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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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Führer constituirten Stammes gelten (unter Fortführung
seiner Legenden durch die Scalden*).

Wenn dann im Laufe der Wanderungen solche Einzeln-
horden wieder zusammentreffend, sich zu gemeinsamen Horden
neu verschmelzen, werden die bereits der Geltung einer Häupt-
lingswürde angenäherten Autoritäten in jedem Specialfall aufs
Neue, in gegenseitiger Compensation, sich miteinander ab-
gleichen zu jenem früheren Altenrath, der, falls drohender
Krieg keinen Herzog ex virtute verlangt, genügen mag, aber
der bereits mit der Macht des Geheimnissvollen eingreifende
Privatcult des particularen Schutzgeistes wird, seit einmal
adoptirt, nun auch verbleiben, und, sofern noch nicht durch-
gehend vorhanden, Nachahmungen anregen, in allen (durch
irgend ein Band zusammengehaltenen) Kreisungen der Horde,
so dass deren primär gegebene Gleichartigkeit sich jetzt erst
wieder aus Theilstücken herzustellen hat.

Nachdem bei den Kurnai durch den Botenherold als
Lewinda-Jerra-alla die betheiligten Stämme zur Jerrail (Ein-
weihung) zusammengerufen sind, und jeder Knabe, dem ein
Mädchen (als Krau-un) zur Schwester gegeben war, durch
die aus dem Walde herbeigekommenen Männer (unter Weg-
nehmung von der Mutter) in die Reihen jener (und das
Geheimniss des Turndun oder Schwirrholzes) aufgenommen
ist, bleiben die in dieser Ceremonie gemeinsam**) reci-
pirten Jünglinge dann auch später im Lager in besonderer
Abtheilung zusammen wohnen, sie bilden also mit einander
eine Genossenschaft, die sich zugleich im Besondern auch (bei

*) Die Jaga-Bhats wandern bei den Rajputen-Stämmen (für Heirathen,
Genealogienführung u. s. w.), während die Birm-Bhats (Brahma-Bhat oder
Badi) in den Städten wohnen (und gemiethet werden) unter den Bhat
(Dasaundhi oder Bharata) am Ganges (unter den Charon-Bhat in Rajpu-
tana). Und so in Polynesien.
**) Ist der Knabe oder Wot-wotti durch Tut nurring (im Walde) zur
Jerra-eil aufgestiegen, campiren alle Jünglinge (brewit) der Ceremonie
fortan als Brüder zusammen (bei den Kurnai).
Bastian Völkergedanke. 7

Führer constituirten Stammes gelten (unter Fortführung
seiner Legenden durch die Scalden*).

Wenn dann im Laufe der Wanderungen solche Einzeln-
horden wieder zusammentreffend, sich zu gemeinsamen Horden
neu verschmelzen, werden die bereits der Geltung einer Häupt-
lingswürde angenäherten Autoritäten in jedem Specialfall aufs
Neue, in gegenseitiger Compensation, sich miteinander ab-
gleichen zu jenem früheren Altenrath, der, falls drohender
Krieg keinen Herzog ex virtute verlangt, genügen mag, aber
der bereits mit der Macht des Geheimnissvollen eingreifende
Privatcult des particularen Schutzgeistes wird, seit einmal
adoptirt, nun auch verbleiben, und, sofern noch nicht durch-
gehend vorhanden, Nachahmungen anregen, in allen (durch
irgend ein Band zusammengehaltenen) Kreisungen der Horde,
so dass deren primär gegebene Gleichartigkeit sich jetzt erst
wieder aus Theilstücken herzustellen hat.

Nachdem bei den Kurnai durch den Botenherold als
Lewinda-Jerra-alla die betheiligten Stämme zur Jerrail (Ein-
weihung) zusammengerufen sind, und jeder Knabe, dem ein
Mädchen (als Krau-un) zur Schwester gegeben war, durch
die aus dem Walde herbeigekommenen Männer (unter Weg-
nehmung von der Mutter) in die Reihen jener (und das
Geheimniss des Turndun oder Schwirrholzes) aufgenommen
ist, bleiben die in dieser Ceremonie gemeinsam**) reci-
pirten Jünglinge dann auch später im Lager in besonderer
Abtheilung zusammen wohnen, sie bilden also mit einander
eine Genossenschaft, die sich zugleich im Besondern auch (bei

*) Die Jaga-Bhats wandern bei den Rajputen-Stämmen (für Heirathen,
Genealogienführung u. s. w.), während die Birm-Bhats (Brahma-Bhat oder
Badi) in den Städten wohnen (und gemiethet werden) unter den Bhat
(Dasaundhi oder Bharata) am Ganges (unter den Charon-Bhat in Rajpu-
tana). Und so in Polynesien.
**) Ist der Knabe oder Wot-wotti durch Tut nurring (im Walde) zur
Jerra-eil aufgestiegen, campiren alle Jünglinge (brewit) der Ceremonie
fortan als Brüder zusammen (bei den Kurnai).
Bastian Völkergedanke. 7
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[97/0131] Führer constituirten Stammes gelten (unter Fortführung seiner Legenden durch die Scalden *). Wenn dann im Laufe der Wanderungen solche Einzeln- horden wieder zusammentreffend, sich zu gemeinsamen Horden neu verschmelzen, werden die bereits der Geltung einer Häupt- lingswürde angenäherten Autoritäten in jedem Specialfall aufs Neue, in gegenseitiger Compensation, sich miteinander ab- gleichen zu jenem früheren Altenrath, der, falls drohender Krieg keinen Herzog ex virtute verlangt, genügen mag, aber der bereits mit der Macht des Geheimnissvollen eingreifende Privatcult des particularen Schutzgeistes wird, seit einmal adoptirt, nun auch verbleiben, und, sofern noch nicht durch- gehend vorhanden, Nachahmungen anregen, in allen (durch irgend ein Band zusammengehaltenen) Kreisungen der Horde, so dass deren primär gegebene Gleichartigkeit sich jetzt erst wieder aus Theilstücken herzustellen hat. Nachdem bei den Kurnai durch den Botenherold als Lewinda-Jerra-alla die betheiligten Stämme zur Jerrail (Ein- weihung) zusammengerufen sind, und jeder Knabe, dem ein Mädchen (als Krau-un) zur Schwester gegeben war, durch die aus dem Walde herbeigekommenen Männer (unter Weg- nehmung von der Mutter) in die Reihen jener (und das Geheimniss des Turndun oder Schwirrholzes) aufgenommen ist, bleiben die in dieser Ceremonie gemeinsam **) reci- pirten Jünglinge dann auch später im Lager in besonderer Abtheilung zusammen wohnen, sie bilden also mit einander eine Genossenschaft, die sich zugleich im Besondern auch (bei *) Die Jaga-Bhats wandern bei den Rajputen-Stämmen (für Heirathen, Genealogienführung u. s. w.), während die Birm-Bhats (Brahma-Bhat oder Badi) in den Städten wohnen (und gemiethet werden) unter den Bhat (Dasaundhi oder Bharata) am Ganges (unter den Charon-Bhat in Rajpu- tana). Und so in Polynesien. **) Ist der Knabe oder Wot-wotti durch Tut nurring (im Walde) zur Jerra-eil aufgestiegen, campiren alle Jünglinge (brewit) der Ceremonie fortan als Brüder zusammen (bei den Kurnai). Bastian Völkergedanke. 7

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/131>, abgerufen am 08.10.2024.