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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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land 1) der Fall gewesen ist. Das für den dauernden Versteck
einer und derselben constanten großen Masse ungünstige Terrain
und die vielen kleinen Bezirke scheinen in Deutschland der perma-
nenten Räuberhauptmannschaft ein beständiges wirksames Hinder-
niß entgegengestellt zu haben 2), wenngleich zu allen Zeiten und
in jeder Bande die Mehrzahl der Bandegenossen sich zum voll-

1) Eine der wenigen förmlichen und vollständigen Räubercontracte, die
man aufgezeichnet findet, ist der, mit welchem der berüchtigte, später 1670 im
achtunddreißigsten Lebensjahre hingerichtete englische Gauner Tom Wilmot,
als er aus dem westlichen England wegziehen mußte und im Norden eine
Bande organisirte, die Bandemitglieder verpflichtete. Er lautet bei Smith,
a. a. O., S. 428 fg. (s. d. Literatur), folgendermaßen: 1) Jch .... schwöre
bei dem Haupt und der Seele unsers Kapitäns, daß ich allen seinen Befehlen
gehorsam sein will; 2) daß ich meinen Compagnons in allen ihren Vor-
haben und Unternehmungen getreu sein will; 3) daß ich mich bei solchen
Zusammenkünften, die der Kapitän hier oder an andern Orten bestimmen wird,
allezeit will gegenwärtig finden lassen, es müßte mir denn selbiger das Gegen-
theil erlaubt haben; 4) daß ich zu allen Stunden, bei Tag und Nacht, auf
Berufung und Anzeigung, mich bereitwillig finden lassen werde; 5) daß ich
meine Kameraden niemals in einiger Gefahr verlassen, sondern bis auf den
letzten Blutstropfen bei ihnen aushalten will; 6) daß ich niemals vor einer
gleichen Anzahl meiner Gegner fliehen, sondern lieber tapfer fechten, und todt
auf der Wahlstatt bleiben will; 7) daß wir einer dem andern, er mag ge-
fangen, krank, oder in einem andern Unfall sein, hülfreiche und beförderliche
Hand bieten wollen; 8) daß ich niemals einigen von meinen Compagnons-
körpern, wenn ich solchen davonbringen kann, verwundet oder todt hinter
mir lassen und in der Feinde Hände zu gerathen verstatten will; 9) daß,
wenn ich gefangen werden sollte, ich nichts bekennen, vielweniger den Aufent-
halt und die Läger meiner Bundesgenossen, wenn es mich auch mein Leben kostete,
entdecken oder verrathen will. Und woferne ich diesen Eid breche oder den
geringsten Titel davon nicht beachtete, so sollen mich auch die größten Plagen,
ja die grausamsten Strafen in dieser und jener Welt überfallen und betreffen.
Aehnliche Verpflichtungen hatte der berüchtigte William Hollyday, welcher 1693
zu London gehenkt wurde, den Mitgliedern seiner Bande, der "schwarzen
Garde", aufgelegt. Vgl. Smith, a. a. O., S. 853 fg.
2) Man darf aber auch nicht vergessen, wie viel Gauner bei den wüthen-
den Hexenverfolgungen beseitigt worden sind. Ein Räuber oder Partirer ohne
Bündniß mit dem Teufel war namentlich vom 16. Jahrhundert an undenkbar,
und auch bis in die neueste Zeit hinein spielt der Teufel in der Dogmatik der
Räuber die erste Rolle.

land 1) der Fall geweſen iſt. Das für den dauernden Verſteck
einer und derſelben conſtanten großen Maſſe ungünſtige Terrain
und die vielen kleinen Bezirke ſcheinen in Deutſchland der perma-
nenten Räuberhauptmannſchaft ein beſtändiges wirkſames Hinder-
niß entgegengeſtellt zu haben 2), wenngleich zu allen Zeiten und
in jeder Bande die Mehrzahl der Bandegenoſſen ſich zum voll-

1) Eine der wenigen förmlichen und vollſtändigen Räubercontracte, die
man aufgezeichnet findet, iſt der, mit welchem der berüchtigte, ſpäter 1670 im
achtunddreißigſten Lebensjahre hingerichtete engliſche Gauner Tom Wilmot,
als er aus dem weſtlichen England wegziehen mußte und im Norden eine
Bande organiſirte, die Bandemitglieder verpflichtete. Er lautet bei Smith,
a. a. O., S. 428 fg. (ſ. d. Literatur), folgendermaßen: 1) Jch .... ſchwöre
bei dem Haupt und der Seele unſers Kapitäns, daß ich allen ſeinen Befehlen
gehorſam ſein will; 2) daß ich meinen Compagnons in allen ihren Vor-
haben und Unternehmungen getreu ſein will; 3) daß ich mich bei ſolchen
Zuſammenkünften, die der Kapitän hier oder an andern Orten beſtimmen wird,
allezeit will gegenwärtig finden laſſen, es müßte mir denn ſelbiger das Gegen-
theil erlaubt haben; 4) daß ich zu allen Stunden, bei Tag und Nacht, auf
Berufung und Anzeigung, mich bereitwillig finden laſſen werde; 5) daß ich
meine Kameraden niemals in einiger Gefahr verlaſſen, ſondern bis auf den
letzten Blutstropfen bei ihnen aushalten will; 6) daß ich niemals vor einer
gleichen Anzahl meiner Gegner fliehen, ſondern lieber tapfer fechten, und todt
auf der Wahlſtatt bleiben will; 7) daß wir einer dem andern, er mag ge-
fangen, krank, oder in einem andern Unfall ſein, hülfreiche und beförderliche
Hand bieten wollen; 8) daß ich niemals einigen von meinen Compagnons-
körpern, wenn ich ſolchen davonbringen kann, verwundet oder todt hinter
mir laſſen und in der Feinde Hände zu gerathen verſtatten will; 9) daß,
wenn ich gefangen werden ſollte, ich nichts bekennen, vielweniger den Aufent-
halt und die Läger meiner Bundesgenoſſen, wenn es mich auch mein Leben koſtete,
entdecken oder verrathen will. Und woferne ich dieſen Eid breche oder den
geringſten Titel davon nicht beachtete, ſo ſollen mich auch die größten Plagen,
ja die grauſamſten Strafen in dieſer und jener Welt überfallen und betreffen.
Aehnliche Verpflichtungen hatte der berüchtigte William Hollyday, welcher 1693
zu London gehenkt wurde, den Mitgliedern ſeiner Bande, der „ſchwarzen
Garde“, aufgelegt. Vgl. Smith, a. a. O., S. 853 fg.
2) Man darf aber auch nicht vergeſſen, wie viel Gauner bei den wüthen-
den Hexenverfolgungen beſeitigt worden ſind. Ein Räuber oder Partirer ohne
Bündniß mit dem Teufel war namentlich vom 16. Jahrhundert an undenkbar,
und auch bis in die neueſte Zeit hinein ſpielt der Teufel in der Dogmatik der
Räuber die erſte Rolle.
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[91/0107] land 1) der Fall geweſen iſt. Das für den dauernden Verſteck einer und derſelben conſtanten großen Maſſe ungünſtige Terrain und die vielen kleinen Bezirke ſcheinen in Deutſchland der perma- nenten Räuberhauptmannſchaft ein beſtändiges wirkſames Hinder- niß entgegengeſtellt zu haben 2), wenngleich zu allen Zeiten und in jeder Bande die Mehrzahl der Bandegenoſſen ſich zum voll- 1) Eine der wenigen förmlichen und vollſtändigen Räubercontracte, die man aufgezeichnet findet, iſt der, mit welchem der berüchtigte, ſpäter 1670 im achtunddreißigſten Lebensjahre hingerichtete engliſche Gauner Tom Wilmot, als er aus dem weſtlichen England wegziehen mußte und im Norden eine Bande organiſirte, die Bandemitglieder verpflichtete. Er lautet bei Smith, a. a. O., S. 428 fg. (ſ. d. Literatur), folgendermaßen: 1) Jch .... ſchwöre bei dem Haupt und der Seele unſers Kapitäns, daß ich allen ſeinen Befehlen gehorſam ſein will; 2) daß ich meinen Compagnons in allen ihren Vor- haben und Unternehmungen getreu ſein will; 3) daß ich mich bei ſolchen Zuſammenkünften, die der Kapitän hier oder an andern Orten beſtimmen wird, allezeit will gegenwärtig finden laſſen, es müßte mir denn ſelbiger das Gegen- theil erlaubt haben; 4) daß ich zu allen Stunden, bei Tag und Nacht, auf Berufung und Anzeigung, mich bereitwillig finden laſſen werde; 5) daß ich meine Kameraden niemals in einiger Gefahr verlaſſen, ſondern bis auf den letzten Blutstropfen bei ihnen aushalten will; 6) daß ich niemals vor einer gleichen Anzahl meiner Gegner fliehen, ſondern lieber tapfer fechten, und todt auf der Wahlſtatt bleiben will; 7) daß wir einer dem andern, er mag ge- fangen, krank, oder in einem andern Unfall ſein, hülfreiche und beförderliche Hand bieten wollen; 8) daß ich niemals einigen von meinen Compagnons- körpern, wenn ich ſolchen davonbringen kann, verwundet oder todt hinter mir laſſen und in der Feinde Hände zu gerathen verſtatten will; 9) daß, wenn ich gefangen werden ſollte, ich nichts bekennen, vielweniger den Aufent- halt und die Läger meiner Bundesgenoſſen, wenn es mich auch mein Leben koſtete, entdecken oder verrathen will. Und woferne ich dieſen Eid breche oder den geringſten Titel davon nicht beachtete, ſo ſollen mich auch die größten Plagen, ja die grauſamſten Strafen in dieſer und jener Welt überfallen und betreffen. Aehnliche Verpflichtungen hatte der berüchtigte William Hollyday, welcher 1693 zu London gehenkt wurde, den Mitgliedern ſeiner Bande, der „ſchwarzen Garde“, aufgelegt. Vgl. Smith, a. a. O., S. 853 fg. 2) Man darf aber auch nicht vergeſſen, wie viel Gauner bei den wüthen- den Hexenverfolgungen beſeitigt worden ſind. Ein Räuber oder Partirer ohne Bündniß mit dem Teufel war namentlich vom 16. Jahrhundert an undenkbar, und auch bis in die neueſte Zeit hinein ſpielt der Teufel in der Dogmatik der Räuber die erſte Rolle.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/107>, abgerufen am 26.11.2024.