en Banditenbraut zu verwech&#x017F;eln &#x2026;<lb/>
das war für &#x017F;eine liebe Eitelkeit zu viel. Ueberdies<lb/>
glaubt er noch heutigen Tags, die Ge&#x017F;chichte &#x017F;ei von dem<lb/>
gottlo&#x017F;en Theodor Hell &#x017F;chlau eingefädelt worden, um<lb/>
ihn lächerlich zu machen. Und Tieck vergiebt nie &#x2014;<lb/>
denken Sie daran, mein liebes Fräulein! &#x2014; nie eine Be¬<lb/>
leidigung &#x2014; eine Vernachlä&#x017F;&#x017F;igung. Er rächte &#x017F;ich auch<lb/>
an Theodor Hell und an dem guten, ganz un&#x017F;chuldigen<lb/>
Böttiger auf jede Art &#x2026; Ja, zuletzt griff er &#x017F;ogar zur<lb/>
Feder und &#x017F;chrieb die beißend&#x017F;ten anonymen Schmäh¬<lb/>
&#x017F;chriften gegen Winkler und Böttiger, &#x2014; und daß der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0393] bedeutete: Aufgepaßt — laßt mich nur machen das giebt einen Hauptſpaß! »Sie erkennen doch die Originale, Herr Hofrath?« »Ei! ei! natürlich — wie ſollte ich denn nicht!« ſagte der gute Böttiger, der ſehr kurzſichtig iſt, die beiden Bilder dicht vor das Auge haltend … »Dies hier iſt ja unſer verehrter Tieck und dies — ei! — allerliebſt getroffen unſere theure Gräfin Finkenſtein …« »Das welterſchütternde Lachen der ganzen Geſellſchaft läßt ſich nicht beſchreiben: man muß es mit erlebt haben — — ebenſo Tieck's verdutztes Geſicht, das nicht wußte, ob es mitlachen, oder grob werden ſollte. Schließlich bequemte es ſich zu einem mitleidigen, weltverachtenden Lächeln und fand auch den ganzen Abend nicht mehr aus demſelben heraus. Aber inwendig grollte es furcht¬ bar! Ihn mit einem italieniſchen Banditen und ſeine Freundin, die arme alte, elegiſche Gräfin Finkenſtein mit einer frechen, gottloſen Banditenbraut zu verwechſeln … das war für ſeine liebe Eitelkeit zu viel. Ueberdies glaubt er noch heutigen Tags, die Geſchichte ſei von dem gottloſen Theodor Hell ſchlau eingefädelt worden, um ihn lächerlich zu machen. Und Tieck vergiebt nie — denken Sie daran, mein liebes Fräulein! — nie eine Be¬ leidigung — eine Vernachläſſigung. Er rächte ſich auch an Theodor Hell und an dem guten, ganz unſchuldigen Böttiger auf jede Art … Ja, zuletzt griff er ſogar zur Feder und ſchrieb die beißendſten anonymen Schmäh¬ ſchriften gegen Winkler und Böttiger, — und daß der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/393
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/393>, abgerufen am 22.11.2024.