aber noch deutlicher als jenes Werk, die innige Beziehung des englischen Gaunerthums mit dem deutschen und besonders die gegenseitige Vereinigung und Beziehung mit Holland und Frankreich. Jn conciser und deutlicher Darstellung werden die sehr interessanten Biographien von nahe an hundert Gaunern gegeben, unter denen auch mehrere ausgezeichnete deutsche und französische Gauner sich befinden. Dabei ist das Buch eine reiche Quelle von Nachwei- sungen über Kunst, Schule, Einrichtung und Sprache des engli- schen Gaunerthums, sodaß es nicht nur für den englischen, sondern auch für den deutschen Polizeimann sehr wichtig ist.
Dreizehntes Kapitel. F. Die Relationcn.
Mit dem 18. Jahrhundert beginnt der Kampf der Justiz und Polizei gegen das in und seit dem Dreißigjährigen Kriege zu furchtbarer Höhe hinaufgewucherte Gaunerthum. Jn dem blutigen Handgemenge der Justiz mit den verworfensten Elementen der social-politischen Massen sieht man auch die noch immer schreibselige Geistlichkeit nicht müßig. Jn zürnendem ethischen Eifer gebraucht sie nicht allein die geistlichen Waffen gegen die vielen armen Sünder zu ihrer Buße und Bekehrung, sondern auch die Feder, um durch ausführliche Darstellung der verübten Ver- brechen und durch genaue Beschreibung des fürchterlichen Hin- richtungsceremoniels auf das Volk einzuwirken. So entstehen jene vielfach von Geistlichen redigirten sogenannten "Relationen" in denen, neben einer allerdings klaren thatsächlichen Darstellung, sehr viel christliche Dogmatik und gutgemeinte Ethik zum Vor- schein kommt. Freilich betheiligen sich aber auch bald die Ju- risten an diesen Relationen, die nun dadurch an Stoff und Form gewinnen und somit in criminalrechtlicher und polizeilicher Hin- sicht größere Ausbeute gewähren, bis die Relationen sich endlich
aber noch deutlicher als jenes Werk, die innige Beziehung des engliſchen Gaunerthums mit dem deutſchen und beſonders die gegenſeitige Vereinigung und Beziehung mit Holland und Frankreich. Jn conciſer und deutlicher Darſtellung werden die ſehr intereſſanten Biographien von nahe an hundert Gaunern gegeben, unter denen auch mehrere ausgezeichnete deutſche und franzöſiſche Gauner ſich befinden. Dabei iſt das Buch eine reiche Quelle von Nachwei- ſungen über Kunſt, Schule, Einrichtung und Sprache des engli- ſchen Gaunerthums, ſodaß es nicht nur für den engliſchen, ſondern auch für den deutſchen Polizeimann ſehr wichtig iſt.
Dreizehntes Kapitel. F. Die Relationcn.
Mit dem 18. Jahrhundert beginnt der Kampf der Juſtiz und Polizei gegen das in und ſeit dem Dreißigjährigen Kriege zu furchtbarer Höhe hinaufgewucherte Gaunerthum. Jn dem blutigen Handgemenge der Juſtiz mit den verworfenſten Elementen der ſocial-politiſchen Maſſen ſieht man auch die noch immer ſchreibſelige Geiſtlichkeit nicht müßig. Jn zürnendem ethiſchen Eifer gebraucht ſie nicht allein die geiſtlichen Waffen gegen die vielen armen Sünder zu ihrer Buße und Bekehrung, ſondern auch die Feder, um durch ausführliche Darſtellung der verübten Ver- brechen und durch genaue Beſchreibung des fürchterlichen Hin- richtungsceremoniels auf das Volk einzuwirken. So entſtehen jene vielfach von Geiſtlichen redigirten ſogenannten „Relationen“ in denen, neben einer allerdings klaren thatſächlichen Darſtellung, ſehr viel chriſtliche Dogmatik und gutgemeinte Ethik zum Vor- ſchein kommt. Freilich betheiligen ſich aber auch bald die Ju- riſten an dieſen Relationen, die nun dadurch an Stoff und Form gewinnen und ſomit in criminalrechtlicher und polizeilicher Hin- ſicht größere Ausbeute gewähren, bis die Relationen ſich endlich
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aber noch deutlicher als jenes Werk, die innige Beziehung des engliſchen
Gaunerthums mit dem deutſchen und beſonders die gegenſeitige
Vereinigung und Beziehung mit Holland und Frankreich. Jn
conciſer und deutlicher Darſtellung werden die ſehr intereſſanten
Biographien von nahe an hundert Gaunern gegeben, unter denen
auch mehrere ausgezeichnete deutſche und franzöſiſche Gauner ſich
befinden. Dabei iſt das Buch eine reiche Quelle von Nachwei-
ſungen über Kunſt, Schule, Einrichtung und Sprache des engli-
ſchen Gaunerthums, ſodaß es nicht nur für den engliſchen, ſondern
auch für den deutſchen Polizeimann ſehr wichtig iſt.
Dreizehntes Kapitel.
F. Die Relationcn.
Mit dem 18. Jahrhundert beginnt der Kampf der Juſtiz
und Polizei gegen das in und ſeit dem Dreißigjährigen Kriege
zu furchtbarer Höhe hinaufgewucherte Gaunerthum. Jn dem
blutigen Handgemenge der Juſtiz mit den verworfenſten Elementen
der ſocial-politiſchen Maſſen ſieht man auch die noch immer
ſchreibſelige Geiſtlichkeit nicht müßig. Jn zürnendem ethiſchen
Eifer gebraucht ſie nicht allein die geiſtlichen Waffen gegen die
vielen armen Sünder zu ihrer Buße und Bekehrung, ſondern auch
die Feder, um durch ausführliche Darſtellung der verübten Ver-
brechen und durch genaue Beſchreibung des fürchterlichen Hin-
richtungsceremoniels auf das Volk einzuwirken. So entſtehen
jene vielfach von Geiſtlichen redigirten ſogenannten „Relationen“
in denen, neben einer allerdings klaren thatſächlichen Darſtellung,
ſehr viel chriſtliche Dogmatik und gutgemeinte Ethik zum Vor-
ſchein kommt. Freilich betheiligen ſich aber auch bald die Ju-
riſten an dieſen Relationen, die nun dadurch an Stoff und Form
gewinnen und ſomit in criminalrechtlicher und polizeilicher Hin-
ſicht größere Ausbeute gewähren, bis die Relationen ſich endlich
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/236>, abgerufen am 08.07.2024.
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