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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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ein. Aber im Grunde war mir gar nicht lustig zu
Muth -- und am Schluß, als Emmerling, der Tante
Kostüm am Boden liegen sehend, sagt: "Gottlob, da
liegt die Tante!" -- da erfaßte mich ein förmlicher
Ingrimm gegen das einst so geliebte Gelbbraun-Ge¬
streifte, und auch die arme Haube hat's leider erfahren,
als ich sie in den Karton warf.

Als ich dann nach einigen Abenden mit vor Erwar¬
tung gerötheten Wangen und klopfendem Herzen im
Parterre saß, um Karoline Müller als "gefährliche
Tante" zu sehen -- als dann das "Zuckerpupp'n" wirklich
entzückend schön im purpursammtnen Hermelinüberwurf
und Federbarett -- und später im weißen Atlaskleide
mit Halbschleppe, reich mit Spitzen garnirt, und in
reizender Spitzenhaube a la Maintenon und koketten
Löckchen von schier überschnappendem Jubel des Hauses
empfangen wurde ... da sagte ich zu mir: "Sie hat
Recht, erst schön -- dann wahr! ... Aber ich werde
doch bei meinem Künstlermotto bleiben:
Erst wahr -- dann schön!"
Und ich hab's nach Kräften gehalten und es auch nie
bereut.

"Vergoldung vergeht -- Schweinsleder besteht!"
-- sagt der Zinnsoldat in Andersen's Märchen.



Von dem Burgtheaterfieber genesen, kehrte ich fröh¬
lich nach meinem lieben Dresden zurück, jetzt erst recht zu

ein. Aber im Grunde war mir gar nicht luſtig zu
Muth — und am Schluß, als Emmerling, der Tante
Koſtüm am Boden liegen ſehend, ſagt: »Gottlob, da
liegt die Tante!« — da erfaßte mich ein förmlicher
Ingrimm gegen das einſt ſo geliebte Gelbbraun-Ge¬
ſtreifte, und auch die arme Haube hat's leider erfahren,
als ich ſie in den Karton warf.

Als ich dann nach einigen Abenden mit vor Erwar¬
tung gerötheten Wangen und klopfendem Herzen im
Parterre ſaß, um Karoline Müller als »gefährliche
Tante« zu ſehen — als dann das »Zuckerpupp'n« wirklich
entzückend ſchön im purpurſammtnen Hermelinüberwurf
und Federbarett — und ſpäter im weißen Atlaskleide
mit Halbſchleppe, reich mit Spitzen garnirt, und in
reizender Spitzenhaube à la Maintenon und koketten
Löckchen von ſchier überſchnappendem Jubel des Hauſes
empfangen wurde … da ſagte ich zu mir: »Sie hat
Recht, erſt ſchön — dann wahr! … Aber ich werde
doch bei meinem Künſtlermotto bleiben:
Erſt wahr — dann ſchön!«
Und ich hab's nach Kräften gehalten und es auch nie
bereut.

»Vergoldung vergeht — Schweinsleder beſteht!«
— ſagt der Zinnſoldat in Anderſen’s Märchen.



Von dem Burgtheaterfieber geneſen, kehrte ich fröh¬
lich nach meinem lieben Dresden zurück, jetzt erſt recht zu

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[322/0350] ein. Aber im Grunde war mir gar nicht luſtig zu Muth — und am Schluß, als Emmerling, der Tante Koſtüm am Boden liegen ſehend, ſagt: »Gottlob, da liegt die Tante!« — da erfaßte mich ein förmlicher Ingrimm gegen das einſt ſo geliebte Gelbbraun-Ge¬ ſtreifte, und auch die arme Haube hat's leider erfahren, als ich ſie in den Karton warf. Als ich dann nach einigen Abenden mit vor Erwar¬ tung gerötheten Wangen und klopfendem Herzen im Parterre ſaß, um Karoline Müller als »gefährliche Tante« zu ſehen — als dann das »Zuckerpupp'n« wirklich entzückend ſchön im purpurſammtnen Hermelinüberwurf und Federbarett — und ſpäter im weißen Atlaskleide mit Halbſchleppe, reich mit Spitzen garnirt, und in reizender Spitzenhaube à la Maintenon und koketten Löckchen von ſchier überſchnappendem Jubel des Hauſes empfangen wurde … da ſagte ich zu mir: »Sie hat Recht, erſt ſchön — dann wahr! … Aber ich werde doch bei meinem Künſtlermotto bleiben: Erſt wahr — dann ſchön!« Und ich hab's nach Kräften gehalten und es auch nie bereut. »Vergoldung vergeht — Schweinsleder beſteht!« — ſagt der Zinnſoldat in Anderſen’s Märchen. Von dem Burgtheaterfieber geneſen, kehrte ich fröh¬ lich nach meinem lieben Dresden zurück, jetzt erſt recht zu

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/350>, abgerufen am 22.11.2024.