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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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Sackes, welche an dieser Haut anliegt, ist gefässreicher, als die nach unten ge-
kehrte. Durch die innige Anheftung des Harnsackes an den obern Theil der
serösen Hülle wird der Embryo gleichsam oben angehängt. Eine Folge davon ist,
dass jetzt der Embryo nicht in den Dotter hineindrückt, sondern den Uebergang
des Dottersackes in den Dottergang sogar etwas in die Höhe zieht; damit schwin-
det denn die letzte Spur der Kappe. Das Amnion nimmt vom fünften Tage an
schnell an Umfang zu, und füllt sich mit vieler Flüssigkeit.

b. Lage des
Embryo.

Gewöhnlich findet man den Embryo nicht mehr in der Mitte der obern
Fläche des Dotters, sondern nach dem stumpfen Ende übergeneigt. Die Veran-
lassung der Ortsveränderung scheint zum Theil in der Ortsveränderung des Ei-
weisses zu liegen, zum Theil im eignen Gewicht des Embryo. Indem nämlich
am fünften Tage die Dotterhaut reisst, und nach Zerreissung derselben das Eiweiss
sich nach dem spitzen Ende zurückzieht, wird die Dotterkugel etwas gedreht.
Da um diese Zeit über dem Dotter sehr wenig und unter ihm noch ziemlich viel
Eiweiss ist, und dies letztere der Dotterkugel fester anhängt, so folgt daraus,
dass, indem das Eiweiss nach Zerreissung der Dotterhaut sich nach dem spitzen
Ende des Eies zusammenzieht, die obere Hälfte des Dotters nach dem stumpfen
Ende gedreht wird. Das eigne Gewicht des Embryo vermehrt diese Drehung.
Das Maass derselben ist aber sehr verschieden, und hängt vielleicht davon ab,
dass die ganze Dotterkugel mit ihrem serösen Ueberzuge sich bald früher, bald
später durch den Harnsack an die Schaalenhaut anheftet. Zuweilen bleibt der
Embryo ganz in der Mitte angeheftet, dann breitet sich dennoch der Gefässhof
mehr nach dem stumpfen als nach dem spitzen Ende aus.

c. Bewegung

Am sechsten Tage sah ich die erste Bewegung im Embryo, welche im
Zucken einzelner Glieder bestand, und vom Hinzutreten der kalten Luft hervor-
gerufen zu seyn schien. Am siebenten Tage ist die Bewegung allgemeiner. Der
Embryo schwingt im Amnion hin und her auf dem Nabel, wie auf einem be-
festigten Stiele. Am auffallendsten war es mir, dass dieses Hin- und Her-
schwanken nicht bloss vom Embryo bedingt wird, sondern noch mehr vom
Amnion, welches sich bald an dem einen, bald an dem andern Ende zusammen-
zieht, indem es sich runzelt. Es schien mir daher eine Art unregelmässiger Pul-
sation im Amnion.

d. Gestalt
des Embryo.

Der Embryo ist stark gekrümmt, indessen doch weniger, als am fünften
Tage. Namentlich nimmt die vordere Fläche des Halses sehr zu. Seine Krüm-
mung vermindert sich daher, und er kann nun im todten Fötus ziemlich gerade
gestreckt werden. Mit dem Geraderwerden des Halses ist das Zurückweichen des
Kopfes nach der Rückengegend verbunden und dadurch das schärfere Hervor-

Sackes, welche an dieser Haut anliegt, ist gefäſsreicher, als die nach unten ge-
kehrte. Durch die innige Anheftung des Harnsackes an den obern Theil der
serösen Hülle wird der Embryo gleichsam oben angehängt. Eine Folge davon ist,
daſs jetzt der Embryo nicht in den Dotter hineindrückt, sondern den Uebergang
des Dottersackes in den Dottergang sogar etwas in die Höhe zieht; damit schwin-
det denn die letzte Spur der Kappe. Das Amnion nimmt vom fünften Tage an
schnell an Umfang zu, und füllt sich mit vieler Flüssigkeit.

b. Lage des
Embryo.

Gewöhnlich findet man den Embryo nicht mehr in der Mitte der obern
Fläche des Dotters, sondern nach dem stumpfen Ende übergeneigt. Die Veran-
lassung der Ortsveränderung scheint zum Theil in der Ortsveränderung des Ei-
weiſses zu liegen, zum Theil im eignen Gewicht des Embryo. Indem nämlich
am fünften Tage die Dotterhaut reiſst, und nach Zerreiſsung derselben das Eiweiſs
sich nach dem spitzen Ende zurückzieht, wird die Dotterkugel etwas gedreht.
Da um diese Zeit über dem Dotter sehr wenig und unter ihm noch ziemlich viel
Eiweiſs ist, und dies letztere der Dotterkugel fester anhängt, so folgt daraus,
daſs, indem das Eiweiſs nach Zerreiſsung der Dotterhaut sich nach dem spitzen
Ende des Eies zusammenzieht, die obere Hälfte des Dotters nach dem stumpfen
Ende gedreht wird. Das eigne Gewicht des Embryo vermehrt diese Drehung.
Das Maaſs derselben ist aber sehr verschieden, und hängt vielleicht davon ab,
daſs die ganze Dotterkugel mit ihrem serösen Ueberzuge sich bald früher, bald
später durch den Harnsack an die Schaalenhaut anheftet. Zuweilen bleibt der
Embryo ganz in der Mitte angeheftet, dann breitet sich dennoch der Gefäſshof
mehr nach dem stumpfen als nach dem spitzen Ende aus.

c. Bewegung

Am sechsten Tage sah ich die erste Bewegung im Embryo, welche im
Zucken einzelner Glieder bestand, und vom Hinzutreten der kalten Luft hervor-
gerufen zu seyn schien. Am siebenten Tage ist die Bewegung allgemeiner. Der
Embryo schwingt im Amnion hin und her auf dem Nabel, wie auf einem be-
festigten Stiele. Am auffallendsten war es mir, daſs dieses Hin- und Her-
schwanken nicht bloſs vom Embryo bedingt wird, sondern noch mehr vom
Amnion, welches sich bald an dem einen, bald an dem andern Ende zusammen-
zieht, indem es sich runzelt. Es schien mir daher eine Art unregelmäſsiger Pul-
sation im Amnion.

d. Gestalt
des Embryo.

Der Embryo ist stark gekrümmt, indessen doch weniger, als am fünften
Tage. Namentlich nimmt die vordere Fläche des Halses sehr zu. Seine Krüm-
mung vermindert sich daher, und er kann nun im todten Fötus ziemlich gerade
gestreckt werden. Mit dem Geraderwerden des Halses ist das Zurückweichen des
Kopfes nach der Rückengegend verbunden und dadurch das schärfere Hervor-

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[92/0122] Sackes, welche an dieser Haut anliegt, ist gefäſsreicher, als die nach unten ge- kehrte. Durch die innige Anheftung des Harnsackes an den obern Theil der serösen Hülle wird der Embryo gleichsam oben angehängt. Eine Folge davon ist, daſs jetzt der Embryo nicht in den Dotter hineindrückt, sondern den Uebergang des Dottersackes in den Dottergang sogar etwas in die Höhe zieht; damit schwin- det denn die letzte Spur der Kappe. Das Amnion nimmt vom fünften Tage an schnell an Umfang zu, und füllt sich mit vieler Flüssigkeit. Gewöhnlich findet man den Embryo nicht mehr in der Mitte der obern Fläche des Dotters, sondern nach dem stumpfen Ende übergeneigt. Die Veran- lassung der Ortsveränderung scheint zum Theil in der Ortsveränderung des Ei- weiſses zu liegen, zum Theil im eignen Gewicht des Embryo. Indem nämlich am fünften Tage die Dotterhaut reiſst, und nach Zerreiſsung derselben das Eiweiſs sich nach dem spitzen Ende zurückzieht, wird die Dotterkugel etwas gedreht. Da um diese Zeit über dem Dotter sehr wenig und unter ihm noch ziemlich viel Eiweiſs ist, und dies letztere der Dotterkugel fester anhängt, so folgt daraus, daſs, indem das Eiweiſs nach Zerreiſsung der Dotterhaut sich nach dem spitzen Ende des Eies zusammenzieht, die obere Hälfte des Dotters nach dem stumpfen Ende gedreht wird. Das eigne Gewicht des Embryo vermehrt diese Drehung. Das Maaſs derselben ist aber sehr verschieden, und hängt vielleicht davon ab, daſs die ganze Dotterkugel mit ihrem serösen Ueberzuge sich bald früher, bald später durch den Harnsack an die Schaalenhaut anheftet. Zuweilen bleibt der Embryo ganz in der Mitte angeheftet, dann breitet sich dennoch der Gefäſshof mehr nach dem stumpfen als nach dem spitzen Ende aus. Am sechsten Tage sah ich die erste Bewegung im Embryo, welche im Zucken einzelner Glieder bestand, und vom Hinzutreten der kalten Luft hervor- gerufen zu seyn schien. Am siebenten Tage ist die Bewegung allgemeiner. Der Embryo schwingt im Amnion hin und her auf dem Nabel, wie auf einem be- festigten Stiele. Am auffallendsten war es mir, daſs dieses Hin- und Her- schwanken nicht bloſs vom Embryo bedingt wird, sondern noch mehr vom Amnion, welches sich bald an dem einen, bald an dem andern Ende zusammen- zieht, indem es sich runzelt. Es schien mir daher eine Art unregelmäſsiger Pul- sation im Amnion. Der Embryo ist stark gekrümmt, indessen doch weniger, als am fünften Tage. Namentlich nimmt die vordere Fläche des Halses sehr zu. Seine Krüm- mung vermindert sich daher, und er kann nun im todten Fötus ziemlich gerade gestreckt werden. Mit dem Geraderwerden des Halses ist das Zurückweichen des Kopfes nach der Rückengegend verbunden und dadurch das schärfere Hervor-

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/122>, abgerufen am 24.11.2024.