Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.der Geschichte des Aberglaubens und des Gaunerthums spielt. Diese mumia spiritualis spielt aber noch heutigen Tags, 1) Eine ähnliche Analogie findet bei dem Ausdruck "besefeln" statt. Jm Zusammenhang damit steht auch das hebräische [fremdsprachliches Material - fehlt] (schess), das Gesäß (Schos); s. das Wörterbuch. 2) z. B. in "Dr. J. Christiani Francisci Paullini Heylsame Dreckapo-
theck" (1687 und in mehreren spätern Auflagen), worin vom Verfasser mit rohem und beschränktem Wissen die mumia spiritualis als "das rechte Ge- heimniß, alle Zauberschäden zu heylen" u. s. w. abgehandelt wird. Auffallend ist das S. 263 von Luther und S. 263 von Dr. Bugenhagen (Pommeranus) angeführte Beispiel, sowie S. 258 die Cur eines von Liebe gegen eine feile Person entbrannten Cavaliers. Von der weiten Verbreitung dieser abergläu- bischen Doctrin gibt noch einen überraschenden Beleg die Sammlung medi- zinischer Recepte einer hohen Frau, der Herzogin von Troppau, Eleonore Marie Rosalie, "Freywillig Auffgesprungener Granat-Apffel des Christlichen Samaritans" (Wien 1715, u. in mehreren Auflagen erschienen). Das Werk, in welchem alle Thiergattungen zur Pharmakopöe herbeigezogen werden, endet sogar mit einem -- Kochbuch, welches 531 Küchenrecepte enthält. Noch merk- würdiger sind die auf dem papierdurchschossenen Exemplar, welches ich besitze, offenbar von ärztlicher Hand herrührenden, handschriftlichen Zusätze, Recepte und Bemerkungen, die sogar über das Jahr 1768 hinausreichen. der Geſchichte des Aberglaubens und des Gaunerthums ſpielt. Dieſe mumia spiritualis ſpielt aber noch heutigen Tags, 1) Eine ähnliche Analogie findet bei dem Ausdruck „beſefeln“ ſtatt. Jm Zuſammenhang damit ſteht auch das hebräiſche [fremdsprachliches Material – fehlt] (schess), das Geſäß (Schos); ſ. das Wörterbuch. 2) z. B. in „Dr. J. Chriſtiani Francisci Paullini Heylſame Dreckapo-
theck“ (1687 und in mehreren ſpätern Auflagen), worin vom Verfaſſer mit rohem und beſchränktem Wiſſen die mumia spiritualis als „das rechte Ge- heimniß, alle Zauberſchäden zu heylen“ u. ſ. w. abgehandelt wird. Auffallend iſt das S. 263 von Luther und S. 263 von Dr. Bugenhagen (Pommeranus) angeführte Beiſpiel, ſowie S. 258 die Cur eines von Liebe gegen eine feile Perſon entbrannten Cavaliers. Von der weiten Verbreitung dieſer abergläu- biſchen Doctrin gibt noch einen überraſchenden Beleg die Sammlung medi- ziniſcher Recepte einer hohen Frau, der Herzogin von Troppau, Eleonore Marie Roſalie, „Freywillig Auffgeſprungener Granat-Apffel des Chriſtlichen Samaritans“ (Wien 1715, u. in mehreren Auflagen erſchienen). Das Werk, in welchem alle Thiergattungen zur Pharmakopöe herbeigezogen werden, endet ſogar mit einem — Kochbuch, welches 531 Küchenrecepte enthält. Noch merk- würdiger ſind die auf dem papierdurchſchoſſenen Exemplar, welches ich beſitze, offenbar von ärztlicher Hand herrührenden, handſchriftlichen Zuſätze, Recepte und Bemerkungen, die ſogar über das Jahr 1768 hinausreichen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0036" n="24"/> der Geſchichte des Aberglaubens und des Gaunerthums ſpielt.<lb/> Jn allen alten Zauber- und Gaunerbüchern figurirt dies Mittel,<lb/> den Teufel zu bändigen und abzufertigen, der in ſeinem ohnmäch-<lb/> tigen Grimm, namentlich wenn er davon fahren muß, auch ſeiner-<lb/> ſeits damit zu imponiren ſucht. Dieſes Mittel wurde ſchon im<lb/> früheſten Mittelalter gebraucht, und dies erklärt auch den derben<lb/> Ausdruck für <hi rendition="#g">täuſchen</hi> oder <hi rendition="#g">betrügen,</hi> deſſen auch Luther häufig<lb/> und namentlich am Schluß ſeiner Vorrede zum <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi><lb/> ſich bedient, und der noch heute im ſüdlichen Deutſchland volks-<lb/> gebräuchlich iſt. <note place="foot" n="1)">Eine ähnliche Analogie findet bei dem Ausdruck „beſefeln“ ſtatt. Jm<lb/> Zuſammenhang damit ſteht auch das hebräiſche <gap reason="fm" unit="words"/> <hi rendition="#aq">(schess),</hi> das Geſäß<lb/> (Schos); ſ. das Wörterbuch.</note> Sogar wurde die ekle Materie mit dem ganzen<lb/> Ernſt und Ton der Wiſſenſchaft von Aerzten abgehandelt <note place="foot" n="2)">z. B. in „<hi rendition="#aq">Dr.</hi> J. Chriſtiani Francisci Paullini Heylſame Dreckapo-<lb/> theck“ (1687 und in mehreren ſpätern Auflagen), worin vom Verfaſſer mit<lb/> rohem und beſchränktem Wiſſen die <hi rendition="#aq">mumia spiritualis</hi> als „das rechte Ge-<lb/> heimniß, alle Zauberſchäden zu heylen“ u. ſ. w. abgehandelt wird. Auffallend<lb/> iſt das S. 263 von Luther und S. 263 von <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Bugenhagen (Pommeranus)<lb/> angeführte Beiſpiel, ſowie S. 258 die Cur eines von Liebe gegen eine feile<lb/> Perſon entbrannten Cavaliers. Von der weiten Verbreitung dieſer abergläu-<lb/> biſchen Doctrin gibt noch einen überraſchenden Beleg die Sammlung medi-<lb/> ziniſcher Recepte einer hohen Frau, der Herzogin von Troppau, Eleonore<lb/> Marie Roſalie, „Freywillig Auffgeſprungener Granat-Apffel des Chriſtlichen<lb/> Samaritans“ (Wien 1715, u. in mehreren Auflagen erſchienen). Das Werk,<lb/> in welchem alle Thiergattungen zur Pharmakopöe herbeigezogen werden, endet<lb/> ſogar mit einem — Kochbuch, welches 531 Küchenrecepte enthält. Noch merk-<lb/> würdiger ſind die auf dem papierdurchſchoſſenen Exemplar, welches ich beſitze,<lb/> offenbar von ärztlicher Hand herrührenden, handſchriftlichen Zuſätze, Recepte und<lb/> Bemerkungen, die ſogar über das Jahr 1768 hinausreichen.</note>, und<lb/> hat noch lange, bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts, An-<lb/> hänger unter den Aerzten gefunden. Auch noch heutigen Tags<lb/> hat der Koth bei dem gemeinen Volke eine nicht geringe Aucto-<lb/> rität als Hausmittel.</p><lb/> <p>Dieſe <hi rendition="#aq">mumia spiritualis</hi> ſpielt aber noch heutigen Tags,<lb/> mindeſtens im nördlichen Deutſchland, dieſelbe weſentliche Rolle<lb/> im Aberglauben der Gauner, wie man ſie in ältern Acten vielfach<lb/> angedeutet findet. Bei Einbrüchen, beſonders auf dem Lande, die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [24/0036]
der Geſchichte des Aberglaubens und des Gaunerthums ſpielt.
Jn allen alten Zauber- und Gaunerbüchern figurirt dies Mittel,
den Teufel zu bändigen und abzufertigen, der in ſeinem ohnmäch-
tigen Grimm, namentlich wenn er davon fahren muß, auch ſeiner-
ſeits damit zu imponiren ſucht. Dieſes Mittel wurde ſchon im
früheſten Mittelalter gebraucht, und dies erklärt auch den derben
Ausdruck für täuſchen oder betrügen, deſſen auch Luther häufig
und namentlich am Schluß ſeiner Vorrede zum Liber Vagatorum
ſich bedient, und der noch heute im ſüdlichen Deutſchland volks-
gebräuchlich iſt. 1) Sogar wurde die ekle Materie mit dem ganzen
Ernſt und Ton der Wiſſenſchaft von Aerzten abgehandelt 2), und
hat noch lange, bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts, An-
hänger unter den Aerzten gefunden. Auch noch heutigen Tags
hat der Koth bei dem gemeinen Volke eine nicht geringe Aucto-
rität als Hausmittel.
Dieſe mumia spiritualis ſpielt aber noch heutigen Tags,
mindeſtens im nördlichen Deutſchland, dieſelbe weſentliche Rolle
im Aberglauben der Gauner, wie man ſie in ältern Acten vielfach
angedeutet findet. Bei Einbrüchen, beſonders auf dem Lande, die
1) Eine ähnliche Analogie findet bei dem Ausdruck „beſefeln“ ſtatt. Jm
Zuſammenhang damit ſteht auch das hebräiſche _ (schess), das Geſäß
(Schos); ſ. das Wörterbuch.
2) z. B. in „Dr. J. Chriſtiani Francisci Paullini Heylſame Dreckapo-
theck“ (1687 und in mehreren ſpätern Auflagen), worin vom Verfaſſer mit
rohem und beſchränktem Wiſſen die mumia spiritualis als „das rechte Ge-
heimniß, alle Zauberſchäden zu heylen“ u. ſ. w. abgehandelt wird. Auffallend
iſt das S. 263 von Luther und S. 263 von Dr. Bugenhagen (Pommeranus)
angeführte Beiſpiel, ſowie S. 258 die Cur eines von Liebe gegen eine feile
Perſon entbrannten Cavaliers. Von der weiten Verbreitung dieſer abergläu-
biſchen Doctrin gibt noch einen überraſchenden Beleg die Sammlung medi-
ziniſcher Recepte einer hohen Frau, der Herzogin von Troppau, Eleonore
Marie Roſalie, „Freywillig Auffgeſprungener Granat-Apffel des Chriſtlichen
Samaritans“ (Wien 1715, u. in mehreren Auflagen erſchienen). Das Werk,
in welchem alle Thiergattungen zur Pharmakopöe herbeigezogen werden, endet
ſogar mit einem — Kochbuch, welches 531 Küchenrecepte enthält. Noch merk-
würdiger ſind die auf dem papierdurchſchoſſenen Exemplar, welches ich beſitze,
offenbar von ärztlicher Hand herrührenden, handſchriftlichen Zuſätze, Recepte und
Bemerkungen, die ſogar über das Jahr 1768 hinausreichen.
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