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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Das Fünffte Buch.
net/ oder auch wol verachtet leben sol. Wehe nur!
was weiß ich/ ob jhr euch an jetzo nicht eben so sehr
beklaget? wie wann jhr vberfallen lieget von dem
Schmertzen den jhr fühlet/ vnd in dem jhr mich zu
seyn vermeinet? wie wann jhr vber dieses alles förch-
tet/ daß ich mich mehr vber euch als vber das Glück
erzürne/ vnd die Schuldt euch zumesse/ welche dem
Verhängniß zuzuschreiben ist? O glückselige Leu-
te/ deren Heyrath entweder geschwinden Fortgang
hat/ oder die durch einen schnellen Todt der Götter
Vnbarmhertzigkeit vnd jhrem Elendt entgehen!

Wie sie ohngefehr in diesem klagen war/ vnd Go-
brias etliche Tage sich bey Hofe auffgehalten/ sagte
jhr Arsidas an/ daß der frembde Gallier sie mit
Purpur/ der in seinem Lande gefärbet worden/ be-
schencken wolte. Die Princessin weigerte sich nicht
die Verehrung anzuschawen/ vnd merckte gleich-
samb allbereit/ Gobrias würde diese Bequemigkeit
sich mit jhr zubereden gesucht haben/ vnd mehr mit
sich bringen/ als Eurimedes glaubte. Wie derwegen
Gobrias hinein kommen/ vnd die edele Wahr so die
Tyrischen selbst vbertraff/ außgebreitet hatte/ ver-
mochte Argenis das was gezeiget wurde kaum zuse-
hen; redte nicht recht bescheiden/ vnd gab auff der an-
dern Wort keine Achtung. Also hatte jhr das forcht-
same Verlangen etwas vom Poliarchus zu hören
alle Sinne hinweg genommen. Es mangelte nicht
viel/ daß sie den vnbekandten Menschen nicht zum
ersten fragte. Gobrias aber tratt nahe zu jhr/ vnd als

er sahe/

Das Fuͤnffte Buch.
net/ oder auch wol verachtet leben ſol. Wehe nur!
was weiß ich/ ob jhr euch an jetzo nicht eben ſo ſehr
beklaget? wie wann jhr vberfallen lieget von dem
Schmertzen den jhr fuͤhlet/ vnd in dem jhr mich zu
ſeyn vermeinet? wie wann jhr vber dieſes alles foͤrch-
tet/ daß ich mich mehr vber euch als vber das Gluͤck
erzuͤrne/ vnd die Schuldt euch zumeſſe/ welche dem
Verhaͤngniß zuzuſchreiben iſt? O gluͤckſelige Leu-
te/ deren Heyrath entweder geſchwinden Fortgang
hat/ oder die durch einen ſchnellen Todt der Goͤtter
Vnbarmhertzigkeit vnd jhrem Elendt entgehen!

Wie ſie ohngefehr in dieſem klagen war/ vnd Go-
brias etliche Tage ſich bey Hofe auffgehalten/ ſagte
jhr Arſidas an/ daß der frembde Gallier ſie mit
Purpur/ der in ſeinem Lande gefaͤrbet worden/ be-
ſchencken wolte. Die Princeſſin weigerte ſich nicht
die Verehrung anzuſchawen/ vnd merckte gleich-
ſamb allbereit/ Gobrias wuͤrde dieſe Bequemigkeit
ſich mit jhr zubereden geſucht haben/ vnd mehr mit
ſich bringen/ als Eurimedes glaubte. Wie derwegen
Gobrias hinein kommen/ vnd die edele Wahr ſo die
Tyriſchen ſelbſt vbertraff/ außgebreitet hatte/ ver-
mochte Argenis das was gezeiget wurde kaum zuſe-
hen; redte nicht recht beſcheiden/ vnd gab auff der an-
dern Wort keine Achtung. Alſo hatte jhr das forcht-
ſame Verlangen etwas vom Poliarchus zu hoͤren
alle Sinne hinweg genommen. Es mangelte nicht
viel/ daß ſie den vnbekandten Menſchen nicht zum
erſten fragte. Gobrias aber tratt nahe zu jhr/ vnd als

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[877/0921] Das Fuͤnffte Buch. net/ oder auch wol verachtet leben ſol. Wehe nur! was weiß ich/ ob jhr euch an jetzo nicht eben ſo ſehr beklaget? wie wann jhr vberfallen lieget von dem Schmertzen den jhr fuͤhlet/ vnd in dem jhr mich zu ſeyn vermeinet? wie wann jhr vber dieſes alles foͤrch- tet/ daß ich mich mehr vber euch als vber das Gluͤck erzuͤrne/ vnd die Schuldt euch zumeſſe/ welche dem Verhaͤngniß zuzuſchreiben iſt? O gluͤckſelige Leu- te/ deren Heyrath entweder geſchwinden Fortgang hat/ oder die durch einen ſchnellen Todt der Goͤtter Vnbarmhertzigkeit vnd jhrem Elendt entgehen! Wie ſie ohngefehr in dieſem klagen war/ vnd Go- brias etliche Tage ſich bey Hofe auffgehalten/ ſagte jhr Arſidas an/ daß der frembde Gallier ſie mit Purpur/ der in ſeinem Lande gefaͤrbet worden/ be- ſchencken wolte. Die Princeſſin weigerte ſich nicht die Verehrung anzuſchawen/ vnd merckte gleich- ſamb allbereit/ Gobrias wuͤrde dieſe Bequemigkeit ſich mit jhr zubereden geſucht haben/ vnd mehr mit ſich bringen/ als Eurimedes glaubte. Wie derwegen Gobrias hinein kommen/ vnd die edele Wahr ſo die Tyriſchen ſelbſt vbertraff/ außgebreitet hatte/ ver- mochte Argenis das was gezeiget wurde kaum zuſe- hen; redte nicht recht beſcheiden/ vnd gab auff der an- dern Wort keine Achtung. Alſo hatte jhr das forcht- ſame Verlangen etwas vom Poliarchus zu hoͤren alle Sinne hinweg genommen. Es mangelte nicht viel/ daß ſie den vnbekandten Menſchen nicht zum erſten fragte. Gobrias aber tratt nahe zu jhr/ vnd als er ſahe/

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 877. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/921>, abgerufen am 23.11.2024.