Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Erste Buch.
den kan/ so erheben sich allerley Spaltungen mit
grösserer Freyheit; man tastet den König selber mit
Worten an/ vnd er muß vnter dem Namen eines
andern destoärger herhalten/ je mehr die/ welche sich
diß zuthun vnterstehen/ der Meinung seynd/ daß er
wegen Schwachheit vbermässiger Liebe das vn-
recht so jhme geschicht/ wenig fühle. Aber in betrach-
tung der Vnwissenheit der Menschen ist nichts mehr
zubeklagen/ als daß Könige vermeinen/ sie werden
jhrer grossen Beschenckung halben trewlicher gelie-
bet; da vielmehr/ wo zuvor in denen welche sie also
erheben/ eine auffrichtige Freundschafft gewesen ist/
dieselbe durch vnbedachtsame Freygebigkeit wider
wirdt außgeleschet. Dann solange solche der Könige
Freunde ein behägliches aber doch mässiges Glück
empfinden/ vnd gleichsam wie das schwache Epp-
hew eines Bawmes bedörffen an dem sie auffstei-
gen; so lange sindt sie sorgfeltig jhren herren zuerhal-
ten: entweder darumb weil sie von jhm hangen: oder
zum wenigsten/ weil sie von seinem Vntergange
keinen Nutzen zugewarten haben Wann jhr Stamm
aber schon so starck gewachsen ist/ daß sie durch
eigene Grösse standhafftig können bleiben/ so ent-
ziehen sie jhre Aeste gemach vnd gemach von dem
Baume an den sie sich gelehnet haben; damit wann
er fiele/ es jhnen ohne schaden were. Sie trennen jhr
Thun von deß Fürsten Wolfarth so baldt sie mö-
gen: vnd die Freundtschafft welche sie jhm schüldig
sindt erweisen sie jhnen selber. Dann sie wissen gar

wol/

Das Erſte Buch.
den kan/ ſo erheben ſich allerley Spaltungen mit
groͤſſerer Freyheit; man taſtet den Koͤnig ſelber mit
Worten an/ vnd er muß vnter dem Namen eines
andern deſtoaͤrger herhalten/ je mehr die/ welche ſich
diß zuthun vnterſtehen/ der Meinung ſeynd/ daß er
wegen Schwachheit vbermaͤſſiger Liebe das vn-
recht ſo jhme geſchicht/ wenig fuͤhle. Aber in betrach-
tung der Vnwiſſenheit der Menſchẽ iſt nichts mehr
zubeklagen/ als daß Koͤnige vermeinen/ ſie werden
jhrer groſſen Beſchenckung halben trewlicher gelie-
bet; da vielmehr/ wo zuvor in denen welche ſie alſo
erheben/ eine auffrichtige Freundſchafft geweſen iſt/
dieſelbe durch vnbedachtſame Freygebigkeit wider
wirdt außgeleſchet. Dann ſolange ſolche der Koͤnige
Freunde ein behaͤgliches aber doch maͤſſiges Gluͤck
empfinden/ vnd gleichſam wie das ſchwache Epp-
hew eines Bawmes bedoͤrffen an dem ſie auffſtei-
gen; ſo lange ſindt ſie ſorgfeltig jhren herꝛen zuerhal-
ten: entweder darumb weil ſie von jhm hangen: oder
zum wenigſten/ weil ſie von ſeinem Vntergange
keinen Nutzen zugewarten haben Wann jhr Stam̃
aber ſchon ſo ſtarck gewachſen iſt/ daß ſie durch
eigene Groͤſſe ſtandhafftig koͤnnen bleiben/ ſo ent-
ziehen ſie jhre Aeſte gemach vnd gemach von dem
Baume an den ſie ſich gelehnet haben; damit wann
er fiele/ es jhnen ohne ſchaden were. Sie trennen jhr
Thun von deß Fuͤrſten Wolfarth ſo baldt ſie moͤ-
gen: vnd die Freundtſchafft welche ſie jhm ſchuͤldig
ſindt erweiſen ſie jhnen ſelber. Dann ſie wiſſen gar

wol/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0089" n="45"/><fw place="top" type="header">Das Er&#x017F;te Buch.</fw><lb/>
den kan/ &#x017F;o erheben &#x017F;ich allerley Spaltungen mit<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Freyheit; man ta&#x017F;tet den Ko&#x0364;nig &#x017F;elber mit<lb/>
Worten an/ vnd er muß vnter dem Namen eines<lb/>
andern de&#x017F;toa&#x0364;rger herhalten/ je mehr die/ welche &#x017F;ich<lb/>
diß zuthun vnter&#x017F;tehen/ der Meinung &#x017F;eynd/ daß er<lb/>
wegen Schwachheit vberma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Liebe das vn-<lb/>
recht &#x017F;o jhme ge&#x017F;chicht/ wenig fu&#x0364;hle. Aber in betrach-<lb/>
tung der Vnwi&#x017F;&#x017F;enheit der Men&#x017F;che&#x0303; i&#x017F;t nichts mehr<lb/>
zubeklagen/ als daß Ko&#x0364;nige vermeinen/ &#x017F;ie werden<lb/>
jhrer gro&#x017F;&#x017F;en Be&#x017F;chenckung halben trewlicher gelie-<lb/>
bet; da vielmehr/ wo zuvor in denen welche &#x017F;ie al&#x017F;o<lb/>
erheben/ eine auffrichtige Freund&#x017F;chafft gewe&#x017F;en i&#x017F;t/<lb/>
die&#x017F;elbe durch vnbedacht&#x017F;ame Freygebigkeit wider<lb/>
wirdt außgele&#x017F;chet. Dann &#x017F;olange &#x017F;olche der Ko&#x0364;nige<lb/>
Freunde ein beha&#x0364;gliches aber doch ma&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges Glu&#x0364;ck<lb/>
empfinden/ vnd gleich&#x017F;am wie das &#x017F;chwache Epp-<lb/>
hew eines Bawmes bedo&#x0364;rffen an dem &#x017F;ie auff&#x017F;tei-<lb/>
gen; &#x017F;o lange &#x017F;indt &#x017F;ie &#x017F;orgfeltig jhren her&#xA75B;en zuerhal-<lb/>
ten: entweder darumb weil &#x017F;ie von jhm hangen: oder<lb/>
zum wenig&#x017F;ten/ weil &#x017F;ie von &#x017F;einem Vntergange<lb/>
keinen Nutzen zugewarten haben Wann jhr Stam&#x0303;<lb/>
aber &#x017F;chon &#x017F;o &#x017F;tarck gewach&#x017F;en i&#x017F;t/ daß &#x017F;ie durch<lb/>
eigene Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;tandhafftig ko&#x0364;nnen bleiben/ &#x017F;o ent-<lb/>
ziehen &#x017F;ie jhre Ae&#x017F;te gemach vnd gemach von dem<lb/>
Baume an den &#x017F;ie &#x017F;ich gelehnet haben; damit wann<lb/>
er fiele/ es jhnen ohne &#x017F;chaden were. Sie trennen jhr<lb/>
Thun von deß Fu&#x0364;r&#x017F;ten Wolfarth &#x017F;o baldt &#x017F;ie mo&#x0364;-<lb/>
gen: vnd die Freundt&#x017F;chafft welche &#x017F;ie jhm &#x017F;chu&#x0364;ldig<lb/>
&#x017F;indt erwei&#x017F;en &#x017F;ie jhnen &#x017F;elber. Dann &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en gar<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wol/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0089] Das Erſte Buch. den kan/ ſo erheben ſich allerley Spaltungen mit groͤſſerer Freyheit; man taſtet den Koͤnig ſelber mit Worten an/ vnd er muß vnter dem Namen eines andern deſtoaͤrger herhalten/ je mehr die/ welche ſich diß zuthun vnterſtehen/ der Meinung ſeynd/ daß er wegen Schwachheit vbermaͤſſiger Liebe das vn- recht ſo jhme geſchicht/ wenig fuͤhle. Aber in betrach- tung der Vnwiſſenheit der Menſchẽ iſt nichts mehr zubeklagen/ als daß Koͤnige vermeinen/ ſie werden jhrer groſſen Beſchenckung halben trewlicher gelie- bet; da vielmehr/ wo zuvor in denen welche ſie alſo erheben/ eine auffrichtige Freundſchafft geweſen iſt/ dieſelbe durch vnbedachtſame Freygebigkeit wider wirdt außgeleſchet. Dann ſolange ſolche der Koͤnige Freunde ein behaͤgliches aber doch maͤſſiges Gluͤck empfinden/ vnd gleichſam wie das ſchwache Epp- hew eines Bawmes bedoͤrffen an dem ſie auffſtei- gen; ſo lange ſindt ſie ſorgfeltig jhren herꝛen zuerhal- ten: entweder darumb weil ſie von jhm hangen: oder zum wenigſten/ weil ſie von ſeinem Vntergange keinen Nutzen zugewarten haben Wann jhr Stam̃ aber ſchon ſo ſtarck gewachſen iſt/ daß ſie durch eigene Groͤſſe ſtandhafftig koͤnnen bleiben/ ſo ent- ziehen ſie jhre Aeſte gemach vnd gemach von dem Baume an den ſie ſich gelehnet haben; damit wann er fiele/ es jhnen ohne ſchaden were. Sie trennen jhr Thun von deß Fuͤrſten Wolfarth ſo baldt ſie moͤ- gen: vnd die Freundtſchafft welche ſie jhm ſchuͤldig ſindt erweiſen ſie jhnen ſelber. Dann ſie wiſſen gar wol/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/89
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/89>, abgerufen am 25.11.2024.