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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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steinischer Mundart "bestöven", "dissen" schlagen, lübecker und hol-
steiner Mundart "disen" oder "verdisen", "verfoken" weggehen;
lübecker und holsteiner Mundart "affucken" u. s. w. 1) Es kann
kaum Zweifel darüber sein, daß diese Uebersetzung in Magdeburg
oder Braunschweig gedruckt ist. Das Buch ist übrigens mit sehr
schlechten Lettern, auch unordentlich und uncorrect gedruckt, sodaß
eine sehr genaue Kenntniß des Niederdeutschen dazu gehört, es
vollständig zu verstehen.

6. Die bei Hain unter Nr. 3019 angeführte versificirte
Ausgabe:

Liber vagatorum.

Den Bettler orden man mich nendt
Durch mich ein jeder lert, merckt vnd erkent
Was grossen btrugs ist vff erstanden
Von mancherley bettler jn dütschen landen
Durch ire sprach die man nempt Rot
Betriegens die menschen frü vnd spot.

Darunter derselbe Holzschnitt, wie unter den obenangeführten ro-
stocker und augsburger Ausgaben. Sie ist in Quart gedruckt,
mit einer 77 Verse langen Vorrede, in welcher sich der Dichter
ausdrücklich auf Sebastian Brant's "Narrenschiff", Kap. 62 (63),
bezieht, und die Absicht ausspricht

Ein ieden bettler sunder znennen
Vff das man in mög wol erkennen
An siner gstalt, auch sinem wesen
So bald eir hat diß büchlin glesen u. s. w.

Am Schlusse befindet sich: "Das dryt theil diß Büchlins jst der
Vocabularis in Rotwelsch", der sämmtliche Vocabeln der pro-
saischen Ausgaben in derselben alphabetischen Ordnung, aber
auch mit manchen von Hoffmann, a. a. O., S. 67, mit Recht
gerügten Verdrehungen und Entstellungen enthält, während schon
meistens bei den einzelnen Versen selbst die rotwelschen Wörter
in Marginalübersetzungen erläutert sind. Durch die am Schluß

1) Die merkwürdige Ueberschrift des dritten Theils oder "Vocabulars",
ist oben schon erwähnt worden.

ſteiniſcher Mundart „beſtöven“, „diſſen“ ſchlagen, lübecker und hol-
ſteiner Mundart „diſen“ oder „verdiſen“, „verfoken“ weggehen;
lübecker und holſteiner Mundart „affucken“ u. ſ. w. 1) Es kann
kaum Zweifel darüber ſein, daß dieſe Ueberſetzung in Magdeburg
oder Braunſchweig gedruckt iſt. Das Buch iſt übrigens mit ſehr
ſchlechten Lettern, auch unordentlich und uncorrect gedruckt, ſodaß
eine ſehr genaue Kenntniß des Niederdeutſchen dazu gehört, es
vollſtändig zu verſtehen.

6. Die bei Hain unter Nr. 3019 angeführte verſificirte
Ausgabe:

Liber vagatorum.

Den Bettler orden man mich nendt
Durch mich ein jeder lert, merckt vnd erkent
Was groſſen btrugs iſt vff erſtanden
Von mancherley bettler jn dütſchen landē
Durch ire ſprach die mā nempt Rot
Betriegens die menſchen frü vnd ſpot.

Darunter derſelbe Holzſchnitt, wie unter den obenangeführten ro-
ſtocker und augsburger Ausgaben. Sie iſt in Quart gedruckt,
mit einer 77 Verſe langen Vorrede, in welcher ſich der Dichter
ausdrücklich auf Sebaſtian Brant’s „Narrenſchiff“, Kap. 62 (63),
bezieht, und die Abſicht ausſpricht

Ein ieden bettler ſunder znennē
Vff das man in mög wol erkennen
An ſiner gſtalt, auch ſinem weſen
So bald eir hat diß büchlin gleſen u. ſ. w.

Am Schluſſe befindet ſich: „Das dryt theil diß Büchlins jſt der
Vocabularis in Rotwelſch“, der ſämmtliche Vocabeln der pro-
ſaiſchen Ausgaben in derſelben alphabetiſchen Ordnung, aber
auch mit manchen von Hoffmann, a. a. O., S. 67, mit Recht
gerügten Verdrehungen und Entſtellungen enthält, während ſchon
meiſtens bei den einzelnen Verſen ſelbſt die rotwelſchen Wörter
in Marginalüberſetzungen erläutert ſind. Durch die am Schluß

1) Die merkwürdige Ueberſchrift des dritten Theils oder „Vocabulars“,
iſt oben ſchon erwähnt worden.
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[148/0164] ſteiniſcher Mundart „beſtöven“, „diſſen“ ſchlagen, lübecker und hol- ſteiner Mundart „diſen“ oder „verdiſen“, „verfoken“ weggehen; lübecker und holſteiner Mundart „affucken“ u. ſ. w. 1) Es kann kaum Zweifel darüber ſein, daß dieſe Ueberſetzung in Magdeburg oder Braunſchweig gedruckt iſt. Das Buch iſt übrigens mit ſehr ſchlechten Lettern, auch unordentlich und uncorrect gedruckt, ſodaß eine ſehr genaue Kenntniß des Niederdeutſchen dazu gehört, es vollſtändig zu verſtehen. 6. Die bei Hain unter Nr. 3019 angeführte verſificirte Ausgabe: Liber vagatorum. Den Bettler orden man mich nendt Durch mich ein jeder lert, merckt vnd erkent Was groſſen btrugs iſt vff erſtanden Von mancherley bettler jn dütſchen landē Durch ire ſprach die mā nempt Rot Betriegens die menſchen frü vnd ſpot. Darunter derſelbe Holzſchnitt, wie unter den obenangeführten ro- ſtocker und augsburger Ausgaben. Sie iſt in Quart gedruckt, mit einer 77 Verſe langen Vorrede, in welcher ſich der Dichter ausdrücklich auf Sebaſtian Brant’s „Narrenſchiff“, Kap. 62 (63), bezieht, und die Abſicht ausſpricht Ein ieden bettler ſunder znennē Vff das man in mög wol erkennen An ſiner gſtalt, auch ſinem weſen So bald eir hat diß büchlin gleſen u. ſ. w. Am Schluſſe befindet ſich: „Das dryt theil diß Büchlins jſt der Vocabularis in Rotwelſch“, der ſämmtliche Vocabeln der pro- ſaiſchen Ausgaben in derſelben alphabetiſchen Ordnung, aber auch mit manchen von Hoffmann, a. a. O., S. 67, mit Recht gerügten Verdrehungen und Entſtellungen enthält, während ſchon meiſtens bei den einzelnen Verſen ſelbſt die rotwelſchen Wörter in Marginalüberſetzungen erläutert ſind. Durch die am Schluß 1) Die merkwürdige Ueberſchrift des dritten Theils oder „Vocabulars“, iſt oben ſchon erwähnt worden.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/164>, abgerufen am 28.04.2024.