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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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unverwehrt und sogar mit kaiserlichen Geleitsbriefen versehen im
Lande umherziehen und ungestraft das Landvolk bestehlen und
plündern. So darf man sich nicht wundern, daß man schon früh-
zeitig mächtige, förmlich organisirte Räuberbanden 1), besonders im
südlichen Deutschland findet. Namentlich war der Verkehr auf
den baseler Landstraßen im 14. Jahrhundert von Wegelagerern und
Raubrittern arg gefährdet. Die Wegnahme eines Gütertrans-
ports unter dem Geleite des Grafen von Nidau im Jahre 1373
durch die Grafen Hans von Thierstein und Hemman von Bech-
burg auf Falkenstein, hatte einen offenen Krieg zur Folge, der mit
der Eroberung des Schlosses Falkenstein endete. Ungeachtet die
Baseler sich vom Kaiser zur selben Zeit das Geleitsprivilegium
erwirkt hatten, dauerten die Beraubungen dennoch fort; besonders
zeigte sich darin der Bischof Johannes von Wien sehr feindselig
gegen die Stadt Basel, die sich bemühte, mit den benachbarten
Fürsten und Herren Schutz- und Trutzbündnisse zu schließen. 2) Die

1) Sogar schon unter Karl IV. (1347--78) findet sich die älteste Spur
einer Gaunersprache, von der im "Notatenbuche" des Dithmar von Meckebach,
Kanonikus und Kanzler des Herzogthums Breslau unter Karl, einige Worte
aufgezeichnet sind. Vgl. "Weimar. Jahrbuch", 1854, Bd. 1, Heft 2, S. 328 fg.
Jn Frankreich traten namentlich schon 1325 in dem Kriege Karl's IV. mit
Eduard II. von England offene Räuberbanden hervor, welche aus jüngern
Söhnen und Bastarden vornehmer Geschlechter bestanden und zum Theil von
hohen und mächtigen Adelichen angeführt wurden. Unter diesen Führern zeich-
nete sich besonders der Baron Jourdain Dufaiti, der mit seiner Bande nach
Paris zog, als frecher und verwegener Räuber aus. Die Banden vermehrten
sich immer ärger und trieben während der entsetzlichen Kriege unter Karl VI.
den Unfug auf die höchste Spitze, wie das die Greuelthaten der vielen berüch-
tigten Räuberbanden, z. B. der sogenannten dreißigtausend Teufel, der
funfzehntausend Teufel, Wegelagerer und Menschenschinder u. s. w. beweisen;
vgl. "Lebensbeschreibung und Criminalprocesse berüchtigter Räuber und großer
Verbrecher älterer Zeit"; aus dem Französischen von Ludwig Hain (Leipzig
1846).
2) So ließ sie sich z. B. 1380 in die Gesellschaft "der Löwen" auf-
nehmen und schloß 1385 ein Bündniß mit den drei Grafen Ott, Hans und
Hesse von Hochberg. Brückner theilt in seinem "Versuch historischer und na-
türlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel" (Basel 1752), S. 787
u. 790, beide Urkunden ausführlich mit.
Ave-Lallemant, Gaunerthum. I. 4

unverwehrt und ſogar mit kaiſerlichen Geleitsbriefen verſehen im
Lande umherziehen und ungeſtraft das Landvolk beſtehlen und
plündern. So darf man ſich nicht wundern, daß man ſchon früh-
zeitig mächtige, förmlich organiſirte Räuberbanden 1), beſonders im
ſüdlichen Deutſchland findet. Namentlich war der Verkehr auf
den baſeler Landſtraßen im 14. Jahrhundert von Wegelagerern und
Raubrittern arg gefährdet. Die Wegnahme eines Gütertrans-
ports unter dem Geleite des Grafen von Nidau im Jahre 1373
durch die Grafen Hans von Thierſtein und Hemman von Bech-
burg auf Falkenſtein, hatte einen offenen Krieg zur Folge, der mit
der Eroberung des Schloſſes Falkenſtein endete. Ungeachtet die
Baſeler ſich vom Kaiſer zur ſelben Zeit das Geleitsprivilegium
erwirkt hatten, dauerten die Beraubungen dennoch fort; beſonders
zeigte ſich darin der Biſchof Johannes von Wien ſehr feindſelig
gegen die Stadt Baſel, die ſich bemühte, mit den benachbarten
Fürſten und Herren Schutz- und Trutzbündniſſe zu ſchließen. 2) Die

1) Sogar ſchon unter Karl IV. (1347—78) findet ſich die älteſte Spur
einer Gaunerſprache, von der im „Notatenbuche“ des Dithmar von Meckebach,
Kanonikus und Kanzler des Herzogthums Breslau unter Karl, einige Worte
aufgezeichnet ſind. Vgl. „Weimar. Jahrbuch“, 1854, Bd. 1, Heft 2, S. 328 fg.
Jn Frankreich traten namentlich ſchon 1325 in dem Kriege Karl’s IV. mit
Eduard II. von England offene Räuberbanden hervor, welche aus jüngern
Söhnen und Baſtarden vornehmer Geſchlechter beſtanden und zum Theil von
hohen und mächtigen Adelichen angeführt wurden. Unter dieſen Führern zeich-
nete ſich beſonders der Baron Jourdain Dufaiti, der mit ſeiner Bande nach
Paris zog, als frecher und verwegener Räuber aus. Die Banden vermehrten
ſich immer ärger und trieben während der entſetzlichen Kriege unter Karl VI.
den Unfug auf die höchſte Spitze, wie das die Greuelthaten der vielen berüch-
tigten Räuberbanden, z. B. der ſogenannten dreißigtauſend Teufel, der
funfzehntauſend Teufel, Wegelagerer und Menſchenſchinder u. ſ. w. beweiſen;
vgl. „Lebensbeſchreibung und Criminalproceſſe berüchtigter Räuber und großer
Verbrecher älterer Zeit“; aus dem Franzöſiſchen von Ludwig Hain (Leipzig
1846).
2) So ließ ſie ſich z. B. 1380 in die Geſellſchaft „der Löwen“ auf-
nehmen und ſchloß 1385 ein Bündniß mit den drei Grafen Ott, Hans und
Heſſe von Hochberg. Brückner theilt in ſeinem „Verſuch hiſtoriſcher und na-
türlicher Merkwürdigkeiten der Landſchaft Baſel“ (Baſel 1752), S. 787
u. 790, beide Urkunden ausführlich mit.
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[49/0065] unverwehrt und ſogar mit kaiſerlichen Geleitsbriefen verſehen im Lande umherziehen und ungeſtraft das Landvolk beſtehlen und plündern. So darf man ſich nicht wundern, daß man ſchon früh- zeitig mächtige, förmlich organiſirte Räuberbanden 1), beſonders im ſüdlichen Deutſchland findet. Namentlich war der Verkehr auf den baſeler Landſtraßen im 14. Jahrhundert von Wegelagerern und Raubrittern arg gefährdet. Die Wegnahme eines Gütertrans- ports unter dem Geleite des Grafen von Nidau im Jahre 1373 durch die Grafen Hans von Thierſtein und Hemman von Bech- burg auf Falkenſtein, hatte einen offenen Krieg zur Folge, der mit der Eroberung des Schloſſes Falkenſtein endete. Ungeachtet die Baſeler ſich vom Kaiſer zur ſelben Zeit das Geleitsprivilegium erwirkt hatten, dauerten die Beraubungen dennoch fort; beſonders zeigte ſich darin der Biſchof Johannes von Wien ſehr feindſelig gegen die Stadt Baſel, die ſich bemühte, mit den benachbarten Fürſten und Herren Schutz- und Trutzbündniſſe zu ſchließen. 2) Die 1) Sogar ſchon unter Karl IV. (1347—78) findet ſich die älteſte Spur einer Gaunerſprache, von der im „Notatenbuche“ des Dithmar von Meckebach, Kanonikus und Kanzler des Herzogthums Breslau unter Karl, einige Worte aufgezeichnet ſind. Vgl. „Weimar. Jahrbuch“, 1854, Bd. 1, Heft 2, S. 328 fg. Jn Frankreich traten namentlich ſchon 1325 in dem Kriege Karl’s IV. mit Eduard II. von England offene Räuberbanden hervor, welche aus jüngern Söhnen und Baſtarden vornehmer Geſchlechter beſtanden und zum Theil von hohen und mächtigen Adelichen angeführt wurden. Unter dieſen Führern zeich- nete ſich beſonders der Baron Jourdain Dufaiti, der mit ſeiner Bande nach Paris zog, als frecher und verwegener Räuber aus. Die Banden vermehrten ſich immer ärger und trieben während der entſetzlichen Kriege unter Karl VI. den Unfug auf die höchſte Spitze, wie das die Greuelthaten der vielen berüch- tigten Räuberbanden, z. B. der ſogenannten dreißigtauſend Teufel, der funfzehntauſend Teufel, Wegelagerer und Menſchenſchinder u. ſ. w. beweiſen; vgl. „Lebensbeſchreibung und Criminalproceſſe berüchtigter Räuber und großer Verbrecher älterer Zeit“; aus dem Franzöſiſchen von Ludwig Hain (Leipzig 1846). 2) So ließ ſie ſich z. B. 1380 in die Geſellſchaft „der Löwen“ auf- nehmen und ſchloß 1385 ein Bündniß mit den drei Grafen Ott, Hans und Heſſe von Hochberg. Brückner theilt in ſeinem „Verſuch hiſtoriſcher und na- türlicher Merkwürdigkeiten der Landſchaft Baſel“ (Baſel 1752), S. 787 u. 790, beide Urkunden ausführlich mit. Avé-Lallemant, Gaunerthum. I. 4

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/65>, abgerufen am 28.11.2024.