Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

lich durch Wollust, der sie schon als Kind fröhnte, auf die Ver-
brecherbahn getrieben worden, bis sie als noch jugendliches Weib
unter den entsetzlichsten Verwünschungen ihr ruchlos verbrecherisches
Leben am Galgen endete. Aehnliche erschütternde Darstellungen
sind die des scheußlichen Hundssattlers und die sehr ausführliche
Mittheilung der haarsträubenden Geschichte des verruchten Hau-
nikel 1) und seiner Kameraden, S. 131--221, welche gänzlich
dem unmittelbar nach der Hinrichtung des Hannikel erschienenen
Buche entnommen ist 2): "Hannikel, oder die Räuber und Mörder-
bande, welche in Sulz am Neckar in Verhaft genommen und
am 17. Jul. 1787 daselbst justificirt worden. Ein wahrhafter
Zigeuner-Roman, ganz aus den Kriminalacten gezogen." Der
Verfasser scheint der Oberamtmann Schäffer zu Sulz zu sein, der
sich durch den "Konstanzer Hans" und sein Werk über die schwäbi-
schen Jauner so sehr ausgezeichnet hat.

Nachrichten von den Lebensumständen einiger merkwürdigen Zuchthaus-
gefangenen,
gemeinnützig bearbeitet und herausgegeben von
M. L. Ch. G. Schmid, Zuchthausprediger in Zwickau. Leipzig
1797.

Vorliegende Mittheilungen aus den frühern Lebensverhält-
nissen und Beobachtungen über die Jndividualität der von Schmid
aufgeführten 24 Verbrecher, worunter sich auch mehrere berüchtigte

1) Nichts charakterisirt die kalte Grausamkeit und Rachsucht dieses Unge-
heuers mehr, als die S. 163 fg. erzählte fürchterliche Verstümmelung und Er-
mordung seines Kameraden Toni (Christoph Pfister), den er nach sechstehalb Jahren,
nachdem jener die Mantua, Concubine von Wenzel, dem Bruder Hannikel's, ver-
führt hatte, auf eine tückische Weise überfiel, ihm die Gliedmaßen zerschmetterte,
die Nase mit der Oberlippe abschnitt und zuletzt ihn mit Mistjauche übergoß,
um ihm vollends die schmerzlichsten Qualen zu bereiten.
2) Eine ausführliche Nachricht und specielle Signalements der aus 347
Mitgliedern bestehenden Bande gibt die Sulzer Zigeunerliste von 1787, welche
G. J. Schäffer aus den weitläuftigen, 49,074 Blätter enthaltenden Unter-
suchungsacten ausgezogen hat. Die Liste ist mit einer "kurzen Schilderung
von dem Nationalkarakter der in Teutschland sich noch aufhaltenden Zigeuner
und Jauner" eingeleitet.

lich durch Wolluſt, der ſie ſchon als Kind fröhnte, auf die Ver-
brecherbahn getrieben worden, bis ſie als noch jugendliches Weib
unter den entſetzlichſten Verwünſchungen ihr ruchlos verbrecheriſches
Leben am Galgen endete. Aehnliche erſchütternde Darſtellungen
ſind die des ſcheußlichen Hundsſattlers und die ſehr ausführliche
Mittheilung der haarſträubenden Geſchichte des verruchten Hau-
nikel 1) und ſeiner Kameraden, S. 131—221, welche gänzlich
dem unmittelbar nach der Hinrichtung des Hannikel erſchienenen
Buche entnommen iſt 2): „Hannikel, oder die Räuber und Mörder-
bande, welche in Sulz am Neckar in Verhaft genommen und
am 17. Jul. 1787 daſelbſt juſtificirt worden. Ein wahrhafter
Zigeuner-Roman, ganz aus den Kriminalacten gezogen.“ Der
Verfaſſer ſcheint der Oberamtmann Schäffer zu Sulz zu ſein, der
ſich durch den „Konſtanzer Hans“ und ſein Werk über die ſchwäbi-
ſchen Jauner ſo ſehr ausgezeichnet hat.

Nachrichten von den Lebensumſtänden einiger merkwürdigen Zuchthaus-
gefangenen,
gemeinnützig bearbeitet und herausgegeben von
M. L. Ch. G. Schmid, Zuchthausprediger in Zwickau. Leipzig
1797.

Vorliegende Mittheilungen aus den frühern Lebensverhält-
niſſen und Beobachtungen über die Jndividualität der von Schmid
aufgeführten 24 Verbrecher, worunter ſich auch mehrere berüchtigte

1) Nichts charakteriſirt die kalte Grauſamkeit und Rachſucht dieſes Unge-
heuers mehr, als die S. 163 fg. erzählte fürchterliche Verſtümmelung und Er-
mordung ſeines Kameraden Toni (Chriſtoph Pfiſter), den er nach ſechstehalb Jahren,
nachdem jener die Mantua, Concubine von Wenzel, dem Bruder Hannikel’s, ver-
führt hatte, auf eine tückiſche Weiſe überfiel, ihm die Gliedmaßen zerſchmetterte,
die Naſe mit der Oberlippe abſchnitt und zuletzt ihn mit Miſtjauche übergoß,
um ihm vollends die ſchmerzlichſten Qualen zu bereiten.
2) Eine ausführliche Nachricht und ſpecielle Signalements der aus 347
Mitgliedern beſtehenden Bande gibt die Sulzer Zigeunerliſte von 1787, welche
G. J. Schäffer aus den weitläuftigen, 49,074 Blätter enthaltenden Unter-
ſuchungsacten ausgezogen hat. Die Liſte iſt mit einer „kurzen Schilderung
von dem Nationalkarakter der in Teutſchland ſich noch aufhaltenden Zigeuner
und Jauner“ eingeleitet.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="242"/>
lich durch Wollu&#x017F;t, der &#x017F;ie &#x017F;chon als Kind fröhnte, auf die Ver-<lb/>
brecherbahn getrieben worden, bis &#x017F;ie als noch jugendliches Weib<lb/>
unter den ent&#x017F;etzlich&#x017F;ten Verwün&#x017F;chungen ihr ruchlos verbrecheri&#x017F;ches<lb/>
Leben am Galgen endete. Aehnliche er&#x017F;chütternde Dar&#x017F;tellungen<lb/>
&#x017F;ind die des &#x017F;cheußlichen Hunds&#x017F;attlers und die &#x017F;ehr ausführliche<lb/>
Mittheilung der haar&#x017F;träubenden Ge&#x017F;chichte des verruchten Hau-<lb/>
nikel <note place="foot" n="1)">Nichts charakteri&#x017F;irt die kalte Grau&#x017F;amkeit und Rach&#x017F;ucht die&#x017F;es Unge-<lb/>
heuers mehr, als die S. 163 fg. erzählte fürchterliche Ver&#x017F;tümmelung und Er-<lb/>
mordung &#x017F;eines Kameraden Toni (Chri&#x017F;toph Pfi&#x017F;ter), den er nach &#x017F;echstehalb Jahren,<lb/>
nachdem jener die Mantua, Concubine von Wenzel, dem Bruder Hannikel&#x2019;s, ver-<lb/>
führt hatte, auf eine tücki&#x017F;che Wei&#x017F;e überfiel, ihm die Gliedmaßen zer&#x017F;chmetterte,<lb/>
die Na&#x017F;e mit der Oberlippe ab&#x017F;chnitt und zuletzt ihn mit Mi&#x017F;tjauche übergoß,<lb/>
um ihm vollends die &#x017F;chmerzlich&#x017F;ten Qualen zu bereiten.</note> und &#x017F;einer Kameraden, S. 131&#x2014;221, welche gänzlich<lb/>
dem unmittelbar nach der Hinrichtung des Hannikel er&#x017F;chienenen<lb/>
Buche entnommen i&#x017F;t <note place="foot" n="2)">Eine ausführliche Nachricht und &#x017F;pecielle Signalements der aus 347<lb/>
Mitgliedern be&#x017F;tehenden Bande gibt die Sulzer Zigeunerli&#x017F;te von 1787, welche<lb/>
G. J. Schäffer aus den weitläuftigen, 49,074 Blätter enthaltenden Unter-<lb/>
&#x017F;uchungsacten ausgezogen hat. Die Li&#x017F;te i&#x017F;t mit einer &#x201E;kurzen Schilderung<lb/>
von dem Nationalkarakter der in Teut&#x017F;chland &#x017F;ich noch aufhaltenden Zigeuner<lb/>
und Jauner&#x201C; eingeleitet.</note>: &#x201E;Hannikel, oder die Räuber und Mörder-<lb/>
bande, welche in Sulz am Neckar in Verhaft genommen und<lb/>
am 17. Jul. 1787 da&#x017F;elb&#x017F;t ju&#x017F;tificirt worden. Ein wahrhafter<lb/>
Zigeuner-Roman, ganz aus den Kriminalacten gezogen.&#x201C; Der<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;cheint der Oberamtmann Schäffer zu Sulz zu &#x017F;ein, der<lb/>
&#x017F;ich durch den &#x201E;Kon&#x017F;tanzer Hans&#x201C; und &#x017F;ein Werk über die &#x017F;chwäbi-<lb/>
&#x017F;chen Jauner &#x017F;o &#x017F;ehr ausgezeichnet hat.</p><lb/>
        <list>
          <item><hi rendition="#b">Nachrichten von den Lebensum&#x017F;tänden einiger merkwürdigen Zuchthaus-<lb/>
gefangenen,</hi> gemeinnützig bearbeitet und herausgegeben von<lb/><hi rendition="#aq">M.</hi> L. Ch. G. <hi rendition="#g">Schmid,</hi> Zuchthausprediger in Zwickau. Leipzig<lb/>
1797.</item>
        </list><lb/>
        <p>Vorliegende Mittheilungen aus den frühern Lebensverhält-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en und Beobachtungen über die Jndividualität der von Schmid<lb/>
aufgeführten 24 Verbrecher, worunter &#x017F;ich auch mehrere berüchtigte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0258] lich durch Wolluſt, der ſie ſchon als Kind fröhnte, auf die Ver- brecherbahn getrieben worden, bis ſie als noch jugendliches Weib unter den entſetzlichſten Verwünſchungen ihr ruchlos verbrecheriſches Leben am Galgen endete. Aehnliche erſchütternde Darſtellungen ſind die des ſcheußlichen Hundsſattlers und die ſehr ausführliche Mittheilung der haarſträubenden Geſchichte des verruchten Hau- nikel 1) und ſeiner Kameraden, S. 131—221, welche gänzlich dem unmittelbar nach der Hinrichtung des Hannikel erſchienenen Buche entnommen iſt 2): „Hannikel, oder die Räuber und Mörder- bande, welche in Sulz am Neckar in Verhaft genommen und am 17. Jul. 1787 daſelbſt juſtificirt worden. Ein wahrhafter Zigeuner-Roman, ganz aus den Kriminalacten gezogen.“ Der Verfaſſer ſcheint der Oberamtmann Schäffer zu Sulz zu ſein, der ſich durch den „Konſtanzer Hans“ und ſein Werk über die ſchwäbi- ſchen Jauner ſo ſehr ausgezeichnet hat. Nachrichten von den Lebensumſtänden einiger merkwürdigen Zuchthaus- gefangenen, gemeinnützig bearbeitet und herausgegeben von M. L. Ch. G. Schmid, Zuchthausprediger in Zwickau. Leipzig 1797. Vorliegende Mittheilungen aus den frühern Lebensverhält- niſſen und Beobachtungen über die Jndividualität der von Schmid aufgeführten 24 Verbrecher, worunter ſich auch mehrere berüchtigte 1) Nichts charakteriſirt die kalte Grauſamkeit und Rachſucht dieſes Unge- heuers mehr, als die S. 163 fg. erzählte fürchterliche Verſtümmelung und Er- mordung ſeines Kameraden Toni (Chriſtoph Pfiſter), den er nach ſechstehalb Jahren, nachdem jener die Mantua, Concubine von Wenzel, dem Bruder Hannikel’s, ver- führt hatte, auf eine tückiſche Weiſe überfiel, ihm die Gliedmaßen zerſchmetterte, die Naſe mit der Oberlippe abſchnitt und zuletzt ihn mit Miſtjauche übergoß, um ihm vollends die ſchmerzlichſten Qualen zu bereiten. 2) Eine ausführliche Nachricht und ſpecielle Signalements der aus 347 Mitgliedern beſtehenden Bande gibt die Sulzer Zigeunerliſte von 1787, welche G. J. Schäffer aus den weitläuftigen, 49,074 Blätter enthaltenden Unter- ſuchungsacten ausgezogen hat. Die Liſte iſt mit einer „kurzen Schilderung von dem Nationalkarakter der in Teutſchland ſich noch aufhaltenden Zigeuner und Jauner“ eingeleitet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/258
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/258>, abgerufen am 02.05.2024.