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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Joh. Barclayens Argenis/
noch einmahl/ seyd jhr Poliarchus? seyd jhr wiede-
rumb in Sicilien kommen? seydt jhr wol auff? seydt
jhr der den ich sehe? Ach/ Poltarchus/ bin ich nicht
Vrsache daß jhr so mager vom Gesichte seyt? müs-
sen wir aber noch weiter klagen/ müsset jhr noch
weiter herumb jrren/ soll vnsere Liebe dann allzeit in
Furchten stehen? Poliarchus erzehlte kürtzlich was
jhm auff gestossen were: wie er Schiffbruch erlitten/
wie er die Seerauber vberwunden/ vnd sich am Nu-
midischen königlichen Hofe kranck eingeleget hette.
Argenis aber (welches das fürnemste war) entdeckte
jhm auch mit wenigen Worten deß Radirobanes
Ansuchen/ vnd sie besorge sich sehr/ daß Meleander
nicht jhn/ als der sich wol vmb jhn verdienet hette/
zu seinem Eidam möchte annehmen wöllen. Aber/
sagte sie/ wo jhr diesem Vbel nicht abhelfft/ so wil
ich jhm mit meinem Tode zuvor kommen. Was
meinet jhr wol/ daß es für ein Betrübnüß sey/ daß
ich alle Tage mich deß Tods versehen muß/ der nicht
weiter von mir ist als dasselbbige Verbündniß/ auff
welches die Sardinier mit Gewalt gehen? Hierzu
kömpt meine Einsamkeit: in den mich kein Mensch
tröstet/ dem ich mein Anliegen vertrawen kan. Ich
fürchte den Radn obanes in Waffen; ich schewe mich
für meinem Vatter: Sclenisse selbe (oder grossen
Trewlosigkeit) ist zu den Feinden gefallen. Ich ha-
be längst geschen/ fieng Poliarchus an/ wo sie doch
were. Dann heute rede ich das erstemal mit euch in

jhrem

Joh. Barclayens Argenis/
noch einmahl/ ſeyd jhr Poliarchus? ſeyd jhr wiede-
rumb in Sicilien kommen? ſeydt jhr wol auff? ſeydt
jhr der den ich ſehe? Ach/ Poltarchus/ bin ich nicht
Vrſache daß jhr ſo mager vom Geſichte ſeyt? muͤſ-
ſen wir aber noch weiter klagen/ muͤſſet jhr noch
weiter herumb jrꝛen/ ſoll vnſere Liebe dann allzeit in
Furchten ſtehen? Poliarchus erzehlte kuͤrtzlich was
jhm auff geſtoſſen were: wie er Schiffbruch erlittẽ/
wie er die Seerauber vberwunden/ vñ ſich am Nu-
midiſchen koͤniglichen Hofe kranck eingeleget hette.
Argenis aber (welches das fuͤrnemſte war) entdeckte
jhm auch mit wenigen Worten deß Radirobanes
Anſuchen/ vnd ſie beſorge ſich ſehr/ daß Meleander
nicht jhn/ als der ſich wol vmb jhn verdienet hette/
zu ſeinem Eidam moͤchte annehmen woͤllen. Aber/
ſagte ſie/ wo jhr dieſem Vbel nicht abhelfft/ ſo wil
ich jhm mit meinem Tode zuvor kommen. Was
meinet jhr wol/ daß es fuͤr ein Betruͤbnuͤß ſey/ daß
ich alle Tage mich deß Tods verſehen muß/ der nicht
weiter von mir iſt als daſſelbbige Verbuͤndniß/ auff
welches die Sardinier mit Gewalt gehen? Hierzu
koͤmpt meine Einſamkeit: in dẽ mich kein Menſch
troͤſtet/ dem ich mein Anliegen vertrawen kan. Ich
fuͤrchte dẽ Radn obanes in Waffen; ich ſchewe mich
fuͤr meinem Vatter: Scleniſſe ſelbe (oder groſſen
Trewloſigkeit) iſt zu den Feinden gefallen. Ich ha-
be laͤngſt geſchen/ fieng Poliarchus an/ wo ſie doch
were. Dann heute rede ich das erſtemal mit euch in

jhrem
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[522/0566] Joh. Barclayens Argenis/ noch einmahl/ ſeyd jhr Poliarchus? ſeyd jhr wiede- rumb in Sicilien kommen? ſeydt jhr wol auff? ſeydt jhr der den ich ſehe? Ach/ Poltarchus/ bin ich nicht Vrſache daß jhr ſo mager vom Geſichte ſeyt? muͤſ- ſen wir aber noch weiter klagen/ muͤſſet jhr noch weiter herumb jrꝛen/ ſoll vnſere Liebe dann allzeit in Furchten ſtehen? Poliarchus erzehlte kuͤrtzlich was jhm auff geſtoſſen were: wie er Schiffbruch erlittẽ/ wie er die Seerauber vberwunden/ vñ ſich am Nu- midiſchen koͤniglichen Hofe kranck eingeleget hette. Argenis aber (welches das fuͤrnemſte war) entdeckte jhm auch mit wenigen Worten deß Radirobanes Anſuchen/ vnd ſie beſorge ſich ſehr/ daß Meleander nicht jhn/ als der ſich wol vmb jhn verdienet hette/ zu ſeinem Eidam moͤchte annehmen woͤllen. Aber/ ſagte ſie/ wo jhr dieſem Vbel nicht abhelfft/ ſo wil ich jhm mit meinem Tode zuvor kommen. Was meinet jhr wol/ daß es fuͤr ein Betruͤbnuͤß ſey/ daß ich alle Tage mich deß Tods verſehen muß/ d̕ nicht weiter von mir iſt als daſſelbbige Verbuͤndniß/ auff welches die Sardinier mit Gewalt gehen? Hierzu koͤmpt meine Einſamkeit: in dẽ mich kein Menſch troͤſtet/ dem ich mein Anliegen vertrawen kan. Ich fuͤrchte dẽ Radn obanes in Waffen; ich ſchewe mich fuͤr meinem Vatter: Scleniſſe ſelbe (oder groſſen Trewloſigkeit) iſt zu den Feinden gefallen. Ich ha- be laͤngſt geſchen/ fieng Poliarchus an/ wo ſie doch were. Dann heute rede ich das erſtemal mit euch in jhrem

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/566>, abgerufen am 13.05.2024.