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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Siebenunddreißigstes Kapitel.
3) Der Einbruch, Unterkabber, Aufbruch und die
Hülfsmittel dazu.

Niedrige Verschlüsse, Mauern, Holz- und Plankwerk, Gelän-
der, welche leicht zu übersteigen und nicht mit eisernen Zinken oder
Stachelwalzen geschützt sind, bieten dem Schränker kein Hinderniß.
Hohe hölzerne geschützte Planken bieten ein solches schon eher,
und werden daher, wenn nicht einzelne Breter sich geräuschlos
abreißen lassen, mit dem Bohrer und dem Messer durchschnitten
und eingelegt, sodaß schon in dieser Weise vom Einbruch, Lekiche 1),
die Rede sein kann. Ernstern Widerstand bieten die Mauern.
Die sogenannten Schachtwände (Leim-Chaume, Leim-Kaus-
sel, Leim-Kir),
welche besonders im nördlichen Deutschland,
namentlich bei Scheunen und Ställen, aber auch bei Wohnhäu-
sern, der Leichtigkeit und Billigkeit wegen, zu Wänden gebraucht
werden, bereiten dem Schränker geringere Schwierigkeit. Sie be-
stehen aus Holzstäben (Schächten, Staken), welche in die Stän-
der und Riegel des Gebäudes eingeklemmt und mit einem An-
wurf von Lehm und kurzem Stroh versehen werden. Sie sind
die schlechtesten Umfassungsmauern, und verrathen sich, selbst wenn
sie mit Kalk übergesetzt sind, durch die überall hervortretenden

1) Lekiche, von [fremdsprachliches Material - fehlt] (lokach), nehmen, vorzüglich von Feindes Beute,
heißt eigentlich jeder Diebstahl, besonders aber der gewaltsame Diebstahl mit
Einbruch, wofür übrigens noch der besondere Ausdruck: Lekiche bekauach,
corump. perkooch, vom jüdisch-deutschen [fremdsprachliches Material - fehlt] (kauach), Stärke, Kraft, Ge-
walt, [fremdsprachliches Material - fehlt] (bekauach), mit Gewalt. Daher Lekiche machen oder ausse-
nen,
stehlen, mit Einbruch stehlen. Ebenso lekichnen, was aber besonders
in Compositionen auch nehmen heißt, z. B. Schauchad lekichnen, Ge-
schenke annehmen zur Bestechung. Lekicher Dieb, Lekicher perkooch,
Einbrecher, Schränker. Pessuch, von [fremdsprachliches Material - fehlt], ist gleichfalls die Oeffnung, der
gewaltsame Einbruch, während Passung allgemein den Eingang, sei es durch
Einbruch oder mit Nachschlüssel, bedeutet. Pessuch melochnen heißt daher
einbrechen, Pessucher Einbrecher, Passung machen, den Eingang auf
eine oder die andere Weise herstellen.
Siebenunddreißigſtes Kapitel.
3) Der Einbruch, Unterkabber, Aufbruch und die
Hülfsmittel dazu.

Niedrige Verſchlüſſe, Mauern, Holz- und Plankwerk, Gelän-
der, welche leicht zu überſteigen und nicht mit eiſernen Zinken oder
Stachelwalzen geſchützt ſind, bieten dem Schränker kein Hinderniß.
Hohe hölzerne geſchützte Planken bieten ein ſolches ſchon eher,
und werden daher, wenn nicht einzelne Breter ſich geräuſchlos
abreißen laſſen, mit dem Bohrer und dem Meſſer durchſchnitten
und eingelegt, ſodaß ſchon in dieſer Weiſe vom Einbruch, Lekiche 1),
die Rede ſein kann. Ernſtern Widerſtand bieten die Mauern.
Die ſogenannten Schachtwände (Leim-Chaume, Leim-Kauſ-
ſel, Leim-Kir),
welche beſonders im nördlichen Deutſchland,
namentlich bei Scheunen und Ställen, aber auch bei Wohnhäu-
ſern, der Leichtigkeit und Billigkeit wegen, zu Wänden gebraucht
werden, bereiten dem Schränker geringere Schwierigkeit. Sie be-
ſtehen aus Holzſtäben (Schächten, Staken), welche in die Stän-
der und Riegel des Gebäudes eingeklemmt und mit einem An-
wurf von Lehm und kurzem Stroh verſehen werden. Sie ſind
die ſchlechteſten Umfaſſungsmauern, und verrathen ſich, ſelbſt wenn
ſie mit Kalk übergeſetzt ſind, durch die überall hervortretenden

1) Lekiche, von [fremdsprachliches Material – fehlt] (lokach), nehmen, vorzüglich von Feindes Beute,
heißt eigentlich jeder Diebſtahl, beſonders aber der gewaltſame Diebſtahl mit
Einbruch, wofür übrigens noch der beſondere Ausdruck: Lekiche bekauach,
corump. perkooch, vom jüdiſch-deutſchen [fremdsprachliches Material – fehlt] (kauach), Stärke, Kraft, Ge-
walt, [fremdsprachliches Material – fehlt] (bekauach), mit Gewalt. Daher Lekiche machen oder auſſe-
nen,
ſtehlen, mit Einbruch ſtehlen. Ebenſo lekichnen, was aber beſonders
in Compoſitionen auch nehmen heißt, z. B. Schauchad lekichnen, Ge-
ſchenke annehmen zur Beſtechung. Lekicher Dieb, Lekicher perkooch,
Einbrecher, Schränker. Peſſuch, von [fremdsprachliches Material – fehlt], iſt gleichfalls die Oeffnung, der
gewaltſame Einbruch, während Paſſung allgemein den Eingang, ſei es durch
Einbruch oder mit Nachſchlüſſel, bedeutet. Peſſuch melochnen heißt daher
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[123/0135] Siebenunddreißigſtes Kapitel. 3) Der Einbruch, Unterkabber, Aufbruch und die Hülfsmittel dazu. Niedrige Verſchlüſſe, Mauern, Holz- und Plankwerk, Gelän- der, welche leicht zu überſteigen und nicht mit eiſernen Zinken oder Stachelwalzen geſchützt ſind, bieten dem Schränker kein Hinderniß. Hohe hölzerne geſchützte Planken bieten ein ſolches ſchon eher, und werden daher, wenn nicht einzelne Breter ſich geräuſchlos abreißen laſſen, mit dem Bohrer und dem Meſſer durchſchnitten und eingelegt, ſodaß ſchon in dieſer Weiſe vom Einbruch, Lekiche 1), die Rede ſein kann. Ernſtern Widerſtand bieten die Mauern. Die ſogenannten Schachtwände (Leim-Chaume, Leim-Kauſ- ſel, Leim-Kir), welche beſonders im nördlichen Deutſchland, namentlich bei Scheunen und Ställen, aber auch bei Wohnhäu- ſern, der Leichtigkeit und Billigkeit wegen, zu Wänden gebraucht werden, bereiten dem Schränker geringere Schwierigkeit. Sie be- ſtehen aus Holzſtäben (Schächten, Staken), welche in die Stän- der und Riegel des Gebäudes eingeklemmt und mit einem An- wurf von Lehm und kurzem Stroh verſehen werden. Sie ſind die ſchlechteſten Umfaſſungsmauern, und verrathen ſich, ſelbſt wenn ſie mit Kalk übergeſetzt ſind, durch die überall hervortretenden 1) Lekiche, von _ (lokach), nehmen, vorzüglich von Feindes Beute, heißt eigentlich jeder Diebſtahl, beſonders aber der gewaltſame Diebſtahl mit Einbruch, wofür übrigens noch der beſondere Ausdruck: Lekiche bekauach, corump. perkooch, vom jüdiſch-deutſchen _ (kauach), Stärke, Kraft, Ge- walt, _ (bekauach), mit Gewalt. Daher Lekiche machen oder auſſe- nen, ſtehlen, mit Einbruch ſtehlen. Ebenſo lekichnen, was aber beſonders in Compoſitionen auch nehmen heißt, z. B. Schauchad lekichnen, Ge- ſchenke annehmen zur Beſtechung. Lekicher Dieb, Lekicher perkooch, Einbrecher, Schränker. Peſſuch, von _ , iſt gleichfalls die Oeffnung, der gewaltſame Einbruch, während Paſſung allgemein den Eingang, ſei es durch Einbruch oder mit Nachſchlüſſel, bedeutet. Peſſuch melochnen heißt daher einbrechen, Peſſucher Einbrecher, Paſſung machen, den Eingang auf eine oder die andere Weiſe herſtellen.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/135>, abgerufen am 24.11.2024.