Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Fünffte Buch.
ster verborgen oder gering sindt/ oder der Gesandte
selber daran zweifelt? Sol er mit verhaßter Angeb-
ung deß obristen Secretarien guten Namen beley-
digen/ vnd Leute anstifften die jhn beym König an-
geben? Es köndte keine Sach ruhig/ kein solches
Ampt sicher seyn. Vnd ein Gesandter würde offt-
mals nicht so sehr auff seine schuldige Pflicht als
auff diese Freundschafft sehen. Wann auch schon der
Secretar ein auffrichtiger Mann/ vnd dennoch wie
offtmals geschiehet/ mit dem Gesandten/ der dem
König sein Gutbedüncken offenbahren wil/ wegen
vollführung der Sachen nicht einer Meinung ist;
wie kan es recht fürgebracht werden/ weil er durch
diesen allein dem König seine Gedancken zuwissen
macht? Dann der Secretar wirdt nicht wider sich
selbst reden; wirdt nicht nachlassen seine Meinung
zubehaupten/ wirdt das was wider jhn ist nicht ver-
fechten: sondern geneigter seyn den Gesandten zuhas-
sen/ als sein Gutachten dem Fürsten zu offenbaren.

Meleander/ als jhm Timomdes da er zum we-
nigsten darauff gedachte/ dieses zu Gemüth führete/
fieng er an Mittel wider solche Gefahr gäntzlich zu
suchen. Cleobulus zwar war von solcher Tugendt/
daß man sich von jhm nichts arges zubesorgen hat-
te. Könige aber sollen nicht allein das gemeine We-
sen für sich/ sondern auch für jhre Nachkommenen
versichern. Vnd es ist thörlich gehandelt/ wann man
eines einigen Menschens Auffrichtigkeit so sehr eh-
ret/ daß man einem offentlichen Ampt/ welches er

verwal-
J i i ij

Das Fuͤnffte Buch.
ſter verborgen oder gering ſindt/ oder der Geſandte
ſelber daran zweifelt? Sol er mit verhaßter Angeb-
ung deß obriſten Secretarien guten Namen beley-
digen/ vnd Leute anſtifften die jhn beym Koͤnig an-
geben? Es koͤndte keine Sach ruhig/ kein ſolches
Ampt ſicher ſeyn. Vnd ein Geſandter wuͤrde offt-
mals nicht ſo ſehr auff ſeine ſchuldige Pflicht als
auff dieſe Freundſchafft ſehen. Wañ auch ſchon der
Secretar ein auffrichtiger Mann/ vnd dennoch wie
offtmals geſchiehet/ mit dem Geſandten/ der dem
Koͤnig ſein Gutbeduͤncken offenbahren wil/ wegen
vollfuͤhrung der Sachen nicht einer Meinung iſt;
wie kan es recht fuͤrgebracht werden/ weil er durch
dieſen allein dem Koͤnig ſeine Gedancken zuwiſſen
macht? Dann der Secretar wirdt nicht wider ſich
ſelbſt reden; wirdt nicht nachlaſſen ſeine Meinung
zubehaupten/ wirdt das was wider jhn iſt nicht ver-
fechten: ſondern geneigter ſeyn den Geſandtẽ zuhaſ-
ſen/ als ſein Gutachten dem Fuͤrſten zu offenbaren.

Meleander/ als jhm Timomdes da er zum we-
nigſten darauff gedachte/ dieſes zu Gemuͤth fuͤhrete/
fieng er an Mittel wider ſolche Gefahr gaͤntzlich zu
ſuchen. Cleobulus zwar war von ſolcher Tugendt/
daß man ſich von jhm nichts arges zubeſorgen hat-
te. Koͤnige aber ſollen nicht allein das gemeine We-
ſen fuͤr ſich/ ſondern auch fuͤr jhre Nachkommenen
verſichern. Vnd es iſt thoͤrlich gehandelt/ wann man
eines einigen Menſchens Auffrichtigkeit ſo ſehr eh-
ret/ daß man einem offentlichen Ampt/ welches er

verwal-
J i i ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0911" n="867"/><fw place="top" type="header">Das Fu&#x0364;nffte Buch.</fw><lb/>
&#x017F;ter verborgen oder gering &#x017F;indt/ oder der Ge&#x017F;andte<lb/>
&#x017F;elber daran zweifelt? Sol er mit verhaßter Angeb-<lb/>
ung deß obri&#x017F;ten Secretarien guten Namen beley-<lb/>
digen/ vnd Leute an&#x017F;tifften die jhn beym Ko&#x0364;nig an-<lb/>
geben? Es ko&#x0364;ndte keine Sach ruhig/ kein &#x017F;olches<lb/>
Ampt &#x017F;icher &#x017F;eyn. Vnd ein Ge&#x017F;andter wu&#x0364;rde offt-<lb/>
mals nicht &#x017F;o &#x017F;ehr auff &#x017F;eine &#x017F;chuldige Pflicht als<lb/>
auff die&#x017F;e Freund&#x017F;chafft &#x017F;ehen. Wan&#x0303; auch &#x017F;chon der<lb/>
Secretar ein auffrichtiger Mann/ vnd dennoch wie<lb/>
offtmals ge&#x017F;chiehet/ mit dem Ge&#x017F;andten/ der dem<lb/>
Ko&#x0364;nig &#x017F;ein Gutbedu&#x0364;ncken offenbahren wil/ wegen<lb/>
vollfu&#x0364;hrung der Sachen nicht einer Meinung i&#x017F;t;<lb/>
wie kan es recht fu&#x0364;rgebracht werden/ weil er durch<lb/>
die&#x017F;en allein dem Ko&#x0364;nig &#x017F;eine Gedancken zuwi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
macht? Dann der Secretar wirdt nicht wider &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t reden; wirdt nicht nachla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eine Meinung<lb/>
zubehaupten/ wirdt das was wider jhn i&#x017F;t nicht ver-<lb/>
fechten: &#x017F;ondern geneigter &#x017F;eyn den Ge&#x017F;andte&#x0303; zuha&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ als &#x017F;ein Gutachten dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu offenbaren.</p><lb/>
            <p>Meleander/ als jhm Timomdes da er zum we-<lb/>
nig&#x017F;ten darauff gedachte/ die&#x017F;es zu Gemu&#x0364;th fu&#x0364;hrete/<lb/>
fieng er an Mittel wider &#x017F;olche Gefahr ga&#x0364;ntzlich zu<lb/>
&#x017F;uchen. Cleobulus zwar war von &#x017F;olcher Tugendt/<lb/>
daß man &#x017F;ich von jhm nichts arges zube&#x017F;orgen hat-<lb/>
te. Ko&#x0364;nige aber &#x017F;ollen nicht allein das gemeine We-<lb/>
&#x017F;en fu&#x0364;r &#x017F;ich/ &#x017F;ondern auch fu&#x0364;r jhre Nachkommenen<lb/>
ver&#x017F;ichern. Vnd es i&#x017F;t tho&#x0364;rlich gehandelt/ wann man<lb/>
eines einigen Men&#x017F;chens Auffrichtigkeit &#x017F;o &#x017F;ehr eh-<lb/>
ret/ daß man einem offentlichen Ampt/ welches er<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J i i ij</fw><fw place="bottom" type="catch">verwal-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[867/0911] Das Fuͤnffte Buch. ſter verborgen oder gering ſindt/ oder der Geſandte ſelber daran zweifelt? Sol er mit verhaßter Angeb- ung deß obriſten Secretarien guten Namen beley- digen/ vnd Leute anſtifften die jhn beym Koͤnig an- geben? Es koͤndte keine Sach ruhig/ kein ſolches Ampt ſicher ſeyn. Vnd ein Geſandter wuͤrde offt- mals nicht ſo ſehr auff ſeine ſchuldige Pflicht als auff dieſe Freundſchafft ſehen. Wañ auch ſchon der Secretar ein auffrichtiger Mann/ vnd dennoch wie offtmals geſchiehet/ mit dem Geſandten/ der dem Koͤnig ſein Gutbeduͤncken offenbahren wil/ wegen vollfuͤhrung der Sachen nicht einer Meinung iſt; wie kan es recht fuͤrgebracht werden/ weil er durch dieſen allein dem Koͤnig ſeine Gedancken zuwiſſen macht? Dann der Secretar wirdt nicht wider ſich ſelbſt reden; wirdt nicht nachlaſſen ſeine Meinung zubehaupten/ wirdt das was wider jhn iſt nicht ver- fechten: ſondern geneigter ſeyn den Geſandtẽ zuhaſ- ſen/ als ſein Gutachten dem Fuͤrſten zu offenbaren. Meleander/ als jhm Timomdes da er zum we- nigſten darauff gedachte/ dieſes zu Gemuͤth fuͤhrete/ fieng er an Mittel wider ſolche Gefahr gaͤntzlich zu ſuchen. Cleobulus zwar war von ſolcher Tugendt/ daß man ſich von jhm nichts arges zubeſorgen hat- te. Koͤnige aber ſollen nicht allein das gemeine We- ſen fuͤr ſich/ ſondern auch fuͤr jhre Nachkommenen verſichern. Vnd es iſt thoͤrlich gehandelt/ wann man eines einigen Menſchens Auffrichtigkeit ſo ſehr eh- ret/ daß man einem offentlichen Ampt/ welches er verwal- J i i ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/911
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/911>, abgerufen am 23.11.2024.