Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das dritte Buch.
haben nach denen wir vns jetzundt richten. Nebenst
verfliessung der Zeiten/ sindt vnter dem Schein der
Billigkeit die Ding zu hülffe der Beklagten erfun-
den worden/ durch welche die Einfältigkeit der Ge-
setze vntergegangen ist; die Außflüchte nämlich/ die
Gegenantworten/ vnd verschiebunge auff viel Ta-
ge deren Sachen/ die auff einmal beygelegt werden
köndten. Weil aber diese Richtern vnd Advocaten
zustatten kommen/ so werden sie anjetzo mit hindan-
setzung deß Nutzens der Partheyen dermassen hei-
lig gehalten/ als ob die Bürger der Gerichte wegen/
vnd nicht die Gerichte der Bürger wegen seyn mü-
sten. Von diesen schneidet nun das jenige ab/ was
das Maß der rechten Zeit vberschreitet. Dann es
wirdt keine Sach mehr als sechs Monat zum auß-
arbeiten bedürffen; wo aber nach solcher Zeit noch
darüber Rath gehalten werden muß/ so ist es zum
wenigsten nützlicher daß man sich deß Gerichts gantz
entäussere. Ihr dürffet euch auch die Spitzfindig-
keit deß gar zuscharffen Rechtens nicht auffhalten
lassen. Schliesset von Grundt ewers Hertzens so
viel jhr bey euch befindet. Zuweilen sprecht jhr nicht
weniger vnbillich/ wann schon viel Jahr mit rech-
ten verflossen sindt; also daß die Warheit nicht so
sehr in der Zeit als im Fleisse bestehet.

Als er so redete/ kriegte jhn Meleander bey der
Hande; Wo leitet euch/ sagte er mit frölichem An-
gesichte/ ewere Hitze hin/ daß jhr mit Abwesenden

redet?
Oo iiij

Das dritte Buch.
haben nach denen wir vns jetzundt richten. Nebenſt
verflieſſung der Zeiten/ ſindt vnter dem Schein der
Billigkeit die Ding zu huͤlffe der Beklagten erfun-
den worden/ durch welche die Einfaͤltigkeit der Ge-
ſetze vntergegangen iſt; die Außfluͤchte naͤmlich/ die
Gegenantworten/ vnd verſchiebunge auff viel Ta-
ge deren Sachen/ die auff einmal beygelegt werden
koͤndten. Weil aber dieſe Richtern vnd Advocaten
zuſtatten kommen/ ſo werden ſie anjetzo mit hindan-
ſetzung deß Nutzens der Partheyen dermaſſen hei-
lig gehalten/ als ob die Buͤrger der Gerichte wegen/
vnd nicht die Gerichte der Buͤrger wegen ſeyn muͤ-
ſten. Von dieſen ſchneidet nun das jenige ab/ was
das Maß der rechten Zeit vberſchreitet. Dann es
wirdt keine Sach mehr als ſechs Monat zum auß-
arbeiten beduͤrffen; wo aber nach ſolcher Zeit noch
daruͤber Rath gehalten werden muß/ ſo iſt es zum
wenigſtẽ nuͤtzlicher daß man ſich deß Gerichts gantz
entaͤuſſere. Ihr duͤrffet euch auch die Spitzfindig-
keit deß gar zuſcharffen Rechtens nicht auffhalten
laſſen. Schlieſſet von Grundt ewers Hertzens ſo
viel jhr bey euch befindet. Zuweilen ſprecht jhr nicht
weniger vnbillich/ wann ſchon viel Jahr mit rech-
ten verfloſſen ſindt; alſo daß die Warheit nicht ſo
ſehr in der Zeit als im Fleiſſe beſtehet.

Als er ſo redete/ kriegte jhn Meleander bey der
Hande; Wo leitet euch/ ſagte er mit froͤlichem An-
geſichte/ ewere Hitze hin/ daß jhr mit Abweſenden

redet?
Oo iiij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0627" n="583"/><fw place="top" type="header">Das dritte Buch.</fw><lb/>
haben nach denen wir vns jetzundt richten. Neben&#x017F;t<lb/>
verflie&#x017F;&#x017F;ung der Zeiten/ &#x017F;indt vnter dem Schein der<lb/>
Billigkeit die Ding zu hu&#x0364;lffe der Beklagten erfun-<lb/>
den worden/ durch welche die Einfa&#x0364;ltigkeit der Ge-<lb/>
&#x017F;etze vntergegangen i&#x017F;t; die Außflu&#x0364;chte na&#x0364;mlich/ die<lb/>
Gegenantworten/ vnd ver&#x017F;chiebunge auff viel Ta-<lb/>
ge deren Sachen/ die auff einmal beygelegt werden<lb/>
ko&#x0364;ndten. Weil aber die&#x017F;e Richtern vnd Advocaten<lb/>
zu&#x017F;tatten kommen/ &#x017F;o werden &#x017F;ie anjetzo mit hindan-<lb/>
&#x017F;etzung deß Nutzens der Partheyen derma&#x017F;&#x017F;en hei-<lb/>
lig gehalten/ als ob die Bu&#x0364;rger der Gerichte wegen/<lb/>
vnd nicht die Gerichte der Bu&#x0364;rger wegen &#x017F;eyn mu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten. Von die&#x017F;en &#x017F;chneidet nun das jenige ab/ was<lb/>
das Maß der rechten Zeit vber&#x017F;chreitet. Dann es<lb/>
wirdt keine Sach mehr als &#x017F;echs Monat zum auß-<lb/>
arbeiten bedu&#x0364;rffen; wo aber nach &#x017F;olcher Zeit noch<lb/>
daru&#x0364;ber Rath gehalten werden muß/ &#x017F;o i&#x017F;t es zum<lb/>
wenig&#x017F;te&#x0303; nu&#x0364;tzlicher daß man &#x017F;ich deß Gerichts gantz<lb/>
enta&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere. Ihr du&#x0364;rffet euch auch die Spitzfindig-<lb/>
keit deß gar zu&#x017F;charffen Rechtens nicht auffhalten<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Schlie&#x017F;&#x017F;et von Grundt ewers Hertzens &#x017F;o<lb/>
viel jhr bey euch befindet. Zuweilen &#x017F;precht jhr nicht<lb/>
weniger vnbillich/ wann &#x017F;chon viel Jahr mit rech-<lb/>
ten verflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;indt; al&#x017F;o daß die Warheit nicht &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr in der Zeit als im Flei&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;tehet.</p><lb/>
            <p>Als er &#x017F;o redete/ kriegte jhn Meleander bey der<lb/>
Hande; Wo leitet euch/ &#x017F;agte er mit fro&#x0364;lichem An-<lb/>
ge&#x017F;ichte/ ewere Hitze hin/ daß jhr mit Abwe&#x017F;enden<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Oo iiij</fw><fw place="bottom" type="catch">redet?</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[583/0627] Das dritte Buch. haben nach denen wir vns jetzundt richten. Nebenſt verflieſſung der Zeiten/ ſindt vnter dem Schein der Billigkeit die Ding zu huͤlffe der Beklagten erfun- den worden/ durch welche die Einfaͤltigkeit der Ge- ſetze vntergegangen iſt; die Außfluͤchte naͤmlich/ die Gegenantworten/ vnd verſchiebunge auff viel Ta- ge deren Sachen/ die auff einmal beygelegt werden koͤndten. Weil aber dieſe Richtern vnd Advocaten zuſtatten kommen/ ſo werden ſie anjetzo mit hindan- ſetzung deß Nutzens der Partheyen dermaſſen hei- lig gehalten/ als ob die Buͤrger der Gerichte wegen/ vnd nicht die Gerichte der Buͤrger wegen ſeyn muͤ- ſten. Von dieſen ſchneidet nun das jenige ab/ was das Maß der rechten Zeit vberſchreitet. Dann es wirdt keine Sach mehr als ſechs Monat zum auß- arbeiten beduͤrffen; wo aber nach ſolcher Zeit noch daruͤber Rath gehalten werden muß/ ſo iſt es zum wenigſtẽ nuͤtzlicher daß man ſich deß Gerichts gantz entaͤuſſere. Ihr duͤrffet euch auch die Spitzfindig- keit deß gar zuſcharffen Rechtens nicht auffhalten laſſen. Schlieſſet von Grundt ewers Hertzens ſo viel jhr bey euch befindet. Zuweilen ſprecht jhr nicht weniger vnbillich/ wann ſchon viel Jahr mit rech- ten verfloſſen ſindt; alſo daß die Warheit nicht ſo ſehr in der Zeit als im Fleiſſe beſtehet. Als er ſo redete/ kriegte jhn Meleander bey der Hande; Wo leitet euch/ ſagte er mit froͤlichem An- geſichte/ ewere Hitze hin/ daß jhr mit Abweſenden redet? Oo iiij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/627
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/627>, abgerufen am 08.05.2024.