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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Das Fünffte Buch.
Selenissen were entdeckt worden. Wiewol er nun
voll von trübseligen Gedancken war/ vnd seinem
Kummer mit vielem Nachsinnen gar zu sehr ver-
hieng/ so machte jhm doch Meleander noch Hoff-
nung/ der jhm sehr wol wolte/ vnd die Heyrath selbst
angetragen hatte. Was findete aber Argenis an jhm
zu tadeln? oder vielmehr/ wer mußte jhr doch sonst
besser gefallen? Niemandt als Poliarchus. Wann
mir das Verhängniß/ sagte er/ jhn doch einmal vn-
ter Augen brächte; wie viel lieber wil ich jhn als den
Radirobanes selber mit dieser Hand vnd diesem De-
gen zugleich von seiner Liebe vnd Leben bringen? Er
verdienet auch durch meinen Haß zusterben/ ange-
sehen daß er mir/ vnd der Princessin selber so viel
Kummer macht. Wann er sie nicht bezaubert hette/
würde ja ich sie beugen/ der ich so fürnehmen Ge-
schlechts vnd ein Herr eines solchen Königreiches
bin; der ich durch so viel Anzeigungen meine Liebe/
ja meine ritterliche Stärcke (wie ich stillschweigendt
gegen mir sagen darff) zu erkennen gegeben habe.
Wo sol ich jhn aber herfür suchen/ der seines schlech-
ten Wesens halben vnbekandt vnd sicher ist? wo sol
ich jhn verfolgen? wann er sich deren Hoffnung/ die
er jhm vngebürlich eingebildet hat/ nicht zugeringe
hielte/ er würde so lange nicht aussen seyn/ oder al-
lenthalben verborgen liegen/ vnd sich Meleandern
nicht zu erkennen geben. Wie vnglückselig bin ich!
wann er mir gleich auffstiesse/ vnd ich meinen Zorn
vber jhn außzugiessen Fug hette: so möchte ich wol

eben
J i i v

Das Fuͤnffte Buch.
Seleniſſen were entdeckt worden. Wiewol er nun
voll von truͤbſeligen Gedancken war/ vnd ſeinem
Kummer mit vielem Nachſinnen gar zu ſehr ver-
hieng/ ſo machte jhm doch Meleander noch Hoff-
nung/ der jhm ſehr wol wolte/ vnd die Heyrath ſelbſt
angetragen hatte. Was findete aber Argenis an jhm
zu tadeln? oder vielmehr/ wer mußte jhr doch ſonſt
beſſer gefallen? Niemandt als Poliarchus. Wann
mir das Verhaͤngniß/ ſagte er/ jhn doch einmal vn-
ter Augen braͤchte; wie viel lieber wil ich jhn als den
Radirobanes ſelber mit dieſer Hand vnd dieſem De-
gen zugleich von ſeiner Liebe vnd Leben bringen? Er
verdienet auch durch meinen Haß zuſterben/ ange-
ſehen daß er mir/ vnd der Princeſſin ſelber ſo viel
Kummer macht. Wann er ſie nicht bezaubert hette/
wuͤrde ja ich ſie beugen/ der ich ſo fuͤrnehmen Ge-
ſchlechts vnd ein Herꝛ eines ſolchen Koͤnigreiches
bin; der ich durch ſo viel Anzeigungen meine Liebe/
ja meine ritterliche Staͤrcke (wie ich ſtillſchweigendt
gegen mir ſagen darff) zu erkennen gegeben habe.
Wo ſol ich jhn aber herfuͤr ſuchen/ der ſeines ſchlech-
ten Weſens halben vnbekandt vnd ſicher iſt? wo ſol
ich jhn verfolgen? wann er ſich deren Hoffnung/ die
er jhm vngebuͤrlich eingebildet hat/ nicht zugeringe
hielte/ er wuͤrde ſo lange nicht auſſen ſeyn/ oder al-
lenthalben verborgen liegen/ vnd ſich Meleandern
nicht zu erkennen geben. Wie vngluͤckſelig bin ich!
wann er mir gleich auffſtieſſe/ vnd ich meinen Zorn
vber jhn außzugieſſen Fug hette: ſo moͤchte ich wol

eben
J i i v
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[873/0917] Das Fuͤnffte Buch. Seleniſſen were entdeckt worden. Wiewol er nun voll von truͤbſeligen Gedancken war/ vnd ſeinem Kummer mit vielem Nachſinnen gar zu ſehr ver- hieng/ ſo machte jhm doch Meleander noch Hoff- nung/ der jhm ſehr wol wolte/ vnd die Heyrath ſelbſt angetragen hatte. Was findete aber Argenis an jhm zu tadeln? oder vielmehr/ wer mußte jhr doch ſonſt beſſer gefallen? Niemandt als Poliarchus. Wann mir das Verhaͤngniß/ ſagte er/ jhn doch einmal vn- ter Augen braͤchte; wie viel lieber wil ich jhn als den Radirobanes ſelber mit dieſer Hand vnd dieſem De- gen zugleich von ſeiner Liebe vnd Leben bringen? Er verdienet auch durch meinen Haß zuſterben/ ange- ſehen daß er mir/ vnd der Princeſſin ſelber ſo viel Kummer macht. Wann er ſie nicht bezaubert hette/ wuͤrde ja ich ſie beugen/ der ich ſo fuͤrnehmen Ge- ſchlechts vnd ein Herꝛ eines ſolchen Koͤnigreiches bin; der ich durch ſo viel Anzeigungen meine Liebe/ ja meine ritterliche Staͤrcke (wie ich ſtillſchweigendt gegen mir ſagen darff) zu erkennen gegeben habe. Wo ſol ich jhn aber herfuͤr ſuchen/ der ſeines ſchlech- ten Weſens halben vnbekandt vnd ſicher iſt? wo ſol ich jhn verfolgen? wann er ſich deren Hoffnung/ die er jhm vngebuͤrlich eingebildet hat/ nicht zugeringe hielte/ er wuͤrde ſo lange nicht auſſen ſeyn/ oder al- lenthalben verborgen liegen/ vnd ſich Meleandern nicht zu erkennen geben. Wie vngluͤckſelig bin ich! wann er mir gleich auffſtieſſe/ vnd ich meinen Zorn vber jhn außzugieſſen Fug hette: ſo moͤchte ich wol eben J i i v

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 873. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/917>, abgerufen am 23.11.2024.