Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

"Nu -- a Anden -- Ihro Gnaden, dös schmeckt
halt, wenn's geback'n, gar prächti!"

"Backhandl -- Backhandl", lachte ich, "Mutter,
wir sind in der Stadt der Backhandl ..."

"A Anden ist aber halt a Bissel größer als a
Handl", sagte treuherzig der Postillon,-- und fuhr uns
nach der "Goldenen Ente".

Die Anden war nicht schön, -- außen und innen,
aber artige Wirthsleute und der possirlichste aller Lohn¬
bedienten ließen ein Unbehagen über das unfreundliche
Quartier gar nicht aufkommen.

Schon wenn man den ehrlichen Sepperl in dem
ausgewachsenen zeisiggrünen Frack und den gelben Ran¬
kingnen und der hohen schäbig-gentilen Angströhre auf
dem fuchsigen, uncivilisirten Tituskopf ansah, mußte
man ihm heiter zugethan werden.

Meine erste Frage an Sepperl war natürlich nach
dem Burgtheater ... "Was wird heut' Abend gegeben,
Sepperl?"

"Das Fest in Knillwurst, Ihro Gnad'n!"

"Knillwurst -- Knillwurst ..." rief ich lachend --
"auch so a Ding zum Essen, wie die goldne Anden?"

Aber schon hatte Sepperl einen zerknillten Theater¬
zettel aus seiner Angströhre hervorgesucht und auf den
Rankingnen glatt gestrichen ... und ich glaubte, ich sollte
sterben vor Lachen, als ich las: "Das Fest in Kenil¬
worth ..." Aber dann jubelte ich auf: "Elisabeth --
Amalie Wolff -- als zweite Gastrolle ... Sieh, Mütterchen,

»Nu — a Anden — Ihro Gnaden, dös ſchmeckt
halt, wenn's geback'n, gar prächti!«

»Backhandl — Backhandl«, lachte ich, »Mutter,
wir ſind in der Stadt der Backhandl …«

»A Anden iſt aber halt a Biſſel größer als a
Handl«, ſagte treuherzig der Poſtillon,— und fuhr uns
nach der »Goldenen Ente«.

Die Anden war nicht ſchön, — außen und innen,
aber artige Wirthsleute und der poſſirlichſte aller Lohn¬
bedienten ließen ein Unbehagen über das unfreundliche
Quartier gar nicht aufkommen.

Schon wenn man den ehrlichen Sepperl in dem
ausgewachſenen zeiſiggrünen Frack und den gelben Ran¬
kingnen und der hohen ſchäbig-gentilen Angſtröhre auf
dem fuchſigen, unciviliſirten Tituskopf anſah, mußte
man ihm heiter zugethan werden.

Meine erſte Frage an Sepperl war natürlich nach
dem Burgtheater … »Was wird heut' Abend gegeben,
Sepperl?«

»Das Feſt in Knillwurſt, Ihro Gnad'n!«

»Knillwurſt — Knillwurſt …« rief ich lachend —
»auch ſo a Ding zum Eſſen, wie die goldne Anden?«

Aber ſchon hatte Sepperl einen zerknillten Theater¬
zettel aus ſeiner Angſtröhre hervorgeſucht und auf den
Rankingnen glatt geſtrichen … und ich glaubte, ich ſollte
ſterben vor Lachen, als ich las: »Das Feſt in Kenil¬
worth …« Aber dann jubelte ich auf: »Eliſabeth —
Amalie Wolff — als zweite Gaſtrolle … Sieh, Mütterchen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0282" n="254"/>
        <p>»Nu &#x2014; a Anden &#x2014; Ihro Gnaden, dös &#x017F;chmeckt<lb/>
halt, wenn's geback'n, gar prächti!«</p><lb/>
        <p>»Backhandl &#x2014; Backhandl«, lachte ich, »Mutter,<lb/>
wir &#x017F;ind in der Stadt der Backhandl &#x2026;«</p><lb/>
        <p>»A Anden i&#x017F;t aber halt a Bi&#x017F;&#x017F;el größer als a<lb/>
Handl«, &#x017F;agte treuherzig der Po&#x017F;tillon,&#x2014; und fuhr uns<lb/>
nach der »Goldenen Ente«.</p><lb/>
        <p>Die Anden war nicht &#x017F;chön, &#x2014; außen und innen,<lb/>
aber artige Wirthsleute und der po&#x017F;&#x017F;irlich&#x017F;te aller Lohn¬<lb/>
bedienten ließen ein Unbehagen über das unfreundliche<lb/>
Quartier gar nicht aufkommen.</p><lb/>
        <p>Schon wenn man den ehrlichen Sepperl in dem<lb/>
ausgewach&#x017F;enen zei&#x017F;iggrünen Frack und den gelben Ran¬<lb/>
kingnen und der hohen &#x017F;chäbig-gentilen Ang&#x017F;tröhre auf<lb/>
dem fuch&#x017F;igen, uncivili&#x017F;irten Tituskopf an&#x017F;ah, mußte<lb/>
man ihm heiter zugethan werden.</p><lb/>
        <p>Meine er&#x017F;te Frage an Sepperl war natürlich nach<lb/>
dem Burgtheater &#x2026; »Was wird heut' Abend gegeben,<lb/>
Sepperl?«</p><lb/>
        <p>»Das Fe&#x017F;t in Knillwur&#x017F;t, Ihro Gnad'n!«</p><lb/>
        <p>»Knillwur&#x017F;t &#x2014; Knillwur&#x017F;t &#x2026;« rief ich lachend &#x2014;<lb/>
»auch &#x017F;o a Ding zum E&#x017F;&#x017F;en, wie die goldne Anden?«</p><lb/>
        <p>Aber &#x017F;chon hatte Sepperl einen zerknillten Theater¬<lb/>
zettel aus &#x017F;einer Ang&#x017F;tröhre hervorge&#x017F;ucht und auf den<lb/>
Rankingnen glatt ge&#x017F;trichen &#x2026; und ich glaubte, ich &#x017F;ollte<lb/>
&#x017F;terben vor Lachen, als ich las: »Das Fe&#x017F;t in Kenil¬<lb/>
worth &#x2026;« Aber dann jubelte ich auf: »Eli&#x017F;abeth &#x2014;<lb/>
Amalie Wolff &#x2014; als zweite Ga&#x017F;trolle &#x2026; Sieh, Mütterchen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0282] »Nu — a Anden — Ihro Gnaden, dös ſchmeckt halt, wenn's geback'n, gar prächti!« »Backhandl — Backhandl«, lachte ich, »Mutter, wir ſind in der Stadt der Backhandl …« »A Anden iſt aber halt a Biſſel größer als a Handl«, ſagte treuherzig der Poſtillon,— und fuhr uns nach der »Goldenen Ente«. Die Anden war nicht ſchön, — außen und innen, aber artige Wirthsleute und der poſſirlichſte aller Lohn¬ bedienten ließen ein Unbehagen über das unfreundliche Quartier gar nicht aufkommen. Schon wenn man den ehrlichen Sepperl in dem ausgewachſenen zeiſiggrünen Frack und den gelben Ran¬ kingnen und der hohen ſchäbig-gentilen Angſtröhre auf dem fuchſigen, unciviliſirten Tituskopf anſah, mußte man ihm heiter zugethan werden. Meine erſte Frage an Sepperl war natürlich nach dem Burgtheater … »Was wird heut' Abend gegeben, Sepperl?« »Das Feſt in Knillwurſt, Ihro Gnad'n!« »Knillwurſt — Knillwurſt …« rief ich lachend — »auch ſo a Ding zum Eſſen, wie die goldne Anden?« Aber ſchon hatte Sepperl einen zerknillten Theater¬ zettel aus ſeiner Angſtröhre hervorgeſucht und auf den Rankingnen glatt geſtrichen … und ich glaubte, ich ſollte ſterben vor Lachen, als ich las: »Das Feſt in Kenil¬ worth …« Aber dann jubelte ich auf: »Eliſabeth — Amalie Wolff — als zweite Gaſtrolle … Sieh, Mütterchen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/282
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/282>, abgerufen am 18.05.2024.