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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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von einzelnen gaunerischen Ränken derselben geredet, die jedoch
durchaus nicht den Zigeunern eigenthümlich sind, sondern dem Ge-
sammtgaunerthum angehören. Das Buch ist eine überaus reiche
Quelle der vielseitigsten Belehrung und muß auch noch jetzt jedem
Polizeimann bekannt sein, welchem daran liegt, das Gaunerthum
in seiner ganzen intensiven und extensiven Gewalt kennen zu lernen.



Funfzehntes Kapitel.
H. Die Gruppen- und Personenskizze.

Wie bedeutsam und viel versprechend auch die Stufe war,
zu welcher sich, namentlich durch Schäffer's treffliche Schriften, die
Gaunerliteratur emporgehoben hatte, so erscheint sie doch gleich
nach Schäffer plötzlich wie gänzlich abgebrochen. Die ungeheuere
Schilderhebung des Räuberthums mit der Französischen Revolu-
tion, sein furchtbarer frecher Angriff auf die öffentliche Sicherheit
und Ordnung, vor dem die Polizei sogar eine Zeit lang zurück-
weichen mußte, stellte den Sicherheitsbehörden eine so große, und
bei den schwankenden politischen und Territorialverhältnissen, so
überaus schwierige Aufgabe, daß es der angestrengtesten Thätig-
keit aller Sicherheitsbehörden bedurfte, den Kampf gegen die ver-
brecherische Masse nur beginnen zu können, der jedoch nur in ge-
legentlichen Angriffen auf einzelne Gruppen versucht, nicht aber
mit einem großen Heereszug gegen das furchtbare Ganze gewagt
werden durfte. Sieht man in jenen Aufruhr aller verbrecherischen
Kräfte hinein, so muß man erstaunen über den Muth und die
Erfolge der preußischen Justiz, die einen Kampf unternahm, wo
das Räuberthum nur einen allgemeinen Triumph feierte, man
muß erstaunen, daß mitten in dem Kampfe, den man einen dreißig-
jährigen Krieg der Justiz gegen das Räuberthum nennen kann,
überhaupt ein literarisches Werk wie die "Actenmäßige Geschichte
der Rheinischen Räuberbanden" erscheinen, erstaunen darüber, daß

von einzelnen gauneriſchen Ränken derſelben geredet, die jedoch
durchaus nicht den Zigeunern eigenthümlich ſind, ſondern dem Ge-
ſammtgaunerthum angehören. Das Buch iſt eine überaus reiche
Quelle der vielſeitigſten Belehrung und muß auch noch jetzt jedem
Polizeimann bekannt ſein, welchem daran liegt, das Gaunerthum
in ſeiner ganzen intenſiven und extenſiven Gewalt kennen zu lernen.



Funfzehntes Kapitel.
H. Die Gruppen- und Perſonenſkizze.

Wie bedeutſam und viel verſprechend auch die Stufe war,
zu welcher ſich, namentlich durch Schäffer’s treffliche Schriften, die
Gaunerliteratur emporgehoben hatte, ſo erſcheint ſie doch gleich
nach Schäffer plötzlich wie gänzlich abgebrochen. Die ungeheuere
Schilderhebung des Räuberthums mit der Franzöſiſchen Revolu-
tion, ſein furchtbarer frecher Angriff auf die öffentliche Sicherheit
und Ordnung, vor dem die Polizei ſogar eine Zeit lang zurück-
weichen mußte, ſtellte den Sicherheitsbehörden eine ſo große, und
bei den ſchwankenden politiſchen und Territorialverhältniſſen, ſo
überaus ſchwierige Aufgabe, daß es der angeſtrengteſten Thätig-
keit aller Sicherheitsbehörden bedurfte, den Kampf gegen die ver-
brecheriſche Maſſe nur beginnen zu können, der jedoch nur in ge-
legentlichen Angriffen auf einzelne Gruppen verſucht, nicht aber
mit einem großen Heereszug gegen das furchtbare Ganze gewagt
werden durfte. Sieht man in jenen Aufruhr aller verbrecheriſchen
Kräfte hinein, ſo muß man erſtaunen über den Muth und die
Erfolge der preußiſchen Juſtiz, die einen Kampf unternahm, wo
das Räuberthum nur einen allgemeinen Triumph feierte, man
muß erſtaunen, daß mitten in dem Kampfe, den man einen dreißig-
jährigen Krieg der Juſtiz gegen das Räuberthum nennen kann,
überhaupt ein literariſches Werk wie die „Actenmäßige Geſchichte
der Rheiniſchen Räuberbanden“ erſcheinen, erſtaunen darüber, daß

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[245/0261] von einzelnen gauneriſchen Ränken derſelben geredet, die jedoch durchaus nicht den Zigeunern eigenthümlich ſind, ſondern dem Ge- ſammtgaunerthum angehören. Das Buch iſt eine überaus reiche Quelle der vielſeitigſten Belehrung und muß auch noch jetzt jedem Polizeimann bekannt ſein, welchem daran liegt, das Gaunerthum in ſeiner ganzen intenſiven und extenſiven Gewalt kennen zu lernen. Funfzehntes Kapitel. H. Die Gruppen- und Perſonenſkizze. Wie bedeutſam und viel verſprechend auch die Stufe war, zu welcher ſich, namentlich durch Schäffer’s treffliche Schriften, die Gaunerliteratur emporgehoben hatte, ſo erſcheint ſie doch gleich nach Schäffer plötzlich wie gänzlich abgebrochen. Die ungeheuere Schilderhebung des Räuberthums mit der Franzöſiſchen Revolu- tion, ſein furchtbarer frecher Angriff auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung, vor dem die Polizei ſogar eine Zeit lang zurück- weichen mußte, ſtellte den Sicherheitsbehörden eine ſo große, und bei den ſchwankenden politiſchen und Territorialverhältniſſen, ſo überaus ſchwierige Aufgabe, daß es der angeſtrengteſten Thätig- keit aller Sicherheitsbehörden bedurfte, den Kampf gegen die ver- brecheriſche Maſſe nur beginnen zu können, der jedoch nur in ge- legentlichen Angriffen auf einzelne Gruppen verſucht, nicht aber mit einem großen Heereszug gegen das furchtbare Ganze gewagt werden durfte. Sieht man in jenen Aufruhr aller verbrecheriſchen Kräfte hinein, ſo muß man erſtaunen über den Muth und die Erfolge der preußiſchen Juſtiz, die einen Kampf unternahm, wo das Räuberthum nur einen allgemeinen Triumph feierte, man muß erſtaunen, daß mitten in dem Kampfe, den man einen dreißig- jährigen Krieg der Juſtiz gegen das Räuberthum nennen kann, überhaupt ein literariſches Werk wie die „Actenmäßige Geſchichte der Rheiniſchen Räuberbanden“ erſcheinen, erſtaunen darüber, daß

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/261>, abgerufen am 02.05.2024.