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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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satyrische Winkler diese nicht geduldig einsteckte, sondern
in gleicher Münze erwiderte, können Sie sich denken."

Das war der Prolog zu meiner ersten Vorstellung
bei Ludwig Tieck. Ich lachte wohl Anfangs über die
possirlichen Situationen jener Banditenbildergeschichte, die
Sternberg mir mit so vieler Laune und drastischer Mimik
gezeichnet hatte -- aber dann wurde mir doch das Herz
etwas schwer bei dem Gedanken: wie wird Dir es mit
deiner Lachlust und übermüthig ungezügelten Zunge bei
diesem empfindlichen Dramaturgen ergehen?!

Nicht ohne Herzklopfen betrat ich das durch Tieck
so berühmt gewordene Eckhaus am Altmarkt.

Eine alte, freundliche Magd empfing uns mit den
Worten: "Der Herr Hofrath erwartet Sie!"

"Ein gutes Omen!" flüsterte mir Sternberg zu,
der meine Befangenheit bemerkte, "Nicht Jeder darf sich
eines solchen Empfanges rühmen. Sie sind ihm sehr
willkommen!"

Wir traten in einen geräumigen Salon. Zugleich
öffnete sich die Thüre des Nebenzimmers und -- vor mir
stand der berühmte Dichter in seiner ganzen bezaubernden
Liebenswürdigkeit.

Tieck war damals bereits 61 Jahre alt, hatte aber
in seiner Persönlichkeit und besonders in seinem Wesen
etwas ungemein Frisches, anmuthig Jugendliches. Er
trug einen langen schwarzen, talarartigen Sammetrock
mit weiten Aermeln a la Raphael und ein schwarzes
Sammetkäppchen, welches ein wenig kokett aussah, dem

ſatyriſche Winkler dieſe nicht geduldig einſteckte, ſondern
in gleicher Münze erwiderte, können Sie ſich denken.«

Das war der Prolog zu meiner erſten Vorſtellung
bei Ludwig Tieck. Ich lachte wohl Anfangs über die
poſſirlichen Situationen jener Banditenbildergeſchichte, die
Sternberg mir mit ſo vieler Laune und draſtiſcher Mimik
gezeichnet hatte — aber dann wurde mir doch das Herz
etwas ſchwer bei dem Gedanken: wie wird Dir es mit
deiner Lachluſt und übermüthig ungezügelten Zunge bei
dieſem empfindlichen Dramaturgen ergehen?!

Nicht ohne Herzklopfen betrat ich das durch Tieck
ſo berühmt gewordene Eckhaus am Altmarkt.

Eine alte, freundliche Magd empfing uns mit den
Worten: »Der Herr Hofrath erwartet Sie!«

»Ein gutes Omen!« flüſterte mir Sternberg zu,
der meine Befangenheit bemerkte, »Nicht Jeder darf ſich
eines ſolchen Empfanges rühmen. Sie ſind ihm ſehr
willkommen!«

Wir traten in einen geräumigen Salon. Zugleich
öffnete ſich die Thüre des Nebenzimmers und — vor mir
ſtand der berühmte Dichter in ſeiner ganzen bezaubernden
Liebenswürdigkeit.

Tieck war damals bereits 61 Jahre alt, hatte aber
in ſeiner Perſönlichkeit und beſonders in ſeinem Weſen
etwas ungemein Friſches, anmuthig Jugendliches. Er
trug einen langen ſchwarzen, talarartigen Sammetrock
mit weiten Aermeln à la Raphael und ein ſchwarzes
Sammetkäppchen, welches ein wenig kokett ausſah, dem

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[366/0394] ſatyriſche Winkler dieſe nicht geduldig einſteckte, ſondern in gleicher Münze erwiderte, können Sie ſich denken.« Das war der Prolog zu meiner erſten Vorſtellung bei Ludwig Tieck. Ich lachte wohl Anfangs über die poſſirlichen Situationen jener Banditenbildergeſchichte, die Sternberg mir mit ſo vieler Laune und draſtiſcher Mimik gezeichnet hatte — aber dann wurde mir doch das Herz etwas ſchwer bei dem Gedanken: wie wird Dir es mit deiner Lachluſt und übermüthig ungezügelten Zunge bei dieſem empfindlichen Dramaturgen ergehen?! Nicht ohne Herzklopfen betrat ich das durch Tieck ſo berühmt gewordene Eckhaus am Altmarkt. Eine alte, freundliche Magd empfing uns mit den Worten: »Der Herr Hofrath erwartet Sie!« »Ein gutes Omen!« flüſterte mir Sternberg zu, der meine Befangenheit bemerkte, »Nicht Jeder darf ſich eines ſolchen Empfanges rühmen. Sie ſind ihm ſehr willkommen!« Wir traten in einen geräumigen Salon. Zugleich öffnete ſich die Thüre des Nebenzimmers und — vor mir ſtand der berühmte Dichter in ſeiner ganzen bezaubernden Liebenswürdigkeit. Tieck war damals bereits 61 Jahre alt, hatte aber in ſeiner Perſönlichkeit und beſonders in ſeinem Weſen etwas ungemein Friſches, anmuthig Jugendliches. Er trug einen langen ſchwarzen, talarartigen Sammetrock mit weiten Aermeln à la Raphael und ein ſchwarzes Sammetkäppchen, welches ein wenig kokett ausſah, dem

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/394>, abgerufen am 22.11.2024.