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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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anmuthig aus. Ihr von mir am meisten bewundertes
Haar hat jenen bezaubernden röthlich goldenen Reflex,
wie auf vielen alten Heiligenbildern der italienischen
Maler. Es ist so üppig, daß sie es nur dicht geflochten
tragen kann, gleich einem Diadem um den Kopf ge¬
wunden. Auf meine unverhohlene Bewunderung sagte
sie: "Und doch ist mir die Haarfülle eine große Last
und macht mir oft Kopfschmerzen, so daß ich die Flechten
lösen muß!" Auf meine Bitte, sich mir doch einmal so
zu zeigen, ließ sie, wie ein junges Mädchen erröthend,
die Prachthaare niederwallen -- der schönste Goldschleier,
den ich je gesehen. Denke Dir dazu: feine Züge, aus¬
drucksvolle blaue Augen, lieblichen Mund, herrlichen Hals
und Arme, schmale Kinderhändchen, Cendrillonfüße ...
und die deutsche Rinon de Lenclos steht vor Dir, --
aber eine edle Rinon, mit allen häuslichen Tugenden
geschmückt!

Madame Schröckh spielt das ältere Fach, die Tante
im Bräutigam aus Mexiko, auch dann und wann Lieb¬
lingsrollen, wie die "Eifersüchtige Frau", von Alexander
Wolff vortrefflich unterstützt. Der poetische Romeo,
Fernando, der brillante Don Cäsar -- hat sich hier
plötzlich und wie durch Zauber in den -- einfältigsten
Pantoffelmann verwandelt. Die Szene des Revoltirens,
wo er in komischer Verzweiflung ausruft: "Auch ich will
einmal Austern essen!" -- und dabei mit gleichen Füßen
den kühnsten Luftsprung vollführt, erregte die unge¬
heuerste Heiterkeit, -- aber ich, die ich doch sonst so

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anmuthig aus. Ihr von mir am meiſten bewundertes
Haar hat jenen bezaubernden röthlich goldenen Reflex,
wie auf vielen alten Heiligenbildern der italieniſchen
Maler. Es iſt ſo üppig, daß ſie es nur dicht geflochten
tragen kann, gleich einem Diadem um den Kopf ge¬
wunden. Auf meine unverhohlene Bewunderung ſagte
ſie: »Und doch iſt mir die Haarfülle eine große Laſt
und macht mir oft Kopfſchmerzen, ſo daß ich die Flechten
löſen muß!« Auf meine Bitte, ſich mir doch einmal ſo
zu zeigen, ließ ſie, wie ein junges Mädchen erröthend,
die Prachthaare niederwallen — der ſchönſte Goldſchleier,
den ich je geſehen. Denke Dir dazu: feine Züge, aus¬
drucksvolle blaue Augen, lieblichen Mund, herrlichen Hals
und Arme, ſchmale Kinderhändchen, Cendrillonfüße …
und die deutſche Rinon de Lenclos ſteht vor Dir, —
aber eine edle Rinon, mit allen häuslichen Tugenden
geſchmückt!

Madame Schröckh ſpielt das ältere Fach, die Tante
im Bräutigam aus Mexiko, auch dann und wann Lieb¬
lingsrollen, wie die »Eiferſüchtige Frau«, von Alexander
Wolff vortrefflich unterſtützt. Der poetiſche Romeo,
Fernando, der brillante Don Cäſar — hat ſich hier
plötzlich und wie durch Zauber in den — einfältigſten
Pantoffelmann verwandelt. Die Szene des Revoltirens,
wo er in komiſcher Verzweiflung ausruft: »Auch ich will
einmal Auſtern eſſen!« — und dabei mit gleichen Füßen
den kühnſten Luftſprung vollführt, erregte die unge¬
heuerſte Heiterkeit, — aber ich, die ich doch ſonſt ſo

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[83/0111] anmuthig aus. Ihr von mir am meiſten bewundertes Haar hat jenen bezaubernden röthlich goldenen Reflex, wie auf vielen alten Heiligenbildern der italieniſchen Maler. Es iſt ſo üppig, daß ſie es nur dicht geflochten tragen kann, gleich einem Diadem um den Kopf ge¬ wunden. Auf meine unverhohlene Bewunderung ſagte ſie: »Und doch iſt mir die Haarfülle eine große Laſt und macht mir oft Kopfſchmerzen, ſo daß ich die Flechten löſen muß!« Auf meine Bitte, ſich mir doch einmal ſo zu zeigen, ließ ſie, wie ein junges Mädchen erröthend, die Prachthaare niederwallen — der ſchönſte Goldſchleier, den ich je geſehen. Denke Dir dazu: feine Züge, aus¬ drucksvolle blaue Augen, lieblichen Mund, herrlichen Hals und Arme, ſchmale Kinderhändchen, Cendrillonfüße … und die deutſche Rinon de Lenclos ſteht vor Dir, — aber eine edle Rinon, mit allen häuslichen Tugenden geſchmückt! Madame Schröckh ſpielt das ältere Fach, die Tante im Bräutigam aus Mexiko, auch dann und wann Lieb¬ lingsrollen, wie die »Eiferſüchtige Frau«, von Alexander Wolff vortrefflich unterſtützt. Der poetiſche Romeo, Fernando, der brillante Don Cäſar — hat ſich hier plötzlich und wie durch Zauber in den — einfältigſten Pantoffelmann verwandelt. Die Szene des Revoltirens, wo er in komiſcher Verzweiflung ausruft: »Auch ich will einmal Auſtern eſſen!« — und dabei mit gleichen Füßen den kühnſten Luftſprung vollführt, erregte die unge¬ heuerſte Heiterkeit, — aber ich, die ich doch ſonſt ſo 6 *

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/111>, abgerufen am 22.11.2024.