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Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.

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Zürich, Mai 1843, konfisziert, dann 1845 erschienen unter dem
Titel "Das Evangelium eines armen Sünders", Bern, Jenni Sohn,
S. III/IV.
87) Ebendort, S. 17: "Die Religion muss also nicht zerstört,
sondern benützt werden, um die Menschheit zu befreien. Christus
ist ein Prophet der Freiheit, und er darum uns ein Sinnbild
Gottes und der Liebe".
88) Ebendort, S. 20.
89) "Garantien der Harmonie und Freiheit", Vivis, im Ver-
lage des Verfassers, 1842, S. 117.
90) Ebendort, S. 23.
91) Das betreffende Kapitel im "Evangelium der armen
Sünder" war überschrieben: "Jesus reist mit sündigen Weibern
und Mädchen im Lande herum und wird von ihnen unterstützt".
Die Verhaftung und Bestrafung Weitlings wegen Gotteslästerung
erfolgte auf Betreiben des Zürcher Kirchenrats und erregte grosses
Aufsehen; um so mehr, da ein Regierungsbericht über die kom-
munistischen Umtriebe in der Schweiz die Folge war. Von den
wichtigeren Schriften über Prozess und Bewegung nenne ich:
"Die Kommunisten in der Schweiz nach den bei Weitling vor-
gefundenen Papieren", Kommissionalbericht von Dr. Bluntschli,
Zürich, 1843; "Der Schriftsteller Wilhelm Weitling und der Kom-
munistenlärm in Zürich", Bern 1843, und "Die geheimen deut-
schen Verbindungen in der Schweiz seit 1833", Basel 1847.
92) "Garantien der Harmonie und Freiheit", S. 260.
93) "Das Evangelium der armen Sünder", S. 133.
94) Niemand hat reiner als Weitling die Grundsätze
einer christlichen Republik dargelegt. Er zitiert Math. 23, Vers 8,
11 und 12, und folgert: "Aus diesem geht hervor, dass die
Monarchie mit dem Christentum unvereinbar ist, oder deutlicher,
dass ein Christ nicht Monarch sein kann. Desgleichen geht daraus
hervor, dass in einer christlichen Republik Niemand sich eine
politische Gewalt anmaassen, noch dieselbe annehmen darf, denn
der Christ soll weder ein Recht, noch eine Gewalt, noch einen
Befehl über seine Mitmenschen ausüben, der Christ soll gar kein
Amt annehmen, in welchem er gezwungen ist, zu richten und
zu strafen, wenigstens soll er es nur in der Absicht annehmen,
das Regieren, Befehlen, Strafen u. s. w. dadurch aufhören zu machen.
Ferner soll in einer christlichen Republik Niemand vornehm,
Niemand gering, Niemand Herr oder Knecht sein, noch sich
Meister nennen, oder sonst Ehrentitel sich beilegen lassen. Dies
haben zu Zeiten der Reformation die Wiedertäufer wohl begriffen,
Zürich, Mai 1843, konfisziert, dann 1845 erschienen unter dem
Titel „Das Evangelium eines armen Sünders“, Bern, Jenni Sohn,
S. III/IV.
87) Ebendort, S. 17: „Die Religion muss also nicht zerstört,
sondern benützt werden, um die Menschheit zu befreien. Christus
ist ein Prophet der Freiheit, und er darum uns ein Sinnbild
Gottes und der Liebe“.
88) Ebendort, S. 20.
89) „Garantien der Harmonie und Freiheit“, Vivis, im Ver-
lage des Verfassers, 1842, S. 117.
90) Ebendort, S. 23.
91) Das betreffende Kapitel im „Evangelium der armen
Sünder“ war überschrieben: „Jesus reist mit sündigen Weibern
und Mädchen im Lande herum und wird von ihnen unterstützt“.
Die Verhaftung und Bestrafung Weitlings wegen Gotteslästerung
erfolgte auf Betreiben des Zürcher Kirchenrats und erregte grosses
Aufsehen; um so mehr, da ein Regierungsbericht über die kom-
munistischen Umtriebe in der Schweiz die Folge war. Von den
wichtigeren Schriften über Prozess und Bewegung nenne ich:
„Die Kommunisten in der Schweiz nach den bei Weitling vor-
gefundenen Papieren“, Kommissionalbericht von Dr. Bluntschli,
Zürich, 1843; „Der Schriftsteller Wilhelm Weitling und der Kom-
munistenlärm in Zürich“, Bern 1843, und „Die geheimen deut-
schen Verbindungen in der Schweiz seit 1833“, Basel 1847.
92) „Garantien der Harmonie und Freiheit“, S. 260.
93) „Das Evangelium der armen Sünder“, S. 133.
94) Niemand hat reiner als Weitling die Grundsätze
einer christlichen Republik dargelegt. Er zitiert Math. 23, Vers 8,
11 und 12, und folgert: „Aus diesem geht hervor, dass die
Monarchie mit dem Christentum unvereinbar ist, oder deutlicher,
dass ein Christ nicht Monarch sein kann. Desgleichen geht daraus
hervor, dass in einer christlichen Republik Niemand sich eine
politische Gewalt anmaassen, noch dieselbe annehmen darf, denn
der Christ soll weder ein Recht, noch eine Gewalt, noch einen
Befehl über seine Mitmenschen ausüben, der Christ soll gar kein
Amt annehmen, in welchem er gezwungen ist, zu richten und
zu strafen, wenigstens soll er es nur in der Absicht annehmen,
das Regieren, Befehlen, Strafen u. s. w. dadurch aufhören zu machen.
Ferner soll in einer christlichen Republik Niemand vornehm,
Niemand gering, Niemand Herr oder Knecht sein, noch sich
Meister nennen, oder sonst Ehrentitel sich beilegen lassen. Dies
haben zu Zeiten der Reformation die Wiedertäufer wohl begriffen,
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[291/0299] ⁸⁶⁾ Zürich, Mai 1843, konfisziert, dann 1845 erschienen unter dem Titel „Das Evangelium eines armen Sünders“, Bern, Jenni Sohn, S. III/IV. ⁸⁷⁾ Ebendort, S. 17: „Die Religion muss also nicht zerstört, sondern benützt werden, um die Menschheit zu befreien. Christus ist ein Prophet der Freiheit, und er darum uns ein Sinnbild Gottes und der Liebe“. ⁸⁸⁾ Ebendort, S. 20. ⁸⁹⁾ „Garantien der Harmonie und Freiheit“, Vivis, im Ver- lage des Verfassers, 1842, S. 117. ⁹⁰⁾ Ebendort, S. 23. ⁹¹⁾ Das betreffende Kapitel im „Evangelium der armen Sünder“ war überschrieben: „Jesus reist mit sündigen Weibern und Mädchen im Lande herum und wird von ihnen unterstützt“. Die Verhaftung und Bestrafung Weitlings wegen Gotteslästerung erfolgte auf Betreiben des Zürcher Kirchenrats und erregte grosses Aufsehen; um so mehr, da ein Regierungsbericht über die kom- munistischen Umtriebe in der Schweiz die Folge war. Von den wichtigeren Schriften über Prozess und Bewegung nenne ich: „Die Kommunisten in der Schweiz nach den bei Weitling vor- gefundenen Papieren“, Kommissionalbericht von Dr. Bluntschli, Zürich, 1843; „Der Schriftsteller Wilhelm Weitling und der Kom- munistenlärm in Zürich“, Bern 1843, und „Die geheimen deut- schen Verbindungen in der Schweiz seit 1833“, Basel 1847. ⁹²⁾ „Garantien der Harmonie und Freiheit“, S. 260. ⁹³⁾ „Das Evangelium der armen Sünder“, S. 133. ⁹⁴⁾ Niemand hat reiner als Weitling die Grundsätze einer christlichen Republik dargelegt. Er zitiert Math. 23, Vers 8, 11 und 12, und folgert: „Aus diesem geht hervor, dass die Monarchie mit dem Christentum unvereinbar ist, oder deutlicher, dass ein Christ nicht Monarch sein kann. Desgleichen geht daraus hervor, dass in einer christlichen Republik Niemand sich eine politische Gewalt anmaassen, noch dieselbe annehmen darf, denn der Christ soll weder ein Recht, noch eine Gewalt, noch einen Befehl über seine Mitmenschen ausüben, der Christ soll gar kein Amt annehmen, in welchem er gezwungen ist, zu richten und zu strafen, wenigstens soll er es nur in der Absicht annehmen, das Regieren, Befehlen, Strafen u. s. w. dadurch aufhören zu machen. Ferner soll in einer christlichen Republik Niemand vornehm, Niemand gering, Niemand Herr oder Knecht sein, noch sich Meister nennen, oder sonst Ehrentitel sich beilegen lassen. Dies haben zu Zeiten der Reformation die Wiedertäufer wohl begriffen,

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Zitationshilfe: Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/299>, abgerufen am 21.05.2024.