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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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mehr berufsmäßigen Biederkeit, Naivität und Treuherzigkeit im
Ton und im ganzen Wesen; Berchtesgadener Tracht; durch
den Wunsch, gebildet zu wirken, etwas korrumpierte Berchtes-
gadener Mundart; durch die Türe links herzhaft eintretend und
gleich auf Fidelis zu, dem er die Hand hinstreckt).
Grüß Gott,
Herr Doktor Schmorr! Wie geht's denn immer? (Sieht
erstaunt die vielen Bücher an.)
Fidelis (ihm die Hand schüttelnd). Ja Martl!? Das
ist schön! (Martls Blick auf die Bücher bemerkend.) Gelt,
da schaust?
Martl (auf die Bücher blickend). Da kunnt man sich frei
schrecken! Was toan's denn da damit?
Fidelis (achselzuckend, indem er auf Justine zeigt, trocken).
Halt abstauben. Siehst ja.
Martl (trocken anerkennend). Da muaß si die alte Frau
scho rechtschaffen plagen.
Fidelis (bedeutsam). Meine Schwiegermutter! -- Schau
dir die gut an! Das glaubt man gar nicht: die Frau hat
soviel Geld, daß, wenn's so vor sich hinschnauft . . . bei
jedem solchen Schnauferl verdient dir die an Zinsen zehn
Pfennig. Jetzt rechen nach!
Justine (ärgert sich sichtlich).
Martl (denkt erst einen Augenblick angestrengt darüber nach;
dann erschreckend, ja fast in Wut geratend, zornig die Stirne
runzelnd).
Herrschaft! Ja dös waren ja nacher -- (Rechnet
wieder angestrengt.)
Dös waren ja --
Fidelis. Die Minute sechs Mark.
Martl. Dös waren nacher in der Stund --! So
was?! (Blickt Justine mit fast feindseliger Bewunderung an.)
Dös waren in der Stund --
mehr berufsmaͤßigen Biederkeit, Naivitaͤt und Treuherzigkeit im
Ton und im ganzen Weſen; Berchtesgadener Tracht; durch
den Wunſch, gebildet zu wirken, etwas korrumpierte Berchtes-
gadener Mundart; durch die Tuͤre links herzhaft eintretend und
gleich auf Fidelis zu, dem er die Hand hinſtreckt).
Grüß Gott,
Herr Doktor Schmorr! Wie geht's denn immer? (Sieht
erſtaunt die vielen Buͤcher an.)
Fidelis (ihm die Hand ſchuͤttelnd). Ja Martl!? Das
iſt ſchön! (Martls Blick auf die Buͤcher bemerkend.) Gelt,
da ſchauſt?
Martl (auf die Buͤcher blickend). Da kunnt man ſich frei
ſchrecken! Was toan's denn da damit?
Fidelis (achſelzuckend, indem er auf Juſtine zeigt, trocken).
Halt abſtauben. Siehſt ja.
Martl (trocken anerkennend). Da muaß ſi die alte Frau
ſcho rechtſchaffen plagen.
Fidelis (bedeutſam). Meine Schwiegermutter! — Schau
dir die gut an! Das glaubt man gar nicht: die Frau hat
ſoviel Geld, daß, wenn's ſo vor ſich hinſchnauft . . . bei
jedem ſolchen Schnauferl verdient dir die an Zinſen zehn
Pfennig. Jetzt rechen nach!
Juſtine (aͤrgert ſich ſichtlich).
Martl (denkt erſt einen Augenblick angeſtrengt daruͤber nach;
dann erſchreckend, ja faſt in Wut geratend, zornig die Stirne
runzelnd).
Herrſchaft! Ja dös waren ja nacher — (Rechnet
wieder angeſtrengt.)
Dös waren ja —
Fidelis. Die Minute ſechs Mark.
Martl. Dös waren nacher in der Stund —! So
was?! (Blickt Juſtine mit faſt feindſeliger Bewunderung an.)
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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/152>, abgerufen am 13.05.2024.