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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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werth ist die Gewandtheit, mit welcher der schlaue Johann An-
dreas Bamberg in der Untersuchung Wahnsinn zu simuliren
wußte, wodurch er dieselbe hinhielt, sodaß er erst acht Monate
nach der Hinrichtung seiner Complicen zum Tode geführt wurde.
Die Darstellung der von der Bande verübten Verbrechen ist, wie
die ganze Untersuchung, klar und faßlich. Auch sind über das
Schicksal mancher anderer, außerhalb Sachsens zur Untersuchung
gezogener Mitglieder der Bande interessante Nachrichten mitgetheilt.



Vierzehntes Kapitel.
G. Die freiere psychologische Bearbeitung und rationelle
Darstellung.

Schon bald nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts be-
merkt man, wie durch die zunehmende rationelle Bearbeitung des
Criminalrechts, durch die Erstarkung der nunmehr auch zur Wis-
senschaft hinstrebenden Polizei, durch das Zurücktreten der bis-
herigen ascetisch verdammenden orthodoxen Entrüstung über die
verübten Verbrechen gegen die sich geltendmachende humanere,
philosophische Auffassung und Behandlung der Verbrechen über-
haupt gewinnt, und dadurch die Justiz eine größere intensive Herr-
schaft über das Verbrechen erhält. Das manifestirt sich beson-
ders auch aus den vielen, in zahlreich entstandenen Zeitschriften
zum Vorschein kommenden criminalistischen und polizeilichen Ab-
handlungen, Mittheilungen und Vorschlägen, die bald in besondere,
wenn auch anfänglich trockene Sammlungen und Erläuterungen
übergehen, wie z. B. in J. H. Kirchhofs "Schutzreden", J. F.
Eisenhardt's "Erzählungen von besonderen Rechtshändeln", J. Ch.
Quistorp's "Beyträgen", bald aber auch als freiere Bearbeitungen
mit richtiger psychologischer Auffassung erscheinen, bis sie mit immer
freierer Objectivität auf das Gebiet der rationellen Behandlung
des gesammten Gaunerthums übergehen. Aus dieser Periode sind
als besonders belehrend auszuzeichnen:

werth iſt die Gewandtheit, mit welcher der ſchlaue Johann An-
dreas Bamberg in der Unterſuchung Wahnſinn zu ſimuliren
wußte, wodurch er dieſelbe hinhielt, ſodaß er erſt acht Monate
nach der Hinrichtung ſeiner Complicen zum Tode geführt wurde.
Die Darſtellung der von der Bande verübten Verbrechen iſt, wie
die ganze Unterſuchung, klar und faßlich. Auch ſind über das
Schickſal mancher anderer, außerhalb Sachſens zur Unterſuchung
gezogener Mitglieder der Bande intereſſante Nachrichten mitgetheilt.



Vierzehntes Kapitel.
G. Die freiere pſychologiſche Bearbeitung und rationelle
Darſtellung.

Schon bald nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts be-
merkt man, wie durch die zunehmende rationelle Bearbeitung des
Criminalrechts, durch die Erſtarkung der nunmehr auch zur Wiſ-
ſenſchaft hinſtrebenden Polizei, durch das Zurücktreten der bis-
herigen aſcetiſch verdammenden orthodoxen Entrüſtung über die
verübten Verbrechen gegen die ſich geltendmachende humanere,
philoſophiſche Auffaſſung und Behandlung der Verbrechen über-
haupt gewinnt, und dadurch die Juſtiz eine größere intenſive Herr-
ſchaft über das Verbrechen erhält. Das manifeſtirt ſich beſon-
ders auch aus den vielen, in zahlreich entſtandenen Zeitſchriften
zum Vorſchein kommenden criminaliſtiſchen und polizeilichen Ab-
handlungen, Mittheilungen und Vorſchlägen, die bald in beſondere,
wenn auch anfänglich trockene Sammlungen und Erläuterungen
übergehen, wie z. B. in J. H. Kirchhofs „Schutzreden“, J. F.
Eiſenhardt’s „Erzählungen von beſonderen Rechtshändeln“, J. Ch.
Quiſtorp’s „Beyträgen“, bald aber auch als freiere Bearbeitungen
mit richtiger pſychologiſcher Auffaſſung erſcheinen, bis ſie mit immer
freierer Objectivität auf das Gebiet der rationellen Behandlung
des geſammten Gaunerthums übergehen. Aus dieſer Periode ſind
als beſonders belehrend auszuzeichnen:

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[239/0255] werth iſt die Gewandtheit, mit welcher der ſchlaue Johann An- dreas Bamberg in der Unterſuchung Wahnſinn zu ſimuliren wußte, wodurch er dieſelbe hinhielt, ſodaß er erſt acht Monate nach der Hinrichtung ſeiner Complicen zum Tode geführt wurde. Die Darſtellung der von der Bande verübten Verbrechen iſt, wie die ganze Unterſuchung, klar und faßlich. Auch ſind über das Schickſal mancher anderer, außerhalb Sachſens zur Unterſuchung gezogener Mitglieder der Bande intereſſante Nachrichten mitgetheilt. Vierzehntes Kapitel. G. Die freiere pſychologiſche Bearbeitung und rationelle Darſtellung. Schon bald nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts be- merkt man, wie durch die zunehmende rationelle Bearbeitung des Criminalrechts, durch die Erſtarkung der nunmehr auch zur Wiſ- ſenſchaft hinſtrebenden Polizei, durch das Zurücktreten der bis- herigen aſcetiſch verdammenden orthodoxen Entrüſtung über die verübten Verbrechen gegen die ſich geltendmachende humanere, philoſophiſche Auffaſſung und Behandlung der Verbrechen über- haupt gewinnt, und dadurch die Juſtiz eine größere intenſive Herr- ſchaft über das Verbrechen erhält. Das manifeſtirt ſich beſon- ders auch aus den vielen, in zahlreich entſtandenen Zeitſchriften zum Vorſchein kommenden criminaliſtiſchen und polizeilichen Ab- handlungen, Mittheilungen und Vorſchlägen, die bald in beſondere, wenn auch anfänglich trockene Sammlungen und Erläuterungen übergehen, wie z. B. in J. H. Kirchhofs „Schutzreden“, J. F. Eiſenhardt’s „Erzählungen von beſonderen Rechtshändeln“, J. Ch. Quiſtorp’s „Beyträgen“, bald aber auch als freiere Bearbeitungen mit richtiger pſychologiſcher Auffaſſung erſcheinen, bis ſie mit immer freierer Objectivität auf das Gebiet der rationellen Behandlung des geſammten Gaunerthums übergehen. Aus dieſer Periode ſind als beſonders belehrend auszuzeichnen:

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/255>, abgerufen am 02.05.2024.