gleich das liederliche Leben der Geistlichen und der Metzen mit- einander im allgemeinen mit sittlicher Strenge und Satire gerügt wird, so gibt doch die ganze Weise, in welcher die schmuzigsten Verhältnisse und niedrigsten Farcen dargestellt werden, nicht allein Zeugniß von der offen daliegenden tiefen sittlichen Versunkenheit der Geistlichkeit des Mittelalters, sondern auch von dem unwür- digen, widerlichen, des wahren tiefen sittlichen Ernstes baren Be- hagen, welches der Verfasser selbst an dem niedrigen Stoffe und an der Menge schmuziger Redensarten und Ausdrücke findet, wenn er auch -- sichtlich bedenklich, diese Dinge aus sich selbst hervor- zubringen -- mit befangenem Ungeschick alle diese Zoten einem freilich im gelungensten Küchenlatein docirenden, nichtswürdigen Pfaffen- und Weiberknecht in den Mund legt. Wie nun aber auch Form und Einkleidung der ganzen Darstellung sein mag: so findet man doch überall Geistlichkeit und Prostitution in einer wahrlich grauenhaft innigen Bezüglichkeit und Sättigung zueinan- der stehen und muß selbst den Haupttypus edler gelehrter Bildung, die lateinische Sprache, von den auch in die Küche ihren Haus- buhlerinnen lüstern nachschleichenden Geistlichen in diese Küchen hinein- und verkohlt und mit Ruß beschmuzt als wahres Küchen- latein aus der Küche der niedrigen Magd wieder zurückgetragen sehen. Wie nun Hartlieb einerseits mit seinen unter dem Titel: "De vocalibus et vocabulis vernacula lingua fantastice expo- nendis" zusammengestellten Vocabeln ein Zeugniß von der em- pörenden brockenweisen Latinität gibt, welche die Geistlichen mit geilem Behagen ihren gemeinen Metzen beigebracht hatten, so gibt er andererseits auch in dem deutschen Wörterverzeichniß, welches unter dem Titel: "Attributa quae meretrices dant suis amato- ribus" jenen verdorbenen lateinischen Vocabeln folgt, wieder ein Zeugniß von der tiefen Verachtung, mit welcher im übermüthigen Bewußtsein ihrer absoluten Gewalt die Metzen ihre priesterlichen Buhlen behandelten. Jn beiden Verzeichnissen findet man aber auch wieder die schon Th. III, S. 167, ausgesprochene Beobach- tung bestätigt, daß die Sprache der Metzen zusammenhanglos wie ein Hagelschlag in die Gaunersprache hineinbrockelt und so in diese
gleich das liederliche Leben der Geiſtlichen und der Metzen mit- einander im allgemeinen mit ſittlicher Strenge und Satire gerügt wird, ſo gibt doch die ganze Weiſe, in welcher die ſchmuzigſten Verhältniſſe und niedrigſten Farcen dargeſtellt werden, nicht allein Zeugniß von der offen daliegenden tiefen ſittlichen Verſunkenheit der Geiſtlichkeit des Mittelalters, ſondern auch von dem unwür- digen, widerlichen, des wahren tiefen ſittlichen Ernſtes baren Be- hagen, welches der Verfaſſer ſelbſt an dem niedrigen Stoffe und an der Menge ſchmuziger Redensarten und Ausdrücke findet, wenn er auch — ſichtlich bedenklich, dieſe Dinge aus ſich ſelbſt hervor- zubringen — mit befangenem Ungeſchick alle dieſe Zoten einem freilich im gelungenſten Küchenlatein docirenden, nichtswürdigen Pfaffen- und Weiberknecht in den Mund legt. Wie nun aber auch Form und Einkleidung der ganzen Darſtellung ſein mag: ſo findet man doch überall Geiſtlichkeit und Proſtitution in einer wahrlich grauenhaft innigen Bezüglichkeit und Sättigung zueinan- der ſtehen und muß ſelbſt den Haupttypus edler gelehrter Bildung, die lateiniſche Sprache, von den auch in die Küche ihren Haus- buhlerinnen lüſtern nachſchleichenden Geiſtlichen in dieſe Küchen hinein- und verkohlt und mit Ruß beſchmuzt als wahres Küchen- latein aus der Küche der niedrigen Magd wieder zurückgetragen ſehen. Wie nun Hartlieb einerſeits mit ſeinen unter dem Titel: „De vocalibus et vocabulis vernacula lingua fantastice expo- nendis“ zuſammengeſtellten Vocabeln ein Zeugniß von der em- pörenden brockenweiſen Latinität gibt, welche die Geiſtlichen mit geilem Behagen ihren gemeinen Metzen beigebracht hatten, ſo gibt er andererſeits auch in dem deutſchen Wörterverzeichniß, welches unter dem Titel: „Attributa quae meretrices dant suis amato- ribus“ jenen verdorbenen lateiniſchen Vocabeln folgt, wieder ein Zeugniß von der tiefen Verachtung, mit welcher im übermüthigen Bewußtſein ihrer abſoluten Gewalt die Metzen ihre prieſterlichen Buhlen behandelten. Jn beiden Verzeichniſſen findet man aber auch wieder die ſchon Th. III, S. 167, ausgeſprochene Beobach- tung beſtätigt, daß die Sprache der Metzen zuſammenhanglos wie ein Hagelſchlag in die Gaunerſprache hineinbrockelt und ſo in dieſe
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gleich das liederliche Leben der Geiſtlichen und der Metzen mit-
einander im allgemeinen mit ſittlicher Strenge und Satire gerügt
wird, ſo gibt doch die ganze Weiſe, in welcher die ſchmuzigſten
Verhältniſſe und niedrigſten Farcen dargeſtellt werden, nicht allein
Zeugniß von der offen daliegenden tiefen ſittlichen Verſunkenheit
der Geiſtlichkeit des Mittelalters, ſondern auch von dem unwür-
digen, widerlichen, des wahren tiefen ſittlichen Ernſtes baren Be-
hagen, welches der Verfaſſer ſelbſt an dem niedrigen Stoffe und
an der Menge ſchmuziger Redensarten und Ausdrücke findet, wenn
er auch — ſichtlich bedenklich, dieſe Dinge aus ſich ſelbſt hervor-
zubringen — mit befangenem Ungeſchick alle dieſe Zoten einem
freilich im gelungenſten Küchenlatein docirenden, nichtswürdigen
Pfaffen- und Weiberknecht in den Mund legt. Wie nun aber
auch Form und Einkleidung der ganzen Darſtellung ſein mag: ſo
findet man doch überall Geiſtlichkeit und Proſtitution in einer
wahrlich grauenhaft innigen Bezüglichkeit und Sättigung zueinan-
der ſtehen und muß ſelbſt den Haupttypus edler gelehrter Bildung,
die lateiniſche Sprache, von den auch in die Küche ihren Haus-
buhlerinnen lüſtern nachſchleichenden Geiſtlichen in dieſe Küchen
hinein- und verkohlt und mit Ruß beſchmuzt als wahres Küchen-
latein aus der Küche der niedrigen Magd wieder zurückgetragen
ſehen. Wie nun Hartlieb einerſeits mit ſeinen unter dem Titel:
„De vocalibus et vocabulis vernacula lingua fantastice expo-
nendis“ zuſammengeſtellten Vocabeln ein Zeugniß von der em-
pörenden brockenweiſen Latinität gibt, welche die Geiſtlichen mit
geilem Behagen ihren gemeinen Metzen beigebracht hatten, ſo gibt
er andererſeits auch in dem deutſchen Wörterverzeichniß, welches
unter dem Titel: „Attributa quae meretrices dant suis amato-
ribus“ jenen verdorbenen lateiniſchen Vocabeln folgt, wieder ein
Zeugniß von der tiefen Verachtung, mit welcher im übermüthigen
Bewußtſein ihrer abſoluten Gewalt die Metzen ihre prieſterlichen
Buhlen behandelten. Jn beiden Verzeichniſſen findet man aber
auch wieder die ſchon Th. III, S. 167, ausgeſprochene Beobach-
tung beſtätigt, daß die Sprache der Metzen zuſammenhanglos wie
ein Hagelſchlag in die Gaunerſprache hineinbrockelt und ſo in dieſe
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/84>, abgerufen am 24.11.2024.
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