Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Ander Buch.
Zeiten gelebet hatt/ daß die verfallenen Gemäwer
von Chamasene/ der fürnemsten Stadt die er ge-
bawet soll haben/ vorlengst verweset sindt. Von den
Cyclopen sindt bloß die Gräber noch vbrig/ aber ge-
meiniglich jnnerhalb der Hölen/ derer Schlundt
entweder durch Erdtbeben/ oder abgeschossene
Sandthauffen vnd dergleichen Zufälle verstopffet
ist. Doch treffen wir sie offtmals vnversehens an.
Welche Lasten der Cörper? welche eine Lebhafftig-
keit in den todten Gesichtern? vnd welche Antlitze/
die den Fabeln/ welche man von jhnen saget/ gemes-
se sindt? Ich war eines Tages nicht weit von Sy-
racuse auff der Jagt; daselbst drang sich ein Spür-
hundt/ gleichsam als er ein Wildt suchte/ an eine
Höle/ in dem Felde/ welches man Gereate nennet.
Als er vns durch sein vnablässiges Hetzen dahin
brachte/ so ersahe ich die einsamkeit oder vneröffne-
ten Hölen/ für welcher ich als obs ein geheiligter Ort
were/ erschrocken bin. Zu letzte fiel mir ein/ ich wolte
das Ebenthewer versuchen/ welches die Götter an
die Handt gegeben hetten/ vnd als die Dörner etli-
cher massen weggebracht worden/ sahe ich fornen
zu herumb so weit als das Liecht/ vnd zwar nur zu
demselbigen Loche hienein reichete. Der Ort gieng
hinabwerts/ vnd waren steinerne Staffeln hienun-
ter. Derhalben ließ ich Fackeln bringen/ vnd stieg
mit wenigen Leuten vnter die Erde/ welcher von we-
gen jhrer Einöde vnd kälte einen dampffichten Ge-
ruch von sich gab. Als wir durch einen engen Ein-

gang
A a v

Das Ander Buch.
Zeiten gelebet hatt/ daß die verfallenen Gemaͤwer
von Chamaſene/ der fuͤrnemſten Stadt die er ge-
bawet ſoll haben/ vorlengſt verweſet ſindt. Von den
Cyclopen ſindt bloß die Graͤber noch vbrig/ aber ge-
meiniglich jnnerhalb der Hoͤlen/ derer Schlundt
entweder durch Erdtbeben/ oder abgeſchoſſene
Sandthauffen vnd dergleichen Zufaͤlle verſtopffet
iſt. Doch treffen wir ſie offtmals vnverſehens an.
Welche Laſten der Coͤrper? welche eine Lebhafftig-
keit in den todten Geſichtern? vnd welche Antlitze/
die den Fabeln/ welche man von jhnen ſaget/ gemeſ-
ſe ſindt? Ich war eines Tages nicht weit von Sy-
racuſe auff der Jagt; daſelbſt drang ſich ein Spuͤr-
hundt/ gleichſam als er ein Wildt ſuchte/ an eine
Hoͤle/ in dem Felde/ welches man Gereate nennet.
Als er vns durch ſein vnablaͤſſiges Hetzen dahin
brachte/ ſo erſahe ich die einſamkeit oder vneroͤffne-
ten Hoͤlẽ/ fuͤr welcher ich als obs ein geheiligteꝛ Ort
were/ erſchrocken bin. Zu letzte fiel mir ein/ ich wolte
das Ebenthewer verſuchen/ welches die Goͤtter an
die Handt gegeben hetten/ vnd als die Doͤrner etli-
cher maſſen weggebracht worden/ ſahe ich fornen
zu herumb ſo weit als das Liecht/ vnd zwar nur zu
demſelbigen Loche hienein reichete. Der Ort gieng
hinabwerts/ vnd waren ſteinerne Staffeln hienun-
ter. Derhalben ließ ich Fackeln bringen/ vnd ſtieg
mit wenigen Leuten vnter die Erde/ welcher von we-
gen jhrer Einoͤde vnd kaͤlte einen dampffichten Ge-
ruch von ſich gab. Als wir durch einen engen Ein-

gang
A a v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0421" n="377"/><fw place="top" type="header">Das Ander Buch.</fw><lb/>
Zeiten gelebet hatt/ daß die verfallenen Gema&#x0364;wer<lb/>
von Chama&#x017F;ene/ der fu&#x0364;rnem&#x017F;ten Stadt die er ge-<lb/>
bawet &#x017F;oll haben/ vorleng&#x017F;t verwe&#x017F;et &#x017F;indt. Von den<lb/>
Cyclopen &#x017F;indt bloß die Gra&#x0364;ber noch vbrig/ aber ge-<lb/>
meiniglich jnnerhalb der Ho&#x0364;len/ derer Schlundt<lb/>
entweder durch Erdtbeben/ oder abge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Sandthauffen vnd dergleichen Zufa&#x0364;lle ver&#x017F;topffet<lb/>
i&#x017F;t. Doch treffen wir &#x017F;ie offtmals vnver&#x017F;ehens an.<lb/>
Welche La&#x017F;ten der Co&#x0364;rper? welche eine Lebhafftig-<lb/>
keit in den todten Ge&#x017F;ichtern? vnd welche Antlitze/<lb/>
die den Fabeln/ welche man von jhnen &#x017F;aget/ geme&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e &#x017F;indt? Ich war eines Tages nicht weit von Sy-<lb/>
racu&#x017F;e auff der Jagt; da&#x017F;elb&#x017F;t drang &#x017F;ich ein Spu&#x0364;r-<lb/>
hundt/ gleich&#x017F;am als er ein Wildt &#x017F;uchte/ an eine<lb/>
Ho&#x0364;le/ in dem Felde/ welches man Gereate nennet.<lb/>
Als er vns durch &#x017F;ein vnabla&#x0364;&#x017F;&#x017F;iges Hetzen dahin<lb/>
brachte/ &#x017F;o er&#x017F;ahe ich die ein&#x017F;amkeit oder vnero&#x0364;ffne-<lb/>
ten Ho&#x0364;le&#x0303;/ fu&#x0364;r welcher ich als obs ein geheiligte&#xA75B; Ort<lb/>
were/ er&#x017F;chrocken bin. Zu letzte fiel mir ein/ ich wolte<lb/>
das Ebenthewer ver&#x017F;uchen/ welches die Go&#x0364;tter an<lb/>
die Handt gegeben hetten/ vnd als die Do&#x0364;rner etli-<lb/>
cher ma&#x017F;&#x017F;en weggebracht worden/ &#x017F;ahe ich fornen<lb/>
zu herumb &#x017F;o weit als das Liecht/ vnd zwar nur zu<lb/>
dem&#x017F;elbigen Loche hienein reichete. Der Ort gieng<lb/>
hinabwerts/ vnd waren &#x017F;teinerne Staffeln hienun-<lb/>
ter. Derhalben ließ ich Fackeln bringen/ vnd &#x017F;tieg<lb/>
mit wenigen Leuten vnter die Erde/ welcher von we-<lb/>
gen jhrer Eino&#x0364;de vnd ka&#x0364;lte einen dampffichten Ge-<lb/>
ruch von &#x017F;ich gab. Als wir durch einen engen Ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a v</fw><fw place="bottom" type="catch">gang</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0421] Das Ander Buch. Zeiten gelebet hatt/ daß die verfallenen Gemaͤwer von Chamaſene/ der fuͤrnemſten Stadt die er ge- bawet ſoll haben/ vorlengſt verweſet ſindt. Von den Cyclopen ſindt bloß die Graͤber noch vbrig/ aber ge- meiniglich jnnerhalb der Hoͤlen/ derer Schlundt entweder durch Erdtbeben/ oder abgeſchoſſene Sandthauffen vnd dergleichen Zufaͤlle verſtopffet iſt. Doch treffen wir ſie offtmals vnverſehens an. Welche Laſten der Coͤrper? welche eine Lebhafftig- keit in den todten Geſichtern? vnd welche Antlitze/ die den Fabeln/ welche man von jhnen ſaget/ gemeſ- ſe ſindt? Ich war eines Tages nicht weit von Sy- racuſe auff der Jagt; daſelbſt drang ſich ein Spuͤr- hundt/ gleichſam als er ein Wildt ſuchte/ an eine Hoͤle/ in dem Felde/ welches man Gereate nennet. Als er vns durch ſein vnablaͤſſiges Hetzen dahin brachte/ ſo erſahe ich die einſamkeit oder vneroͤffne- ten Hoͤlẽ/ fuͤr welcher ich als obs ein geheiligteꝛ Ort were/ erſchrocken bin. Zu letzte fiel mir ein/ ich wolte das Ebenthewer verſuchen/ welches die Goͤtter an die Handt gegeben hetten/ vnd als die Doͤrner etli- cher maſſen weggebracht worden/ ſahe ich fornen zu herumb ſo weit als das Liecht/ vnd zwar nur zu demſelbigen Loche hienein reichete. Der Ort gieng hinabwerts/ vnd waren ſteinerne Staffeln hienun- ter. Derhalben ließ ich Fackeln bringen/ vnd ſtieg mit wenigen Leuten vnter die Erde/ welcher von we- gen jhrer Einoͤde vnd kaͤlte einen dampffichten Ge- ruch von ſich gab. Als wir durch einen engen Ein- gang A a v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/421
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/421>, abgerufen am 22.11.2024.