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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Mlle. Mars gerade in diesen Rollen bewundert, -- ja
studirt und mir Manches anzupassen gesucht."

"Vortrefflich, charmant!" rief Winkler freudestrahlend
... "Aber Tieck müssen Sie bald besuchen," setzte er
bedächtiger hinzu -- "wer geleitet Sie aber zu Tieck?
Es ist wirklich recht fatal, daß ich augenblicklich mit
ihm -- gespannt bin ..."

"Sie auch?" rief ich, jetzt wirklich erschrocken ...
"Sie sind schon der Dritte, von dem ich heute Morgen
höre, daß er mit Tieck auf gespanntem Fuße steht --
erst die Rettich -- dann Hofrath Böttiger und ..."

"Und noch so Viele, Viele!" lachte er bitter. "Emil
Devrient, Pauli, Werdy wohnen auch keinen Vorlesungen
Tieck's mehr bei -- und das ist stets das sicherste Zeichen,
daß der alte Dramaturg grollt -- oder daß seine Günst¬
linge ein Haar in -- den ewigen Vorlesungen gefunden
haben ... Doch, davon erzähle ich, Ihnen später einmal
ausführlicher ..."

Winkler, damals fast sechzig Jahre alt, war seit
Berlin womöglich noch häßlicher geworden. Aber man
vergaß diese Häßlichkeit sogleich über seiner heiteren
Liebenswürdigkeit. Er erblickte Alles im rosenfarbensten
Lichte.

Bei der Mutter traf ich einen alten Freund aus
Karlsruhe, Baron Sternberg. Seine Tochter war meine
Duzfreundin; in seinem Hause hatte ich manche frohe
Stunde verlebt. Als früherer Intendant des vortreff¬
lichen Manheimer Theaters interessirte er sich noch im¬

Mlle. Mars gerade in dieſen Rollen bewundert, — ja
ſtudirt und mir Manches anzupaſſen geſucht.«

»Vortrefflich, charmant!« rief Winkler freudeſtrahlend
… »Aber Tieck müſſen Sie bald beſuchen,« ſetzte er
bedächtiger hinzu — »wer geleitet Sie aber zu Tieck?
Es iſt wirklich recht fatal, daß ich augenblicklich mit
ihm — geſpannt bin …«

»Sie auch?« rief ich, jetzt wirklich erſchrocken …
»Sie ſind ſchon der Dritte, von dem ich heute Morgen
höre, daß er mit Tieck auf geſpanntem Fuße ſteht —
erſt die Rettich — dann Hofrath Böttiger und …«

»Und noch ſo Viele, Viele!« lachte er bitter. »Emil
Devrient, Pauli, Werdy wohnen auch keinen Vorleſungen
Tieck's mehr bei — und das iſt ſtets das ſicherſte Zeichen,
daß der alte Dramaturg grollt — oder daß ſeine Günſt¬
linge ein Haar in — den ewigen Vorleſungen gefunden
haben … Doch, davon erzähle ich, Ihnen ſpäter einmal
ausführlicher …«

Winkler, damals faſt ſechzig Jahre alt, war ſeit
Berlin womöglich noch häßlicher geworden. Aber man
vergaß dieſe Häßlichkeit ſogleich über ſeiner heiteren
Liebenswürdigkeit. Er erblickte Alles im roſenfarbenſten
Lichte.

Bei der Mutter traf ich einen alten Freund aus
Karlsruhe, Baron Sternberg. Seine Tochter war meine
Duzfreundin; in ſeinem Hauſe hatte ich manche frohe
Stunde verlebt. Als früherer Intendant des vortreff¬
lichen Manheimer Theaters intereſſirte er ſich noch im¬

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[342/0370] Mlle. Mars gerade in dieſen Rollen bewundert, — ja ſtudirt und mir Manches anzupaſſen geſucht.« »Vortrefflich, charmant!« rief Winkler freudeſtrahlend … »Aber Tieck müſſen Sie bald beſuchen,« ſetzte er bedächtiger hinzu — »wer geleitet Sie aber zu Tieck? Es iſt wirklich recht fatal, daß ich augenblicklich mit ihm — geſpannt bin …« »Sie auch?« rief ich, jetzt wirklich erſchrocken … »Sie ſind ſchon der Dritte, von dem ich heute Morgen höre, daß er mit Tieck auf geſpanntem Fuße ſteht — erſt die Rettich — dann Hofrath Böttiger und …« »Und noch ſo Viele, Viele!« lachte er bitter. »Emil Devrient, Pauli, Werdy wohnen auch keinen Vorleſungen Tieck's mehr bei — und das iſt ſtets das ſicherſte Zeichen, daß der alte Dramaturg grollt — oder daß ſeine Günſt¬ linge ein Haar in — den ewigen Vorleſungen gefunden haben … Doch, davon erzähle ich, Ihnen ſpäter einmal ausführlicher …« Winkler, damals faſt ſechzig Jahre alt, war ſeit Berlin womöglich noch häßlicher geworden. Aber man vergaß dieſe Häßlichkeit ſogleich über ſeiner heiteren Liebenswürdigkeit. Er erblickte Alles im roſenfarbenſten Lichte. Bei der Mutter traf ich einen alten Freund aus Karlsruhe, Baron Sternberg. Seine Tochter war meine Duzfreundin; in ſeinem Hauſe hatte ich manche frohe Stunde verlebt. Als früherer Intendant des vortreff¬ lichen Manheimer Theaters intereſſirte er ſich noch im¬

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/370>, abgerufen am 22.11.2024.