schönen Tags den verdienstvollen, aber ziemlich kurz an¬ gebundenen Direktor Schreyvogel sans facons in Un¬ gnaden "fortgejagt" und den Verfasser von "Hans Sachs" und "Garrick in Bristol" zu dessen Nachfolger ernannt hatte, sprach er ziemlich ungenirt -- ja unvorsichtig, und schob alle Verwaltungs- und Direktionssünden des Burgtheaters dem Herrn Grafen lachend in die Oberst¬ kämmererschuhe. Ich weiß nicht, ob es Deinhardstein's Ernst war, daß er selber die stiefmütterliche Behandlung des Trauerspiels mir gegenüber bedauerte, oder ob er glaubte, sich mir -- die ich mit Begeisterung von der klassischen Berliner Zeit sprach -- dadurch im günstigsten Lichte zu zeigen.
Den Intendanten mußte ich in Schönbrunn auf¬ suchen. Wie war ich enttäuscht von dieser berühmten -- jetzt so öden, traurigen, vernachlässigten kaiserlichen Sommerresidenz -- -- und der Graf Czernin erschreckte mich förmlich beim ersten Anblick. Ich hatte an einen stattlichen, liebenswürdigen und geistvollen Grafen Brühl gedacht, der mir von Berlin her unvergeßlich als Inten¬ dant war -- -- und fand ein uraltes, vertrocknetes Männchen mit tausend Runzeln in dem winzigen Gesicht¬ chen, erloschenen, fast blöden Augen -- und geschminkt und geputzt wie ein französischer Marquis des ancien regime. Damit harmonirte auch sein ganzes Auftreten und sein -- künstlerisches Urtheil.
Ebenso ungenirt, wie Deinhardstein sich gegen die Fremde über seinen Chef ausgesprochen hatte,
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ſchönen Tags den verdienſtvollen, aber ziemlich kurz an¬ gebundenen Direktor Schreyvogel sans façons in Un¬ gnaden »fortgejagt« und den Verfaſſer von »Hans Sachs« und »Garrick in Briſtol« zu deſſen Nachfolger ernannt hatte, ſprach er ziemlich ungenirt — ja unvorſichtig, und ſchob alle Verwaltungs- und Direktionsſünden des Burgtheaters dem Herrn Grafen lachend in die Oberſt¬ kämmererſchuhe. Ich weiß nicht, ob es Deinhardſtein's Ernſt war, daß er ſelber die ſtiefmütterliche Behandlung des Trauerſpiels mir gegenüber bedauerte, oder ob er glaubte, ſich mir — die ich mit Begeiſterung von der klaſſiſchen Berliner Zeit ſprach — dadurch im günſtigſten Lichte zu zeigen.
Den Intendanten mußte ich in Schönbrunn auf¬ ſuchen. Wie war ich enttäuſcht von dieſer berühmten — jetzt ſo öden, traurigen, vernachläſſigten kaiſerlichen Sommerreſidenz — — und der Graf Czernin erſchreckte mich förmlich beim erſten Anblick. Ich hatte an einen ſtattlichen, liebenswürdigen und geiſtvollen Grafen Brühl gedacht, der mir von Berlin her unvergeßlich als Inten¬ dant war — — und fand ein uraltes, vertrocknetes Männchen mit tauſend Runzeln in dem winzigen Geſicht¬ chen, erloſchenen, faſt blöden Augen — und geſchminkt und geputzt wie ein franzöſiſcher Marquis des ancien régime. Damit harmonirte auch ſein ganzes Auftreten und ſein — künſtleriſches Urtheil.
Ebenſo ungenirt, wie Deinhardſtein ſich gegen die Fremde über ſeinen Chef ausgeſprochen hatte,
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ſchönen Tags den verdienſtvollen, aber ziemlich kurz an¬
gebundenen Direktor Schreyvogel sans façons in Un¬
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und »Garrick in Briſtol« zu deſſen Nachfolger ernannt
hatte, ſprach er ziemlich ungenirt — ja unvorſichtig,
und ſchob alle Verwaltungs- und Direktionsſünden des
Burgtheaters dem Herrn Grafen lachend in die Oberſt¬
kämmererſchuhe. Ich weiß nicht, ob es Deinhardſtein's
Ernſt war, daß er ſelber die ſtiefmütterliche Behandlung
des Trauerſpiels mir gegenüber bedauerte, oder ob er
glaubte, ſich mir — die ich mit Begeiſterung von der
klaſſiſchen Berliner Zeit ſprach — dadurch im günſtigſten
Lichte zu zeigen.
Den Intendanten mußte ich in Schönbrunn auf¬
ſuchen. Wie war ich enttäuſcht von dieſer berühmten —
jetzt ſo öden, traurigen, vernachläſſigten kaiſerlichen
Sommerreſidenz — — und der Graf Czernin erſchreckte
mich förmlich beim erſten Anblick. Ich hatte an einen
ſtattlichen, liebenswürdigen und geiſtvollen Grafen Brühl
gedacht, der mir von Berlin her unvergeßlich als Inten¬
dant war — — und fand ein uraltes, vertrocknetes
Männchen mit tauſend Runzeln in dem winzigen Geſicht¬
chen, erloſchenen, faſt blöden Augen — und geſchminkt
und geputzt wie ein franzöſiſcher Marquis des ancien
régime. Damit harmonirte auch ſein ganzes Auftreten
und ſein — künſtleriſches Urtheil.
Ebenſo ungenirt, wie Deinhardſtein ſich gegen
die Fremde über ſeinen Chef ausgeſprochen hatte,
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/303>, abgerufen am 25.11.2024.
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