ganz hübsch gefüllt. Also, wenn unser Berliner Freund Witthauer hier ist, geht's hinaus in den Prater ..."
"Ah! Sie kennen den liebenswürdigen und geist¬ vollen Schriftsteller? Er wird es nicht bereut haben, von der Spree an die Donau übergesiedelt zu sein. Seine Feder hat sich eine sehr geachtete, -- ja unter Umständen gefürchtete Stellung errungen. Seine Kunst- und Literaturkritiken in der Wiener Modenzeitung sind tonangebend. Und wenn er zuweilen einige allzu kühne Seitensprünge auf das politische oder persönliche Terrain wagt -- so hat ihm Metternich nicht selten über die strenge Censur hinweggeholfen. Der Minister will ihm sehr wohl!"
"Ja, ich erinnere mich mit Vergnügen aus Berlin seines blendenden Witzes, seiner übersprudelnden Heiter¬ keit ..."
"Hm! hm! -- heiter -- haben wir Wiener ihn schon lange nicht mehr gesehen. Er lebt sehr zurückge¬ zogen und hat sich hier bereits den Ruf eines argen Hypochonders erworben ..."
"Unglückliche Liebe?" rief ich erstaunt, -- neugierig. "Wer ist die Unglückliche, die diesen edlen Mann nicht glücklich machen will?"
"Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen", und Schwarz kopirte den Wachtmeister aus Minna von Barnhelm, "darf es auf der Welt denn gar kein Leiden geben, als nur durch Euch? ... Die unglückliche Liebe des Dr.
Erinnerungen etc. 17
ganz hübſch gefüllt. Alſo, wenn unſer Berliner Freund Witthauer hier iſt, geht's hinaus in den Prater …«
»Ah! Sie kennen den liebenswürdigen und geiſt¬ vollen Schriftſteller? Er wird es nicht bereut haben, von der Spree an die Donau übergeſiedelt zu ſein. Seine Feder hat ſich eine ſehr geachtete, — ja unter Umſtänden gefürchtete Stellung errungen. Seine Kunſt- und Literaturkritiken in der Wiener Modenzeitung ſind tonangebend. Und wenn er zuweilen einige allzu kühne Seitenſprünge auf das politiſche oder perſönliche Terrain wagt — ſo hat ihm Metternich nicht ſelten über die ſtrenge Cenſur hinweggeholfen. Der Miniſter will ihm ſehr wohl!«
»Ja, ich erinnere mich mit Vergnügen aus Berlin ſeines blendenden Witzes, ſeiner überſprudelnden Heiter¬ keit …«
»Hm! hm! — heiter — haben wir Wiener ihn ſchon lange nicht mehr geſehen. Er lebt ſehr zurückge¬ zogen und hat ſich hier bereits den Ruf eines argen Hypochonders erworben …«
»Unglückliche Liebe?« rief ich erſtaunt, — neugierig. »Wer iſt die Unglückliche, die dieſen edlen Mann nicht glücklich machen will?«
»Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen«, und Schwarz kopirte den Wachtmeiſter aus Minna von Barnhelm, »darf es auf der Welt denn gar kein Leiden geben, als nur durch Euch? … Die unglückliche Liebe des Dr.
Erinnerungen ꝛc. 17
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ganz hübſch gefüllt. Alſo, wenn unſer Berliner
Freund Witthauer hier iſt, geht's hinaus in den
Prater …«
»Ah! Sie kennen den liebenswürdigen und geiſt¬
vollen Schriftſteller? Er wird es nicht bereut haben,
von der Spree an die Donau übergeſiedelt zu ſein.
Seine Feder hat ſich eine ſehr geachtete, — ja unter
Umſtänden gefürchtete Stellung errungen. Seine Kunſt-
und Literaturkritiken in der Wiener Modenzeitung ſind
tonangebend. Und wenn er zuweilen einige allzu kühne
Seitenſprünge auf das politiſche oder perſönliche Terrain
wagt — ſo hat ihm Metternich nicht ſelten über die
ſtrenge Cenſur hinweggeholfen. Der Miniſter will ihm
ſehr wohl!«
»Ja, ich erinnere mich mit Vergnügen aus Berlin
ſeines blendenden Witzes, ſeiner überſprudelnden Heiter¬
keit …«
»Hm! hm! — heiter — haben wir Wiener ihn
ſchon lange nicht mehr geſehen. Er lebt ſehr zurückge¬
zogen und hat ſich hier bereits den Ruf eines argen
Hypochonders erworben …«
»Unglückliche Liebe?« rief ich erſtaunt, — neugierig.
»Wer iſt die Unglückliche, die dieſen edlen Mann nicht
glücklich machen will?«
»Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen«, und Schwarz
kopirte den Wachtmeiſter aus Minna von Barnhelm,
»darf es auf der Welt denn gar kein Leiden geben, als
nur durch Euch? … Die unglückliche Liebe des Dr.
Erinnerungen ꝛc. 17
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/285>, abgerufen am 22.11.2024.
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