strahlte, wogte auf den sauberen Straßen. Fiakers und prächtige Equipagen rollten vorüber und elegante, kecke Reiter steuerten durch das Gewühl ... Das war ein so frohmüthiges Lachen und Plaudern und Grüßen und Winken um unsere landstraßenstaubige und auch schon recht landstraßenmüde Kutsche, wie ich's noch nie gesehen hatte. Und ich wurde bald selber fröhlich mit den Fröhlichen und sorglos mit dem lieben närrischen, sorg¬ losen Völkchen um mich her -- -- und doch fuhr ich dem verhängnißvollsten aller Gastspiele entgegen: an dem stolzen, in der ganzen Bühnenwelt tonangebenden Burg¬ theater! Und zuletzt summte ich gar in das bienenfröhliche Summen hinein, -- aus Holtei's köstlichen "Wienern in Berlin", -- das Lied, mit dem Amalie Neumann 1824 die Berliner im Sturm eroberte:
"Es giebt nur a Kaiserstadt, 's giebt nur a Wien ..."
Auch die Mutter lächelte in der Wagenecke wie der sonnige Frühlingstag, und unsere gute Laune wurde nicht mal getrübt, als wir von einem Gasthof zum andern fahren mußten und überall die Antwort bekamen: "Kein Platz mehr!"
"Nun, Ihro Gnaden, da fahren mer in die "golden Anden", sagte der Postillon, "da ist sicher noch Platz, und a paar Tage wird's dort halt schon geh'n!"
"Goldene Anden", sagte ich verwundert, "was ist das für ein Ding?"
ſtrahlte, wogte auf den ſauberen Straßen. Fiakers und prächtige Equipagen rollten vorüber und elegante, kecke Reiter ſteuerten durch das Gewühl … Das war ein ſo frohmüthiges Lachen und Plaudern und Grüßen und Winken um unſere landſtraßenſtaubige und auch ſchon recht landſtraßenmüde Kutſche, wie ich's noch nie geſehen hatte. Und ich wurde bald ſelber fröhlich mit den Fröhlichen und ſorglos mit dem lieben närriſchen, ſorg¬ loſen Völkchen um mich her — — und doch fuhr ich dem verhängnißvollſten aller Gaſtſpiele entgegen: an dem ſtolzen, in der ganzen Bühnenwelt tonangebenden Burg¬ theater! Und zuletzt ſummte ich gar in das bienenfröhliche Summen hinein, — aus Holtei's köſtlichen »Wienern in Berlin«, — das Lied, mit dem Amalie Neumann 1824 die Berliner im Sturm eroberte:
»Es giebt nur a Kaiſerſtadt, 's giebt nur a Wien …«
Auch die Mutter lächelte in der Wagenecke wie der ſonnige Frühlingstag, und unſere gute Laune wurde nicht mal getrübt, als wir von einem Gaſthof zum andern fahren mußten und überall die Antwort bekamen: »Kein Platz mehr!«
»Nun, Ihro Gnaden, da fahren mer in die »golden Anden«, ſagte der Poſtillon, »da iſt ſicher noch Platz, und a paar Tage wird's dort halt ſchon geh'n!«
»Goldene Anden«, ſagte ich verwundert, »was iſt das für ein Ding?«
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ſtrahlte, wogte auf den ſauberen Straßen. Fiakers und
prächtige Equipagen rollten vorüber und elegante, kecke
Reiter ſteuerten durch das Gewühl … Das war ein ſo
frohmüthiges Lachen und Plaudern und Grüßen und
Winken um unſere landſtraßenſtaubige und auch ſchon
recht landſtraßenmüde Kutſche, wie ich's noch nie geſehen
hatte. Und ich wurde bald ſelber fröhlich mit den
Fröhlichen und ſorglos mit dem lieben närriſchen, ſorg¬
loſen Völkchen um mich her — — und doch fuhr ich
dem verhängnißvollſten aller Gaſtſpiele entgegen: an dem
ſtolzen, in der ganzen Bühnenwelt tonangebenden Burg¬
theater! Und zuletzt ſummte ich gar in das bienenfröhliche
Summen hinein, — aus Holtei's köſtlichen »Wienern in
Berlin«, — das Lied, mit dem Amalie Neumann 1824
die Berliner im Sturm eroberte:
»Es giebt nur a Kaiſerſtadt,
's giebt nur a Wien …«
Auch die Mutter lächelte in der Wagenecke wie der
ſonnige Frühlingstag, und unſere gute Laune wurde
nicht mal getrübt, als wir von einem Gaſthof zum
andern fahren mußten und überall die Antwort bekamen:
»Kein Platz mehr!«
»Nun, Ihro Gnaden, da fahren mer in die
»golden Anden«, ſagte der Poſtillon, »da iſt ſicher
noch Platz, und a paar Tage wird's dort halt ſchon
geh'n!«
»Goldene Anden«, ſagte ich verwundert, »was iſt
das für ein Ding?«
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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