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Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.

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nach Abscheulichkeit verglichen und gleichgesetzt werden kann.
Die Enttäuschung der Jahre 1848/49 bestärkt ihn in seinen poli-
tischen
Anschauungen, und die deutschen Siege von 1870/71 lassen
ihn sogar das Wahlsystem befürworten. Man muss sich hüten,
diese verschiedenen Marxe durcheinander zu werfen oder aus
der wissenschaftlichen Aufzählung der einzelnen Widersprüche
eine Art arithmetisches Mittel zu ziehen. Marx war ein grosser
Elektiker, ein riesig aufsaugender Schwamm fremder Ideen. Was
er in Frankreich als besonders radikal und aussichtsvoll kennen
lernte, das akzeptierte er für sein System, ohne den relativen
Stand der deutschen Entwicklung in Betracht zu ziehen.
35) Brupbacher, "Marx und Bakunin", S. 14.
36) Ebendort, S. 14/15.
37) "Herr Vogt", S. 35.
38) Siehe seine Polemik mit Proudhon, "Das Elend der Philo-
sophie", Brüssel, 1847.
39) Die Anerkennung der Menschenrechte ist ihm, nach
Mehring, "nichts anderes als die Anerkennung des egoistischen
bürgerlichen Individuums (!) und der zügellosen Bewegung der
geistigen und materiellen Elemente. Die Menschenrechte befreien
den Menschen nicht von der Religion (!), sondern geben ihm
die Religionsfreiheit; sie befreien ihn nicht vom Eigentum, sondern
verschaffen ihm die Freiheit des Eigentums; sie befreien ihn nicht
vom Schmutze des Erwerbes, sondern verleihen ihm vielmehr die
Gewerbefreiheit. Die Anerkennung der Menschenrechte durch
den modernen Staat hat keinen anderen Sinn als die Anerken-
nung der Sklaverei durch den antiken Staat". ("Geschichte der
deutschen Sozialdemokratie", Bd. I, S. 175.) Seltsam nur, dass
Marx sich für die jüdischen Menschenrechte so begeistert ein-
setzte: "Er sagt nicht nur, dass, sondern er beweist auch, wes-
halb
der Jude den unanfechtbarsten Anspruch auf den Genuss
der Menschenrechte hat". (S. 176.)
40) Bakunin behauptet (ich glaube in einem Brief an
Morago): die Tatsache, dass er Marxens "Kapital" nicht sofort
nach Erhalt lobte, habe genügt, ihm die heftige Ungnade
Marxens einzutragen. -- Das "Kapital" erschien 1867, das erste
öffentliche Rencontre zwischen Marx und Bakunin ereignete sich
1868 auf dem Kongress zu Basel. Bakunin war der Erste, der
das "Kapital" und das "Kommunistische Manifest" ins Russische
übersetzte.
41) Nettlau, "Michael Bakunin", Bd. I, S. 93.
42) Es waren Halbwahrheiten, wenn Marx damals in der
nach Abscheulichkeit verglichen und gleichgesetzt werden kann.
Die Enttäuschung der Jahre 1848/49 bestärkt ihn in seinen poli-
tischen
Anschauungen, und die deutschen Siege von 1870/71 lassen
ihn sogar das Wahlsystem befürworten. Man muss sich hüten,
diese verschiedenen Marxe durcheinander zu werfen oder aus
der wissenschaftlichen Aufzählung der einzelnen Widersprüche
eine Art arithmetisches Mittel zu ziehen. Marx war ein grosser
Elektiker, ein riesig aufsaugender Schwamm fremder Ideen. Was
er in Frankreich als besonders radikal und aussichtsvoll kennen
lernte, das akzeptierte er für sein System, ohne den relativen
Stand der deutschen Entwicklung in Betracht zu ziehen.
35) Brupbacher, „Marx und Bakunin“, S. 14.
36) Ebendort, S. 14/15.
37) „Herr Vogt“, S. 35.
38) Siehe seine Polemik mit Proudhon, „Das Elend der Philo-
sophie“, Brüssel, 1847.
39) Die Anerkennung der Menschenrechte ist ihm, nach
Mehring, „nichts anderes als die Anerkennung des egoistischen
bürgerlichen Individuums (!) und der zügellosen Bewegung der
geistigen und materiellen Elemente. Die Menschenrechte befreien
den Menschen nicht von der Religion (!), sondern geben ihm
die Religionsfreiheit; sie befreien ihn nicht vom Eigentum, sondern
verschaffen ihm die Freiheit des Eigentums; sie befreien ihn nicht
vom Schmutze des Erwerbes, sondern verleihen ihm vielmehr die
Gewerbefreiheit. Die Anerkennung der Menschenrechte durch
den modernen Staat hat keinen anderen Sinn als die Anerken-
nung der Sklaverei durch den antiken Staat“. („Geschichte der
deutschen Sozialdemokratie“, Bd. I, S. 175.) Seltsam nur, dass
Marx sich für die jüdischen Menschenrechte so begeistert ein-
setzte: „Er sagt nicht nur, dass, sondern er beweist auch, wes-
halb
der Jude den unanfechtbarsten Anspruch auf den Genuss
der Menschenrechte hat“. (S. 176.)
40) Bakunin behauptet (ich glaube in einem Brief an
Morago): die Tatsache, dass er Marxens „Kapital“ nicht sofort
nach Erhalt lobte, habe genügt, ihm die heftige Ungnade
Marxens einzutragen. — Das „Kapital“ erschien 1867, das erste
öffentliche Rencontre zwischen Marx und Bakunin ereignete sich
1868 auf dem Kongress zu Basel. Bakunin war der Erste, der
das „Kapital“ und das „Kommunistische Manifest“ ins Russische
übersetzte.
41) Nettlau, „Michael Bakunin“, Bd. I, S. 93.
42) Es waren Halbwahrheiten, wenn Marx damals in der
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[302/0310] ³⁴⁾ nach Abscheulichkeit verglichen und gleichgesetzt werden kann. Die Enttäuschung der Jahre 1848/49 bestärkt ihn in seinen poli- tischen Anschauungen, und die deutschen Siege von 1870/71 lassen ihn sogar das Wahlsystem befürworten. Man muss sich hüten, diese verschiedenen Marxe durcheinander zu werfen oder aus der wissenschaftlichen Aufzählung der einzelnen Widersprüche eine Art arithmetisches Mittel zu ziehen. Marx war ein grosser Elektiker, ein riesig aufsaugender Schwamm fremder Ideen. Was er in Frankreich als besonders radikal und aussichtsvoll kennen lernte, das akzeptierte er für sein System, ohne den relativen Stand der deutschen Entwicklung in Betracht zu ziehen. ³⁵⁾ Brupbacher, „Marx und Bakunin“, S. 14. ³⁶⁾ Ebendort, S. 14/15. ³⁷⁾ „Herr Vogt“, S. 35. ³⁸⁾ Siehe seine Polemik mit Proudhon, „Das Elend der Philo- sophie“, Brüssel, 1847. ³⁹⁾ Die Anerkennung der Menschenrechte ist ihm, nach Mehring, „nichts anderes als die Anerkennung des egoistischen bürgerlichen Individuums (!) und der zügellosen Bewegung der geistigen und materiellen Elemente. Die Menschenrechte befreien den Menschen nicht von der Religion (!), sondern geben ihm die Religionsfreiheit; sie befreien ihn nicht vom Eigentum, sondern verschaffen ihm die Freiheit des Eigentums; sie befreien ihn nicht vom Schmutze des Erwerbes, sondern verleihen ihm vielmehr die Gewerbefreiheit. Die Anerkennung der Menschenrechte durch den modernen Staat hat keinen anderen Sinn als die Anerken- nung der Sklaverei durch den antiken Staat“. („Geschichte der deutschen Sozialdemokratie“, Bd. I, S. 175.) Seltsam nur, dass Marx sich für die jüdischen Menschenrechte so begeistert ein- setzte: „Er sagt nicht nur, dass, sondern er beweist auch, wes- halb der Jude den unanfechtbarsten Anspruch auf den Genuss der Menschenrechte hat“. (S. 176.) ⁴⁰⁾ Bakunin behauptet (ich glaube in einem Brief an Morago): die Tatsache, dass er Marxens „Kapital“ nicht sofort nach Erhalt lobte, habe genügt, ihm die heftige Ungnade Marxens einzutragen. — Das „Kapital“ erschien 1867, das erste öffentliche Rencontre zwischen Marx und Bakunin ereignete sich 1868 auf dem Kongress zu Basel. Bakunin war der Erste, der das „Kapital“ und das „Kommunistische Manifest“ ins Russische übersetzte. ⁴¹⁾ Nettlau, „Michael Bakunin“, Bd. I, S. 93. ⁴²⁾ Es waren Halbwahrheiten, wenn Marx damals in der

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Zitationshilfe: Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/310>, abgerufen am 23.11.2024.