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Allgemeine Zeitung. Nr. 179. Augsburg, 26. Juni 1840.

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natürlich erwartet, der Kaiser sich zu einem billigen Vertrage bestimmen läßt, so wird man sich damit begnügen, dem Kaiser überlassend, nach chinesischer Weise, seinem eigenen Lande zu erklären, daß er die Barbaren besiegt habe und daß er ihnen aus übermenschlicher Gnade erlauben wolle, wieder Handel mit dem Lande zu treiben unter neuen Bedingungen. Die Unkenntniß der Chinesen von England hat man in Deutschland übertrieben. Junge Chinesen haben seit einigen Jahren, wiewohl dieß gegen die chinesischen Gesetze ist, die Schule in Singapore besucht, wo sie sich Kenntniß verschiedener europäischer Sprachen erworben haben. Namentlich ist dieses der Fall mit einem zweiten Commissär des Kaisers, auf dessen Namen ich mich nicht besinne, welcher aber jenen zweiten verworfenen Bericht dem Kaiser vorlegte, worin auf Legalisirung des Opiumhandels angetragen wurde. Dieser zweite Commissär ist in Singapore erzogen, wo er sich genauere Kenntniß von England und seiner Sprache erworben. In Singapore sind auch außerdem viele Chinesen ansässig, und bei der Ostindiencompagnie selbst hegt man keine ganz geringe Meinung von den Chinesen, welche man für das civilisirteste und intelligenteste Volk Asiens hält. Bei einigen Volksraufereien in Singapore soll auch die chinesische Bevölkerung wiederholt den Sieg davon getragen haben, so daß man auch ihre Bravour nicht in Zweifel zieht. Ueberhaupt ist es unmöglich vorauszusehen, wie sich die Chinesen schlagen werden. Unkenntniß mit den Waffen muß natürlich angenommen werden, da China schon seit lange in keinen auswärtigen Krieg verwickelt worden. Da das Land aber groß ist und eine gänzliche Eroberung China's lange Zeit erforderte, so ist es schwer zu sagen, wie sich die Verhältnisse später machen würden. Vor der Hand wird man von englischer Seite also keinen langaussehenden Krieg suchen. Auf der andern Seite ist es unverkennbar, daß der jetzige Krieg, wie kurz er auch andauern mag, die Verwickelungen erst beginnt. England und Rußland streiten sich um den Besitz Asiens. Der erste Kampfplatz für diesen Streit wurden Persien und die Türkei. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint auch die Stellung Englands zu Frankreich wegen Aegypten nur als ein Nebenpunkt, nicht als Hauptpunkt. Durch diesen Streit mit Rußland ist nun Ostindien in die europäische Politik gezogen worden und hat welthistorische Bedeutung erlangt. Ostindien wird vermuthlich nicht mehr lange in den Händen der Ostindiencompagnie bleiben, deren Privilegien ohnedieß schon bedeutend abgenommen haben. So gewiß ist man auf dem hiesigen Indienhause, daß über kurz oder lang die ganze Regierung der Compagnie in die Hände des Gouvernements übergehen muß, daß man nicht einmal Auslagen macht zu besserer Aufstellung der wissenschaftlichen Sammlungen und andern nothwendigen Erweiterungen im jetzigen Locale der Gesellschaft in London. In Folge der politischen Verwickelungen kann die Gesellschaft auch nicht mehr pecuniäre Vortheile von der Colonie ziehen. Das Umgreifen Rußlands in Asien muß also schon für sich allein den Augenblick beschleunigen, wo die Gesellschaft ihre Wirksamkeit an die hiesige Regierung abtritt. Der Streit mit China dagegen war Folge des veränderten Verhältnisses der Gesellschaft zu der Regierung und dem übrigen England. So lange der Handel mit China Monopol der ostindischen Gesellschaft war, waren Zwistigkeiten mit der chinesischen Regierung leicht vermeidbar, da die Gesellschaft als eine Privatgesellschaft allenfallsige Insulte stillschweigend hinnehmen konnte. Das verträgt die Ehre der englischen Regierung nicht. Ferner, so lange der Handel mit China durch die Diener der ostindischen Compagnie betrieben wurde, standen die letztern unter strenger Controle, was jetzt unmöglich ist, da der Handel zum Theil durch freie englische Kaufleute betrieben wird, über welche die Regierung keine größere Gewalt hat als über andre Engländer auch. Durch die Aufhebung des Handelsmonopols der ostindischen Gesellschaft ist das Verhältniß Englands zu China also folgendes geworden: Die Chinesen sind ein sonderbares Volk, und Streitigkeiten zwischen ihnen und den englischen Kaufleuten und Matrosen sind unvermeidlich. Fällt eine solche Streitigkeit vor, so muß die englische Regierung zum Schutze der englischen Unterthanen einschreiten. An solchen Anlässen wird es auch in der Folge nicht fehlen. Das Verbot des Opiumhandels selbst war eine unpolitische Maaßregel von Seite der chinesischen Regierung - denn früher brachten die Engländer ihr Opium in einen bestimmten Hafen und überließen den Chinesen das Schmuggeln ins Innere; jetzt streifen englische Schmuggelschiffe die ganze Küste entlang, und da die Engländer so direct die Leitung des Schmuggelgeschäftes übernehmen, erhalten sie Einverständnisse im Lande, welche auch zu politischen Zwecken genützt werden können. Ein anderer wichtiger Umstand darf auch nicht übersehen werden. In Singapore bildet sich offenbar ein einheimisches Centrum für brittische Handel- und Manufacturthätigkeit. Ostindien wird so bald ein unabhängiges Wirken erhalten, und es könnte leicht eintreten, daß Singapore bald eine zweite englische Hauptstadt wird für den Verkehr aller englischen Colonien in der südlichen Hemisphäre. In diesem Falle wäre die allmähliche Eroberung China's durch England nicht allein keine Unmöglichkeit, sondern fast eine Nothwendigkeit. Würde Ostindien, was sicher bald geschehen muß, directer Bestandtheil des britischen Reiches, so könnte mit diesem Rückhalte die Eroberung China's durch eine chinesische Handelsgesellschaft mit all den frühern Privilegien der Ostindiencompagnie eben so leicht, wenn nicht leichter bewerkstelligt werden, als die frühere Eroberung Ostindiens. - Die Verwicklungen mit Amerika scheinen vor der Hand beseitigt. Der Staat von Maine war allerdings kriegerisch gesinnt, aber in Folge der Finanzverlegenheiten dieses Staates muß jetzt die Entscheidung des Gränzstreites der Centralregierung überlassen werden, wo man friedlichere Gesinnungen hegt.

natürlich erwartet, der Kaiser sich zu einem billigen Vertrage bestimmen läßt, so wird man sich damit begnügen, dem Kaiser überlassend, nach chinesischer Weise, seinem eigenen Lande zu erklären, daß er die Barbaren besiegt habe und daß er ihnen aus übermenschlicher Gnade erlauben wolle, wieder Handel mit dem Lande zu treiben unter neuen Bedingungen. Die Unkenntniß der Chinesen von England hat man in Deutschland übertrieben. Junge Chinesen haben seit einigen Jahren, wiewohl dieß gegen die chinesischen Gesetze ist, die Schule in Singapore besucht, wo sie sich Kenntniß verschiedener europäischer Sprachen erworben haben. Namentlich ist dieses der Fall mit einem zweiten Commissär des Kaisers, auf dessen Namen ich mich nicht besinne, welcher aber jenen zweiten verworfenen Bericht dem Kaiser vorlegte, worin auf Legalisirung des Opiumhandels angetragen wurde. Dieser zweite Commissär ist in Singapore erzogen, wo er sich genauere Kenntniß von England und seiner Sprache erworben. In Singapore sind auch außerdem viele Chinesen ansässig, und bei der Ostindiencompagnie selbst hegt man keine ganz geringe Meinung von den Chinesen, welche man für das civilisirteste und intelligenteste Volk Asiens hält. Bei einigen Volksraufereien in Singapore soll auch die chinesische Bevölkerung wiederholt den Sieg davon getragen haben, so daß man auch ihre Bravour nicht in Zweifel zieht. Ueberhaupt ist es unmöglich vorauszusehen, wie sich die Chinesen schlagen werden. Unkenntniß mit den Waffen muß natürlich angenommen werden, da China schon seit lange in keinen auswärtigen Krieg verwickelt worden. Da das Land aber groß ist und eine gänzliche Eroberung China's lange Zeit erforderte, so ist es schwer zu sagen, wie sich die Verhältnisse später machen würden. Vor der Hand wird man von englischer Seite also keinen langaussehenden Krieg suchen. Auf der andern Seite ist es unverkennbar, daß der jetzige Krieg, wie kurz er auch andauern mag, die Verwickelungen erst beginnt. England und Rußland streiten sich um den Besitz Asiens. Der erste Kampfplatz für diesen Streit wurden Persien und die Türkei. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint auch die Stellung Englands zu Frankreich wegen Aegypten nur als ein Nebenpunkt, nicht als Hauptpunkt. Durch diesen Streit mit Rußland ist nun Ostindien in die europäische Politik gezogen worden und hat welthistorische Bedeutung erlangt. Ostindien wird vermuthlich nicht mehr lange in den Händen der Ostindiencompagnie bleiben, deren Privilegien ohnedieß schon bedeutend abgenommen haben. So gewiß ist man auf dem hiesigen Indienhause, daß über kurz oder lang die ganze Regierung der Compagnie in die Hände des Gouvernements übergehen muß, daß man nicht einmal Auslagen macht zu besserer Aufstellung der wissenschaftlichen Sammlungen und andern nothwendigen Erweiterungen im jetzigen Locale der Gesellschaft in London. In Folge der politischen Verwickelungen kann die Gesellschaft auch nicht mehr pecuniäre Vortheile von der Colonie ziehen. Das Umgreifen Rußlands in Asien muß also schon für sich allein den Augenblick beschleunigen, wo die Gesellschaft ihre Wirksamkeit an die hiesige Regierung abtritt. Der Streit mit China dagegen war Folge des veränderten Verhältnisses der Gesellschaft zu der Regierung und dem übrigen England. So lange der Handel mit China Monopol der ostindischen Gesellschaft war, waren Zwistigkeiten mit der chinesischen Regierung leicht vermeidbar, da die Gesellschaft als eine Privatgesellschaft allenfallsige Insulte stillschweigend hinnehmen konnte. Das verträgt die Ehre der englischen Regierung nicht. Ferner, so lange der Handel mit China durch die Diener der ostindischen Compagnie betrieben wurde, standen die letztern unter strenger Controle, was jetzt unmöglich ist, da der Handel zum Theil durch freie englische Kaufleute betrieben wird, über welche die Regierung keine größere Gewalt hat als über andre Engländer auch. Durch die Aufhebung des Handelsmonopols der ostindischen Gesellschaft ist das Verhältniß Englands zu China also folgendes geworden: Die Chinesen sind ein sonderbares Volk, und Streitigkeiten zwischen ihnen und den englischen Kaufleuten und Matrosen sind unvermeidlich. Fällt eine solche Streitigkeit vor, so muß die englische Regierung zum Schutze der englischen Unterthanen einschreiten. An solchen Anlässen wird es auch in der Folge nicht fehlen. Das Verbot des Opiumhandels selbst war eine unpolitische Maaßregel von Seite der chinesischen Regierung – denn früher brachten die Engländer ihr Opium in einen bestimmten Hafen und überließen den Chinesen das Schmuggeln ins Innere; jetzt streifen englische Schmuggelschiffe die ganze Küste entlang, und da die Engländer so direct die Leitung des Schmuggelgeschäftes übernehmen, erhalten sie Einverständnisse im Lande, welche auch zu politischen Zwecken genützt werden können. Ein anderer wichtiger Umstand darf auch nicht übersehen werden. In Singapore bildet sich offenbar ein einheimisches Centrum für brittische Handel- und Manufacturthätigkeit. Ostindien wird so bald ein unabhängiges Wirken erhalten, und es könnte leicht eintreten, daß Singapore bald eine zweite englische Hauptstadt wird für den Verkehr aller englischen Colonien in der südlichen Hemisphäre. In diesem Falle wäre die allmähliche Eroberung China's durch England nicht allein keine Unmöglichkeit, sondern fast eine Nothwendigkeit. Würde Ostindien, was sicher bald geschehen muß, directer Bestandtheil des britischen Reiches, so könnte mit diesem Rückhalte die Eroberung China's durch eine chinesische Handelsgesellschaft mit all den frühern Privilegien der Ostindiencompagnie eben so leicht, wenn nicht leichter bewerkstelligt werden, als die frühere Eroberung Ostindiens. – Die Verwicklungen mit Amerika scheinen vor der Hand beseitigt. Der Staat von Maine war allerdings kriegerisch gesinnt, aber in Folge der Finanzverlegenheiten dieses Staates muß jetzt die Entscheidung des Gränzstreites der Centralregierung überlassen werden, wo man friedlichere Gesinnungen hegt.

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natürlich erwartet, der Kaiser sich zu einem billigen Vertrage bestimmen läßt, so wird man sich damit begnügen, dem Kaiser überlassend, nach chinesischer Weise, seinem eigenen Lande zu erklären, daß er die Barbaren besiegt habe und daß er ihnen aus übermenschlicher Gnade erlauben wolle, wieder Handel mit dem Lande zu treiben unter neuen Bedingungen. Die Unkenntniß der Chinesen von England hat man in Deutschland übertrieben. Junge Chinesen haben seit einigen Jahren, wiewohl dieß gegen die chinesischen Gesetze ist, die Schule in Singapore besucht, wo sie sich Kenntniß verschiedener europäischer Sprachen erworben haben. Namentlich ist dieses der Fall mit einem zweiten Commissär des Kaisers, auf dessen Namen ich mich nicht besinne, welcher aber jenen zweiten verworfenen Bericht dem Kaiser vorlegte, worin auf Legalisirung des Opiumhandels angetragen wurde. Dieser zweite Commissär ist in Singapore erzogen, wo er sich genauere Kenntniß von England und seiner Sprache erworben. In Singapore sind auch außerdem viele Chinesen ansässig, und bei der Ostindiencompagnie selbst hegt man keine ganz geringe Meinung von den Chinesen, welche man für das civilisirteste und intelligenteste Volk Asiens hält. Bei einigen Volksraufereien in Singapore soll auch die chinesische Bevölkerung wiederholt den Sieg davon getragen haben, so daß man auch ihre Bravour nicht in Zweifel zieht. Ueberhaupt ist es unmöglich vorauszusehen, wie sich die Chinesen schlagen werden. Unkenntniß mit den Waffen muß natürlich angenommen werden, da China schon seit lange in keinen auswärtigen Krieg verwickelt worden. Da das Land aber groß ist und eine gänzliche Eroberung China's lange Zeit erforderte, so ist es schwer zu sagen, wie sich die Verhältnisse später machen würden. Vor der Hand wird man von englischer Seite also keinen langaussehenden Krieg <hi rendition="#g">suchen</hi>. 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So gewiß ist man auf dem hiesigen Indienhause, daß über kurz oder lang die ganze Regierung der Compagnie in die Hände des Gouvernements übergehen muß, daß man nicht einmal Auslagen macht zu besserer Aufstellung der wissenschaftlichen Sammlungen und andern nothwendigen Erweiterungen im jetzigen Locale der Gesellschaft in London. In Folge der politischen Verwickelungen kann die Gesellschaft auch nicht mehr pecuniäre Vortheile von der Colonie ziehen. Das Umgreifen Rußlands in Asien muß also schon für sich allein den Augenblick beschleunigen, wo die Gesellschaft ihre Wirksamkeit an die hiesige Regierung abtritt. Der Streit mit China dagegen war Folge des veränderten Verhältnisses der Gesellschaft zu der Regierung und dem übrigen England. So lange der Handel mit China Monopol der ostindischen Gesellschaft war, waren Zwistigkeiten mit der chinesischen Regierung leicht vermeidbar, da die Gesellschaft als eine Privatgesellschaft allenfallsige Insulte stillschweigend hinnehmen konnte. Das verträgt die Ehre der englischen Regierung nicht. Ferner, so lange der Handel mit China durch die Diener der ostindischen Compagnie betrieben wurde, standen die letztern unter strenger Controle, was jetzt unmöglich ist, da der Handel zum Theil durch freie englische Kaufleute betrieben wird, über welche die Regierung keine größere Gewalt hat als über andre Engländer auch. Durch die Aufhebung des Handelsmonopols der ostindischen Gesellschaft ist das Verhältniß Englands zu China also folgendes geworden: Die Chinesen sind ein sonderbares Volk, und Streitigkeiten zwischen ihnen und den englischen Kaufleuten und Matrosen sind unvermeidlich. Fällt eine solche Streitigkeit vor, so muß die englische Regierung zum Schutze der englischen Unterthanen einschreiten. An solchen Anlässen wird es auch in der Folge nicht fehlen. Das Verbot des Opiumhandels selbst war eine unpolitische Maaßregel von Seite der chinesischen Regierung &#x2013; denn früher brachten die Engländer ihr Opium in einen bestimmten Hafen und überließen den Chinesen das Schmuggeln ins Innere; jetzt streifen englische Schmuggelschiffe die ganze Küste entlang, und da die Engländer so direct die Leitung des Schmuggelgeschäftes übernehmen, erhalten sie Einverständnisse im Lande, welche auch zu politischen Zwecken genützt werden können. Ein anderer wichtiger Umstand darf auch nicht übersehen werden. In Singapore bildet sich offenbar ein einheimisches Centrum für brittische Handel- und Manufacturthätigkeit. Ostindien wird so bald ein unabhängiges Wirken erhalten, und es könnte leicht eintreten, daß Singapore bald eine zweite englische Hauptstadt wird für den Verkehr <hi rendition="#g">aller</hi> englischen Colonien in der südlichen Hemisphäre. In diesem Falle wäre die allmähliche Eroberung China's durch England nicht allein keine Unmöglichkeit, sondern fast eine Nothwendigkeit. Würde Ostindien, was sicher bald geschehen muß, directer Bestandtheil des britischen Reiches, so könnte mit diesem Rückhalte die Eroberung China's durch eine chinesische Handelsgesellschaft mit all den frühern Privilegien der Ostindiencompagnie eben so leicht, wenn nicht leichter bewerkstelligt werden, als die frühere Eroberung Ostindiens. &#x2013; Die Verwicklungen mit Amerika scheinen vor der Hand beseitigt. Der Staat von Maine war allerdings kriegerisch gesinnt, aber in Folge der Finanzverlegenheiten dieses Staates muß jetzt die Entscheidung des Gränzstreites der Centralregierung überlassen werden, wo man friedlichere Gesinnungen hegt.</p>
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[1413/0013] natürlich erwartet, der Kaiser sich zu einem billigen Vertrage bestimmen läßt, so wird man sich damit begnügen, dem Kaiser überlassend, nach chinesischer Weise, seinem eigenen Lande zu erklären, daß er die Barbaren besiegt habe und daß er ihnen aus übermenschlicher Gnade erlauben wolle, wieder Handel mit dem Lande zu treiben unter neuen Bedingungen. Die Unkenntniß der Chinesen von England hat man in Deutschland übertrieben. Junge Chinesen haben seit einigen Jahren, wiewohl dieß gegen die chinesischen Gesetze ist, die Schule in Singapore besucht, wo sie sich Kenntniß verschiedener europäischer Sprachen erworben haben. Namentlich ist dieses der Fall mit einem zweiten Commissär des Kaisers, auf dessen Namen ich mich nicht besinne, welcher aber jenen zweiten verworfenen Bericht dem Kaiser vorlegte, worin auf Legalisirung des Opiumhandels angetragen wurde. Dieser zweite Commissär ist in Singapore erzogen, wo er sich genauere Kenntniß von England und seiner Sprache erworben. In Singapore sind auch außerdem viele Chinesen ansässig, und bei der Ostindiencompagnie selbst hegt man keine ganz geringe Meinung von den Chinesen, welche man für das civilisirteste und intelligenteste Volk Asiens hält. Bei einigen Volksraufereien in Singapore soll auch die chinesische Bevölkerung wiederholt den Sieg davon getragen haben, so daß man auch ihre Bravour nicht in Zweifel zieht. Ueberhaupt ist es unmöglich vorauszusehen, wie sich die Chinesen schlagen werden. Unkenntniß mit den Waffen muß natürlich angenommen werden, da China schon seit lange in keinen auswärtigen Krieg verwickelt worden. Da das Land aber groß ist und eine gänzliche Eroberung China's lange Zeit erforderte, so ist es schwer zu sagen, wie sich die Verhältnisse später machen würden. Vor der Hand wird man von englischer Seite also keinen langaussehenden Krieg suchen. Auf der andern Seite ist es unverkennbar, daß der jetzige Krieg, wie kurz er auch andauern mag, die Verwickelungen erst beginnt. England und Rußland streiten sich um den Besitz Asiens. Der erste Kampfplatz für diesen Streit wurden Persien und die Türkei. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint auch die Stellung Englands zu Frankreich wegen Aegypten nur als ein Nebenpunkt, nicht als Hauptpunkt. Durch diesen Streit mit Rußland ist nun Ostindien in die europäische Politik gezogen worden und hat welthistorische Bedeutung erlangt. Ostindien wird vermuthlich nicht mehr lange in den Händen der Ostindiencompagnie bleiben, deren Privilegien ohnedieß schon bedeutend abgenommen haben. So gewiß ist man auf dem hiesigen Indienhause, daß über kurz oder lang die ganze Regierung der Compagnie in die Hände des Gouvernements übergehen muß, daß man nicht einmal Auslagen macht zu besserer Aufstellung der wissenschaftlichen Sammlungen und andern nothwendigen Erweiterungen im jetzigen Locale der Gesellschaft in London. In Folge der politischen Verwickelungen kann die Gesellschaft auch nicht mehr pecuniäre Vortheile von der Colonie ziehen. Das Umgreifen Rußlands in Asien muß also schon für sich allein den Augenblick beschleunigen, wo die Gesellschaft ihre Wirksamkeit an die hiesige Regierung abtritt. Der Streit mit China dagegen war Folge des veränderten Verhältnisses der Gesellschaft zu der Regierung und dem übrigen England. So lange der Handel mit China Monopol der ostindischen Gesellschaft war, waren Zwistigkeiten mit der chinesischen Regierung leicht vermeidbar, da die Gesellschaft als eine Privatgesellschaft allenfallsige Insulte stillschweigend hinnehmen konnte. Das verträgt die Ehre der englischen Regierung nicht. Ferner, so lange der Handel mit China durch die Diener der ostindischen Compagnie betrieben wurde, standen die letztern unter strenger Controle, was jetzt unmöglich ist, da der Handel zum Theil durch freie englische Kaufleute betrieben wird, über welche die Regierung keine größere Gewalt hat als über andre Engländer auch. Durch die Aufhebung des Handelsmonopols der ostindischen Gesellschaft ist das Verhältniß Englands zu China also folgendes geworden: Die Chinesen sind ein sonderbares Volk, und Streitigkeiten zwischen ihnen und den englischen Kaufleuten und Matrosen sind unvermeidlich. Fällt eine solche Streitigkeit vor, so muß die englische Regierung zum Schutze der englischen Unterthanen einschreiten. An solchen Anlässen wird es auch in der Folge nicht fehlen. Das Verbot des Opiumhandels selbst war eine unpolitische Maaßregel von Seite der chinesischen Regierung – denn früher brachten die Engländer ihr Opium in einen bestimmten Hafen und überließen den Chinesen das Schmuggeln ins Innere; jetzt streifen englische Schmuggelschiffe die ganze Küste entlang, und da die Engländer so direct die Leitung des Schmuggelgeschäftes übernehmen, erhalten sie Einverständnisse im Lande, welche auch zu politischen Zwecken genützt werden können. Ein anderer wichtiger Umstand darf auch nicht übersehen werden. In Singapore bildet sich offenbar ein einheimisches Centrum für brittische Handel- und Manufacturthätigkeit. Ostindien wird so bald ein unabhängiges Wirken erhalten, und es könnte leicht eintreten, daß Singapore bald eine zweite englische Hauptstadt wird für den Verkehr aller englischen Colonien in der südlichen Hemisphäre. In diesem Falle wäre die allmähliche Eroberung China's durch England nicht allein keine Unmöglichkeit, sondern fast eine Nothwendigkeit. Würde Ostindien, was sicher bald geschehen muß, directer Bestandtheil des britischen Reiches, so könnte mit diesem Rückhalte die Eroberung China's durch eine chinesische Handelsgesellschaft mit all den frühern Privilegien der Ostindiencompagnie eben so leicht, wenn nicht leichter bewerkstelligt werden, als die frühere Eroberung Ostindiens. – Die Verwicklungen mit Amerika scheinen vor der Hand beseitigt. Der Staat von Maine war allerdings kriegerisch gesinnt, aber in Folge der Finanzverlegenheiten dieses Staates muß jetzt die Entscheidung des Gränzstreites der Centralregierung überlassen werden, wo man friedlichere Gesinnungen hegt.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 179. Augsburg, 26. Juni 1840, S. 1413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_178_18400626/13>, abgerufen am 25.11.2024.