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Allgemeine Zeitung. Nr. 168. Augsburg, 16. Juni 1840.

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Insel St. Barthelemy zu vertauschen! - Gestern wurde in die durch den Tod des vorigen Erzbischofs Dr. Wallin erledigte Stelle in der schwedischen Akademie der als Geschichtschreiber berühmte Professor und Pfarrer Anders Fryxell erwählt.

Oesterreich.

Hr. Brassier de S. Simon, preußischer Geschäftsträger am k. griechischen Hof, ist auf seiner Rückreise nach Berlin hier eingetroffen, und wird nach einem Aufenthalt von wenigen Tagen seine Reise fortsetzen. - Der niederländische Gesandte am kaiserlichen Hofe, Frhr. v. Mollerus, hat Wien verlassen; während seiner Abwesenheit wird Hr. v. Castel die Geschäfte der Gesandtschaft besorgen. - Man erwartet binnen kurzem die Rückkunft Sr. Exc. des neuernannten Staats- und Conferenzministers Grafen v. Ficquelmont von St. Petersburg. Sein Nachfolger auf dem Botschafterposten am kais. russischen Hof ist noch nicht definitiv ernannt. - Hr. Bailli v. Tatitscheff tritt heute seine Reise nach Karlsbad an. - Briefe von Warschau melden, daß Se. Maj. der Kaiser Nikolaus bei der Nachricht von dem äußerst beunruhigenden Zustand des Königs von Preußen Warschau wieder verließ, und den Weg nach Berlin eingeschlagen hat. Zugleich brachte heute ein Courier die Nachricht von dem Hintritte Sr. Maj. des Königs von Preußen. Aus dieser Veranlassung begibt sich auf Befehl Sr. Maj. des Kaisers Se. kais. Hoh. der Erzherzog Albrecht im Laufe dieser Woche nach Berlin.

Griechenland.

Die neuesten Nachrichten aus Athen melden, daß der Proceß gegen die angebliche Verschwörung der Philorthodoxen geschlossen ist. Drei der Angeschuldigten sind freigesprochen und zwei dem Zuchtpolizeigericht überliefert worden. - II. MM. der König und die Königin wurden auf ihrer Rundreise durch Griechenland aller Orten mit Herzlichkeit und Enthusiasmus empfangen, besonders enthusiastisch soll der Empfang II. MM. in Pyrgos gewesen seyn. - Die griechische Regierung hat Preise auf Einbringung der Räuberhäuptlinge in den Provinzen gesetzt. Diese Maaßregel zeigt sich von bestem Erfolge; die Gemeinden beeifern sich die Preise zu verdienen.

Türkei.

Die Empörung des Pascha's von Widdin bestätigt sich nicht; es scheinen zwischen ihm und der Pforte Unterhandlungen im Werke zu seyn. In Bosnien und Herzegowina hat der Hattischeriff von Gülhaneh noch durchaus keine Veränderung zur Folge gehabt. Sogar die Kopfsteuer wurde kürzlich in beiden Provinzen ganz auf die bisher übliche Weise von der christlichen Bevölkerung erhoben, obgleich die hiezu vorgeschriebenen Teskere (Scheine) von Konstantinopel nicht angelangt waren; man stellte für die geleistete Bezahlung eine Art Interimsscheine aus. Die Türken zahlen in Bosnien und Herzegowina an directen Abgaben so wenig als früher. - Aus Belgrad erfährt man, daß die Pforte die Entlassung der vom serbischen Volke angeklagten Minister und Senatoren genehmigt hat, was einer Billigung der in Folge der neuesten Bewegung eingetretenen Ordnung in Serbien gleich erachtet wird. Da es kaum denkbar ist, daß die Pforte irgend einen Entschluß in dieser Angelegenheit gefaßt hat, ohne die Ansicht Rußlands hiezu einzuholen, so folgert man weiter, daß auch von Seite dieser Schutzmacht kein gegentheiliges Einschreiten zu besorgen sey und damit erhalten die abgesetzten Herren, welche sich als Märtyrer Rußlands darzustellen bemühten, eine wohlverdiente Lehre. Einen Beweis, wie rücksichtslos die nun gestürzte Partei auf Rußlands Schutz rechnete, lieferte Wucsitsch kurz vor seiner Resignation, indem er einem seiner Loyalität wegen bekannten Bezirksvorsteher melden ließ: wenn er sich noch einmal unterstehe, eine gegen ihn gerichtete Aeußerung zu wiederholen, so werde er ihn in Sibirien hiefür büßen lassen. - In Kragujewatz ist der jugendliche Fürst mit unbeschreiblichem Jubel begrüßt worden. Es wurde daselbst über Hals und Kopf gearbeitet, um für Aufnahme der Ministerien und des Senats geeignete Vorkehrungen zu treffen.

Ostindien.

Unsre Nachrichten aus Bombay reichen bis zum 30 April. Die Einschiffung der Truppen von Calcutta und Madras nach China hatte begonnen, und in wenigen Tagen sollte Alles unter Segel seyn. Die tiefste Ruhe herrschte in allen Provinzen der englisch-ostindischen Besitzungen, so wie auch bei ihren Nachbarn. Der große Convoi nach Dschellalabad mit Geld, Lebensmitteln, Kleidungsstücken, kurz allem, dessen die im Afghanistan gebliebenen englischen Truppen bedürfen, hatte den Pendschab ohne Störung durchzogen. Bei Peschawer kam der General Sale aus Dschellalabad dem Zuge entgegen, um ihn durch die Keiberpässe zu führen. Aus Kandahar vom 15 März schreibt man, daß Dost Mohammed wirklich in Bochara gefangen sitzt. Einer seiner Leute, der am 29 Febr. durch Herat gekommen, hatte Briefe für ihn vom Schah von Persien und dem russischen Gesandten, die ihm etwas spät anrathen, mit den Engländern seinen Frieden zu machen. Von Colonel Stoddart hatte man keine Nachricht. - Die lächerlichsten Gerüchte waren in Indien über die russische Expedition nach Chiwa im Umlauf: schon waren sie in Chiwa angekommen und auf dem Wege nach Bochara oder nach Herat; Andere lassen dieselbe eine große Schlacht mit der vereinigten Reiterei des Königs von Bochara etc. liefern. Man hatte in Bombay noch keine Ahnung von dem, was dieser Expedition wirklich zugestoßen. - Der Baron v. Candal, erst neulich von Lissabon als Gouverneur der portugiesischen Besitzungen in Goa angekommen, ist am Krebs im Rückgrat gestorben. So hat dieses kleine Etablissement, beständig ein Raub bürgerlicher Zwietracht, in ganz kurzer Zeit zwei Gouverneure verloren. - Dr. Helfer ist von einigen Bewohnern der Andaman-Inseln (Archipel Mergui) mit Pfeilen erschossen worden, als er nach dem Scheitern seines Bootes sich durch Schwimmen an Bord seines Schiffes retten wollte. *)

China.

Indien selber böte dem aufmerksamen Beobachter von Monat zu Monat so reichen Stoff dar, daß, um auch nur das Interessanteste mitzutheilen, er kaum wüßte, wo den Anfang machen und wo aufhören; und doch läßt der tägliche Kanonendonner und das rastlose Treiben der immer und immer wieder sich einschiffenden Soldaten für den Kriegszug gegen China, so wie die täglich wichtiger und bedeutungsvoller werdende Krise in dem chinesischen Handel dem Schreiber dieses, wie allen Bewohnern Calcutta's, keine Muße, mit ruhig forschendem Blick auf die näher liegende Umgebung zu schauen. Was auch noch vor einem Monat die Stellung der Parteien gewesen seyn mag, wie ungerecht auch im moralischen und legalen Sinn der Anfang des Streites von Seite Großbritanniens sich gezeigt hat - eine andere Phase bietet sich jetzt dem unparteiischen Blicke des Beobachters dar. Die letzten Nachrichten von Canton und Macao, erst gestern durch ein Dampfschiff hiehergebracht, lauten äußerst bedenklich

*) Wir erhielten heute direct aus Calcutta einen Bericht, den wir nachtragen werden, und der leider diesen Todesfall bestätigt.

Insel St. Barthelemy zu vertauschen! – Gestern wurde in die durch den Tod des vorigen Erzbischofs Dr. Wallin erledigte Stelle in der schwedischen Akademie der als Geschichtschreiber berühmte Professor und Pfarrer Anders Fryxell erwählt.

Oesterreich.

Hr. Brassier de S. Simon, preußischer Geschäftsträger am k. griechischen Hof, ist auf seiner Rückreise nach Berlin hier eingetroffen, und wird nach einem Aufenthalt von wenigen Tagen seine Reise fortsetzen. – Der niederländische Gesandte am kaiserlichen Hofe, Frhr. v. Mollerus, hat Wien verlassen; während seiner Abwesenheit wird Hr. v. Castel die Geschäfte der Gesandtschaft besorgen. – Man erwartet binnen kurzem die Rückkunft Sr. Exc. des neuernannten Staats- und Conferenzministers Grafen v. Ficquelmont von St. Petersburg. Sein Nachfolger auf dem Botschafterposten am kais. russischen Hof ist noch nicht definitiv ernannt. – Hr. Bailli v. Tatitscheff tritt heute seine Reise nach Karlsbad an. – Briefe von Warschau melden, daß Se. Maj. der Kaiser Nikolaus bei der Nachricht von dem äußerst beunruhigenden Zustand des Königs von Preußen Warschau wieder verließ, und den Weg nach Berlin eingeschlagen hat. Zugleich brachte heute ein Courier die Nachricht von dem Hintritte Sr. Maj. des Königs von Preußen. Aus dieser Veranlassung begibt sich auf Befehl Sr. Maj. des Kaisers Se. kais. Hoh. der Erzherzog Albrecht im Laufe dieser Woche nach Berlin.

Griechenland.

Die neuesten Nachrichten aus Athen melden, daß der Proceß gegen die angebliche Verschwörung der Philorthodoxen geschlossen ist. Drei der Angeschuldigten sind freigesprochen und zwei dem Zuchtpolizeigericht überliefert worden. – II. MM. der König und die Königin wurden auf ihrer Rundreise durch Griechenland aller Orten mit Herzlichkeit und Enthusiasmus empfangen, besonders enthusiastisch soll der Empfang II. MM. in Pyrgos gewesen seyn. – Die griechische Regierung hat Preise auf Einbringung der Räuberhäuptlinge in den Provinzen gesetzt. Diese Maaßregel zeigt sich von bestem Erfolge; die Gemeinden beeifern sich die Preise zu verdienen.

Türkei.

Die Empörung des Pascha's von Widdin bestätigt sich nicht; es scheinen zwischen ihm und der Pforte Unterhandlungen im Werke zu seyn. In Bosnien und Herzegowina hat der Hattischeriff von Gülhaneh noch durchaus keine Veränderung zur Folge gehabt. Sogar die Kopfsteuer wurde kürzlich in beiden Provinzen ganz auf die bisher übliche Weise von der christlichen Bevölkerung erhoben, obgleich die hiezu vorgeschriebenen Teskere (Scheine) von Konstantinopel nicht angelangt waren; man stellte für die geleistete Bezahlung eine Art Interimsscheine aus. Die Türken zahlen in Bosnien und Herzegowina an directen Abgaben so wenig als früher. – Aus Belgrad erfährt man, daß die Pforte die Entlassung der vom serbischen Volke angeklagten Minister und Senatoren genehmigt hat, was einer Billigung der in Folge der neuesten Bewegung eingetretenen Ordnung in Serbien gleich erachtet wird. Da es kaum denkbar ist, daß die Pforte irgend einen Entschluß in dieser Angelegenheit gefaßt hat, ohne die Ansicht Rußlands hiezu einzuholen, so folgert man weiter, daß auch von Seite dieser Schutzmacht kein gegentheiliges Einschreiten zu besorgen sey und damit erhalten die abgesetzten Herren, welche sich als Märtyrer Rußlands darzustellen bemühten, eine wohlverdiente Lehre. Einen Beweis, wie rücksichtslos die nun gestürzte Partei auf Rußlands Schutz rechnete, lieferte Wucsitsch kurz vor seiner Resignation, indem er einem seiner Loyalität wegen bekannten Bezirksvorsteher melden ließ: wenn er sich noch einmal unterstehe, eine gegen ihn gerichtete Aeußerung zu wiederholen, so werde er ihn in Sibirien hiefür büßen lassen. – In Kragujewatz ist der jugendliche Fürst mit unbeschreiblichem Jubel begrüßt worden. Es wurde daselbst über Hals und Kopf gearbeitet, um für Aufnahme der Ministerien und des Senats geeignete Vorkehrungen zu treffen.

Ostindien.

Unsre Nachrichten aus Bombay reichen bis zum 30 April. Die Einschiffung der Truppen von Calcutta und Madras nach China hatte begonnen, und in wenigen Tagen sollte Alles unter Segel seyn. Die tiefste Ruhe herrschte in allen Provinzen der englisch-ostindischen Besitzungen, so wie auch bei ihren Nachbarn. Der große Convoi nach Dschellalabad mit Geld, Lebensmitteln, Kleidungsstücken, kurz allem, dessen die im Afghanistan gebliebenen englischen Truppen bedürfen, hatte den Pendschab ohne Störung durchzogen. Bei Peschawer kam der General Sale aus Dschellalabad dem Zuge entgegen, um ihn durch die Keiberpässe zu führen. Aus Kandahar vom 15 März schreibt man, daß Dost Mohammed wirklich in Bochara gefangen sitzt. Einer seiner Leute, der am 29 Febr. durch Herat gekommen, hatte Briefe für ihn vom Schah von Persien und dem russischen Gesandten, die ihm etwas spät anrathen, mit den Engländern seinen Frieden zu machen. Von Colonel Stoddart hatte man keine Nachricht. – Die lächerlichsten Gerüchte waren in Indien über die russische Expedition nach Chiwa im Umlauf: schon waren sie in Chiwa angekommen und auf dem Wege nach Bochara oder nach Herat; Andere lassen dieselbe eine große Schlacht mit der vereinigten Reiterei des Königs von Bochara etc. liefern. Man hatte in Bombay noch keine Ahnung von dem, was dieser Expedition wirklich zugestoßen. – Der Baron v. Candal, erst neulich von Lissabon als Gouverneur der portugiesischen Besitzungen in Goa angekommen, ist am Krebs im Rückgrat gestorben. So hat dieses kleine Etablissement, beständig ein Raub bürgerlicher Zwietracht, in ganz kurzer Zeit zwei Gouverneure verloren. – Dr. Helfer ist von einigen Bewohnern der Andaman-Inseln (Archipel Mergui) mit Pfeilen erschossen worden, als er nach dem Scheitern seines Bootes sich durch Schwimmen an Bord seines Schiffes retten wollte. *)

China.

Indien selber böte dem aufmerksamen Beobachter von Monat zu Monat so reichen Stoff dar, daß, um auch nur das Interessanteste mitzutheilen, er kaum wüßte, wo den Anfang machen und wo aufhören; und doch läßt der tägliche Kanonendonner und das rastlose Treiben der immer und immer wieder sich einschiffenden Soldaten für den Kriegszug gegen China, so wie die täglich wichtiger und bedeutungsvoller werdende Krise in dem chinesischen Handel dem Schreiber dieses, wie allen Bewohnern Calcutta's, keine Muße, mit ruhig forschendem Blick auf die näher liegende Umgebung zu schauen. Was auch noch vor einem Monat die Stellung der Parteien gewesen seyn mag, wie ungerecht auch im moralischen und legalen Sinn der Anfang des Streites von Seite Großbritanniens sich gezeigt hat – eine andere Phase bietet sich jetzt dem unparteiischen Blicke des Beobachters dar. Die letzten Nachrichten von Canton und Macao, erst gestern durch ein Dampfschiff hiehergebracht, lauten äußerst bedenklich

*) Wir erhielten heute direct aus Calcutta einen Bericht, den wir nachtragen werden, und der leider diesen Todesfall bestätigt.
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[1343/0007] Insel St. Barthelemy zu vertauschen! – Gestern wurde in die durch den Tod des vorigen Erzbischofs Dr. Wallin erledigte Stelle in der schwedischen Akademie der als Geschichtschreiber berühmte Professor und Pfarrer Anders Fryxell erwählt. Oesterreich. _ Wien, 10 Jun. Hr. Brassier de S. Simon, preußischer Geschäftsträger am k. griechischen Hof, ist auf seiner Rückreise nach Berlin hier eingetroffen, und wird nach einem Aufenthalt von wenigen Tagen seine Reise fortsetzen. – Der niederländische Gesandte am kaiserlichen Hofe, Frhr. v. Mollerus, hat Wien verlassen; während seiner Abwesenheit wird Hr. v. Castel die Geschäfte der Gesandtschaft besorgen. – Man erwartet binnen kurzem die Rückkunft Sr. Exc. des neuernannten Staats- und Conferenzministers Grafen v. Ficquelmont von St. Petersburg. Sein Nachfolger auf dem Botschafterposten am kais. russischen Hof ist noch nicht definitiv ernannt. – Hr. Bailli v. Tatitscheff tritt heute seine Reise nach Karlsbad an. – Briefe von Warschau melden, daß Se. Maj. der Kaiser Nikolaus bei der Nachricht von dem äußerst beunruhigenden Zustand des Königs von Preußen Warschau wieder verließ, und den Weg nach Berlin eingeschlagen hat. Zugleich brachte heute ein Courier die Nachricht von dem Hintritte Sr. Maj. des Königs von Preußen. Aus dieser Veranlassung begibt sich auf Befehl Sr. Maj. des Kaisers Se. kais. Hoh. der Erzherzog Albrecht im Laufe dieser Woche nach Berlin. Griechenland. _ Triest, 6 Jun. Die neuesten Nachrichten aus Athen melden, daß der Proceß gegen die angebliche Verschwörung der Philorthodoxen geschlossen ist. Drei der Angeschuldigten sind freigesprochen und zwei dem Zuchtpolizeigericht überliefert worden. – II. MM. der König und die Königin wurden auf ihrer Rundreise durch Griechenland aller Orten mit Herzlichkeit und Enthusiasmus empfangen, besonders enthusiastisch soll der Empfang II. MM. in Pyrgos gewesen seyn. – Die griechische Regierung hat Preise auf Einbringung der Räuberhäuptlinge in den Provinzen gesetzt. Diese Maaßregel zeigt sich von bestem Erfolge; die Gemeinden beeifern sich die Preise zu verdienen. Türkei. _ Von der türkischen Gränze, 4 Jun. Die Empörung des Pascha's von Widdin bestätigt sich nicht; es scheinen zwischen ihm und der Pforte Unterhandlungen im Werke zu seyn. In Bosnien und Herzegowina hat der Hattischeriff von Gülhaneh noch durchaus keine Veränderung zur Folge gehabt. Sogar die Kopfsteuer wurde kürzlich in beiden Provinzen ganz auf die bisher übliche Weise von der christlichen Bevölkerung erhoben, obgleich die hiezu vorgeschriebenen Teskere (Scheine) von Konstantinopel nicht angelangt waren; man stellte für die geleistete Bezahlung eine Art Interimsscheine aus. Die Türken zahlen in Bosnien und Herzegowina an directen Abgaben so wenig als früher. – Aus Belgrad erfährt man, daß die Pforte die Entlassung der vom serbischen Volke angeklagten Minister und Senatoren genehmigt hat, was einer Billigung der in Folge der neuesten Bewegung eingetretenen Ordnung in Serbien gleich erachtet wird. Da es kaum denkbar ist, daß die Pforte irgend einen Entschluß in dieser Angelegenheit gefaßt hat, ohne die Ansicht Rußlands hiezu einzuholen, so folgert man weiter, daß auch von Seite dieser Schutzmacht kein gegentheiliges Einschreiten zu besorgen sey und damit erhalten die abgesetzten Herren, welche sich als Märtyrer Rußlands darzustellen bemühten, eine wohlverdiente Lehre. Einen Beweis, wie rücksichtslos die nun gestürzte Partei auf Rußlands Schutz rechnete, lieferte Wucsitsch kurz vor seiner Resignation, indem er einem seiner Loyalität wegen bekannten Bezirksvorsteher melden ließ: wenn er sich noch einmal unterstehe, eine gegen ihn gerichtete Aeußerung zu wiederholen, so werde er ihn in Sibirien hiefür büßen lassen. – In Kragujewatz ist der jugendliche Fürst mit unbeschreiblichem Jubel begrüßt worden. Es wurde daselbst über Hals und Kopf gearbeitet, um für Aufnahme der Ministerien und des Senats geeignete Vorkehrungen zu treffen. Ostindien. _ Alexandria, 26 Mai. Unsre Nachrichten aus Bombay reichen bis zum 30 April. Die Einschiffung der Truppen von Calcutta und Madras nach China hatte begonnen, und in wenigen Tagen sollte Alles unter Segel seyn. Die tiefste Ruhe herrschte in allen Provinzen der englisch-ostindischen Besitzungen, so wie auch bei ihren Nachbarn. Der große Convoi nach Dschellalabad mit Geld, Lebensmitteln, Kleidungsstücken, kurz allem, dessen die im Afghanistan gebliebenen englischen Truppen bedürfen, hatte den Pendschab ohne Störung durchzogen. Bei Peschawer kam der General Sale aus Dschellalabad dem Zuge entgegen, um ihn durch die Keiberpässe zu führen. Aus Kandahar vom 15 März schreibt man, daß Dost Mohammed wirklich in Bochara gefangen sitzt. Einer seiner Leute, der am 29 Febr. durch Herat gekommen, hatte Briefe für ihn vom Schah von Persien und dem russischen Gesandten, die ihm etwas spät anrathen, mit den Engländern seinen Frieden zu machen. Von Colonel Stoddart hatte man keine Nachricht. – Die lächerlichsten Gerüchte waren in Indien über die russische Expedition nach Chiwa im Umlauf: schon waren sie in Chiwa angekommen und auf dem Wege nach Bochara oder nach Herat; Andere lassen dieselbe eine große Schlacht mit der vereinigten Reiterei des Königs von Bochara etc. liefern. Man hatte in Bombay noch keine Ahnung von dem, was dieser Expedition wirklich zugestoßen. – Der Baron v. Candal, erst neulich von Lissabon als Gouverneur der portugiesischen Besitzungen in Goa angekommen, ist am Krebs im Rückgrat gestorben. So hat dieses kleine Etablissement, beständig ein Raub bürgerlicher Zwietracht, in ganz kurzer Zeit zwei Gouverneure verloren. – Dr. Helfer ist von einigen Bewohnern der Andaman-Inseln (Archipel Mergui) mit Pfeilen erschossen worden, als er nach dem Scheitern seines Bootes sich durch Schwimmen an Bord seines Schiffes retten wollte. *) China. _ Calcutta, 15 April. Indien selber böte dem aufmerksamen Beobachter von Monat zu Monat so reichen Stoff dar, daß, um auch nur das Interessanteste mitzutheilen, er kaum wüßte, wo den Anfang machen und wo aufhören; und doch läßt der tägliche Kanonendonner und das rastlose Treiben der immer und immer wieder sich einschiffenden Soldaten für den Kriegszug gegen China, so wie die täglich wichtiger und bedeutungsvoller werdende Krise in dem chinesischen Handel dem Schreiber dieses, wie allen Bewohnern Calcutta's, keine Muße, mit ruhig forschendem Blick auf die näher liegende Umgebung zu schauen. Was auch noch vor einem Monat die Stellung der Parteien gewesen seyn mag, wie ungerecht auch im moralischen und legalen Sinn der Anfang des Streites von Seite Großbritanniens sich gezeigt hat – eine andere Phase bietet sich jetzt dem unparteiischen Blicke des Beobachters dar. Die letzten Nachrichten von Canton und Macao, erst gestern durch ein Dampfschiff hiehergebracht, lauten äußerst bedenklich *) Wir erhielten heute direct aus Calcutta einen Bericht, den wir nachtragen werden, und der leider diesen Todesfall bestätigt.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 168. Augsburg, 16. Juni 1840, S. 1343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_168_18400616/7>, abgerufen am 21.11.2024.