Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.1691 Jahr das Gespenst 2 Monath lang, viel Schrecken, Furcht Leben und Thaten der berühmtesten Straßen-Räuber Mörder und Spitzbuben, so in denen letzten funffzig Jahren in dem König- reich England sind hingerichtet worden, Worinnen Jhre seltsame Aventüren, listige Räncke, theils lustige Begebenheiten, theils erschreckliche und grausame Thaten, nebst ihrem traurigen Lebens-Ende mit historischer Feder beschrieben worden. 2) Von Kapitän Alexander Smith. Aus dem Englischen über- setzet. Franckfurt und Leipzig 1720. Dieses sehr wichtige und merkwürdige Buch behandelt, wie der 1) Um sich in dieser Ansicht noch mehr zu bestärken, braucht man nur des wackern Johann Reiche, "Unterschiedliche Schrieften von Unfug des Hexen- processes" (Halle 1703) und besonders seine "Acta magica", S. 585--774, zu lesen. 2) Die viel später 1787--90 in drei Bänden erschienene "Offenherzige
Schilderung der Müßiggänger und Taugenichtse in London", ist meistens nur ein moralisches Räsonnement und liefert nur sehr geringe polizeigeschichtliche und psychologische Ausbeute. 1691 Jahr das Geſpenſt 2 Monath lang, viel Schrecken, Furcht Leben und Thaten der berühmteſten Straßen-Räuber Mörder und Spitzbuben, ſo in denen letzten funffzig Jahren in dem König- reich England ſind hingerichtet worden, Worinnen Jhre ſeltſame Aventüren, liſtige Räncke, theils luſtige Begebenheiten, theils erſchreckliche und grauſame Thaten, nebſt ihrem traurigen Lebens-Ende mit hiſtoriſcher Feder beſchrieben worden. 2) Von Kapitän Alexander Smith. Aus dem Engliſchen über- ſetzet. Franckfurt und Leipzig 1720. Dieſes ſehr wichtige und merkwürdige Buch behandelt, wie der 1) Um ſich in dieſer Anſicht noch mehr zu beſtärken, braucht man nur des wackern Johann Reiche, „Unterſchiedliche Schrieften von Unfug des Hexen- proceſſes“ (Halle 1703) und beſonders ſeine „Acta magica“, S. 585—774, zu leſen. 2) Die viel ſpäter 1787—90 in drei Bänden erſchienene „Offenherzige
Schilderung der Müßiggänger und Taugenichtſe in London“, iſt meiſtens nur ein moraliſches Räſonnement und liefert nur ſehr geringe polizeigeſchichtliche und pſychologiſche Ausbeute. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0235" n="219"/> 1691 Jahr das Geſpenſt 2 Monath lang, viel Schrecken, Furcht<lb/> und wunderſeltzame Schau-Spiele angerichtet hat“. Bei keinem<lb/> Buche wird der Gedanke klarer als bei dieſem Buche, daß ein<lb/> großer Theil verurtheilter Hexen und Zauberer im Grunde unge-<lb/> ſchickte Betrüger waren, die von dem Richter mit der Tortur zu<lb/> Hexen und Zauberern gepreßt wurden. <note place="foot" n="1)">Um ſich in dieſer Anſicht noch mehr zu beſtärken, braucht man nur<lb/> des wackern Johann Reiche, „Unterſchiedliche Schrieften von Unfug des Hexen-<lb/> proceſſes“ (Halle 1703) und beſonders ſeine „<hi rendition="#aq">Acta magica</hi>“, S. 585—774,<lb/> zu leſen.</note> Ein ſchlagendes Kri-<lb/> terium für Ton und Haltung der beiden erſten Theile iſt der<lb/> dritte Theil, der in völlig unerwartetem humoriſtiſchen Tone,<lb/> „viele ſeltzame ſo wohl betriegliche als liſt- und luſtige und von<lb/> Menſchen erdachte und <hi rendition="#aq">practisirte</hi> Geſpenſter und Erſcheinungen“<lb/> bringt, wie eine Darlegung beſſerer Einſicht und Unbefangenheit<lb/> nach einer derben zurechtweiſenden Kritik. Er enthält eine Reihe<lb/> pikanter Gaunergeſchichten, unter andern auch die aus Rollen-<lb/> hagen’s „Hundstägigen Erquickſtunden“, <hi rendition="#aq">II,</hi> 644, entlehnte Ge-<lb/> ſchichte von den pariſer Bauchrednern, namentlich auch von dem<lb/> Euricles Berbanzon und ſeinen Betrügereien, wodurch man aller-<lb/> dings ein Bild der damaligen ſittlichen Zuſtände bekommt.</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#b">Leben und Thaten der berühmteſten Straßen-Räuber Mörder und<lb/> Spitzbuben,</hi> ſo in denen letzten funffzig Jahren in dem König-<lb/> reich England ſind hingerichtet worden, Worinnen Jhre ſeltſame<lb/> Aventüren, liſtige Räncke, theils luſtige Begebenheiten, theils<lb/> erſchreckliche und grauſame Thaten, nebſt ihrem traurigen<lb/> Lebens-Ende mit hiſtoriſcher Feder beſchrieben worden. <note place="foot" n="2)">Die viel ſpäter 1787—90 in drei Bänden erſchienene „Offenherzige<lb/> Schilderung der Müßiggänger und Taugenichtſe in London“, iſt meiſtens nur<lb/> ein moraliſches Räſonnement und liefert nur ſehr geringe polizeigeſchichtliche<lb/> und pſychologiſche Ausbeute.</note> Von<lb/> Kapitän <hi rendition="#g">Alexander Smith.</hi> Aus dem Engliſchen über-<lb/> ſetzet. Franckfurt und Leipzig 1720.</item> </list><lb/> <p>Dieſes ſehr wichtige und merkwürdige Buch behandelt, wie der<lb/> Beutelſchneider das franzöſiſche, ſo das engliſche Gaunerthum, zeigt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [219/0235]
1691 Jahr das Geſpenſt 2 Monath lang, viel Schrecken, Furcht
und wunderſeltzame Schau-Spiele angerichtet hat“. Bei keinem
Buche wird der Gedanke klarer als bei dieſem Buche, daß ein
großer Theil verurtheilter Hexen und Zauberer im Grunde unge-
ſchickte Betrüger waren, die von dem Richter mit der Tortur zu
Hexen und Zauberern gepreßt wurden. 1) Ein ſchlagendes Kri-
terium für Ton und Haltung der beiden erſten Theile iſt der
dritte Theil, der in völlig unerwartetem humoriſtiſchen Tone,
„viele ſeltzame ſo wohl betriegliche als liſt- und luſtige und von
Menſchen erdachte und practisirte Geſpenſter und Erſcheinungen“
bringt, wie eine Darlegung beſſerer Einſicht und Unbefangenheit
nach einer derben zurechtweiſenden Kritik. Er enthält eine Reihe
pikanter Gaunergeſchichten, unter andern auch die aus Rollen-
hagen’s „Hundstägigen Erquickſtunden“, II, 644, entlehnte Ge-
ſchichte von den pariſer Bauchrednern, namentlich auch von dem
Euricles Berbanzon und ſeinen Betrügereien, wodurch man aller-
dings ein Bild der damaligen ſittlichen Zuſtände bekommt.
Leben und Thaten der berühmteſten Straßen-Räuber Mörder und
Spitzbuben, ſo in denen letzten funffzig Jahren in dem König-
reich England ſind hingerichtet worden, Worinnen Jhre ſeltſame
Aventüren, liſtige Räncke, theils luſtige Begebenheiten, theils
erſchreckliche und grauſame Thaten, nebſt ihrem traurigen
Lebens-Ende mit hiſtoriſcher Feder beſchrieben worden. 2) Von
Kapitän Alexander Smith. Aus dem Engliſchen über-
ſetzet. Franckfurt und Leipzig 1720.
Dieſes ſehr wichtige und merkwürdige Buch behandelt, wie der
Beutelſchneider das franzöſiſche, ſo das engliſche Gaunerthum, zeigt
1) Um ſich in dieſer Anſicht noch mehr zu beſtärken, braucht man nur
des wackern Johann Reiche, „Unterſchiedliche Schrieften von Unfug des Hexen-
proceſſes“ (Halle 1703) und beſonders ſeine „Acta magica“, S. 585—774,
zu leſen.
2) Die viel ſpäter 1787—90 in drei Bänden erſchienene „Offenherzige
Schilderung der Müßiggänger und Taugenichtſe in London“, iſt meiſtens nur
ein moraliſches Räſonnement und liefert nur ſehr geringe polizeigeſchichtliche
und pſychologiſche Ausbeute.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |