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Allgemeine Zeitung. Nr. 161. Augsburg, 9. Juni 1840.

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u Konstantinopel eingereichte Collectivnote ganz das Werk Englands sey; aber gewiß schreibt er uns damit einen für uns allerdings schmeichelhaften Einfluß über die andern Mächte zu, den wir in der That nicht haben. Es ist nicht nöthig zu erklären, woher diese Note eigentlich kam: der englische Gesandte trat dem Vorschlag bei, aber er rührte nicht von ihm her. Aber auch die französische Regierung hat diese Note nie verläugnet, noch auch je behauptet, sie sey nicht bindend. Fordert mich also mein ehrenwerther Freund auf zu erklären, was die Politik Englands hinsichtlich dieser Frage sey, so kann ich ihn nur auf die Thronrede verweisen, in welcher erklärt wurde, daß die Erhaltung der Unverletztheit und Unabhängigkeit des osmanischen Reichs ein aller unserer Bemühungen würdiger Gegenstand sey. Dieser Meinung bin ich noch heute, und je mehr ich darüber nachdenke, um desto größere Genugthuung find' ich darin, diese Ansicht für die gesunde und richtige zu erkennen. Ich bin überzeugt, daß die Interessen unseres Landes die Erhaltung der Unabhängigkeit und Unverletztheit des osmanischen Reichs erfordern, und daß diese Interessen aufgeopfert werden müßten, wenn die Anordnungen, die mein ehrenwerther Freund wünscht, ausgeführt würden - Anordnungen, durch welche die Integrität des osmanischen Reichs in Folge der Abreißung einer der fruchtbarsten und reichsten Provinzen, mit einemmale zerstört und die Türkei zu einem bloßen Schatten und Namen gemacht werden würde. Wäre das, was mein ehrenwerther Freund Friede nennt und was in der That ein Preisgeben des Sultans an Mehemed Ali ist, wirklich durchgesetzt
worden, so würde England, um die Folgen zu verhindern, die gewiß mein ehrenw. Freund auch zu verhindern wünscht, sich genöthigt gesehen haben, noch fortwährend eine bedeutende Seemacht im Mittelmeer zu halten, und würde also durch diesen sogenannten Frieden keines einzigen Gewinns des Friedens theilhaftig geworden seyn. Ich hoffe, daß wir mit Hülfe der andern Mächte eine Veranstaltung treffen können, um jene beiden Mächte (die Pforte und Aegypten) auf den Fuß eines wechselseitigen freundschaftlichen Verhältnisses zu setzen, so daß wir im Stande seyn werden, das Wiedereintreten jener unglücklichen Politik zu verhindern, die einst eine russische Armee nach Konstantinopel brachte: und ich fürchte, daß, wenn wir die Politik meines ehrenwerthen Freundes befolgen wollten, bald eine andere russische Armee an die Küsten des Bospors gebracht werden würde. (Hört, hört!) Ich kann nur sagen, daß wenn Verhandlungen von dieser Wichtigkeit und Schwierigkeit zwischen weit getrennten Mächten noch vor ihrem Abschluß zum Gegenstand öffentlicher Discussion gemacht werden, und wenn Mitglieder der Kammer, gleich meinem ehrenwerthen Freund, auf solche Weise nach offenbar ungegründeten und falschen Berichten handeln, dann das Amt, das ich zu bekleiden die Ehre habe, in eine äußerst schwierige Lage versetzt wird. Ich kann also den Erwartungen meines ehrenwerthen Freundes für jetzt nicht entsprechen und fürchte auch, bis diese Angelegenheit zu einem etwas abschlußähnlichern Ziele kommt, ihm die geforderten Erklärungen fortwährend verweigern zu müssen. Bloß auf Berichtigung einiger falschen Angaben meines ehrenw. Freundes hab' ich mich gegenwärtig beschränken müssen, und ich hoffe, daß das Haus deßhalb nicht den andern von meinem ehrenw. Freunde eingebrachten Behauptungen, die ich nicht umständlich habe widerlegen können, die aber in allen wesentlichen Punkten eben so falsch sind, Glauben schenken wird." - Hr. Hume fragt, ob Frankreich, wie es in der Thronrede gesagt ist, wirklich mit der brittischen Regierung in Einklang handle. Lord Palmerston antwortet, daß er die in jener Rede ausgedrückte Hoffnung, die türkisch-ägyptische Frage werde gleich der belgischen durch das Zusammenstimmen der fünf Mächte zu einem genügenden Schlusse kommen, auch jetzt nicht aufgebe. - Hr. Hume liest die in der Rede von Einmüthigkeit lautende Stelle vor, und behauptet, daß bis jetzt weder Einmüthigkeit noch Zusammenstimmung zwischen den fünf Mächten stattfinde. Die Frage wird dann fallen gelassen, und das Haus schickte sich an in Ausschuß zu treten über die Zölle-Bill.

Die Post weist nach, zur "Warnung für die Landeigenthümer," daß in der Sitzung vom 28 7 Minister und 25 Regierungsbeamte - also das ganze im Unterhaus gegenwärtige Administrationspersonal mit Ausnahme eines Einzigen - für die Motion des Hrn. Villiers stimmte. "Kann - frägt die Post - nach einem solchen Zeugniß das Ministerium noch behaupten, daß es die Kornfrage auf neutralem und aufrichtigem Wege behandeln wolle?"

Die Adresse, welche der Anti-Korngesetzverein an das Volk von Großbritannien und Irland erlassen hat, lautet im Wesentlichen wie folgt: "Landsleute! Eure Bitten um unbesteuertes Brod sind abermals von denen verworfen worden, die sich eure Vertreter nennen. Die Stimme der Gerechtigkeit ist noch nicht laut genug. Die Unterschriften von anderthalb Millionen Bittstellern sind nicht zahlreich genug. Die Verbündung der mittlern und der arbeitenden Classen ist noch nicht fest genug. Der Ruf muß durchdringender, die Wirkung kräftiger seyn, bevor das selbstische Interesse einer legislativen Majorität den Bedürfnissen einer Nation und den Anforderungen unabänderlicher Gerechtigkeit nachgibt. Das Votum des Unterhauses ist nur eine einstweilige Hinausschiebung, keine definitive Entscheidung. Der Schöpfer der Erde verordnete, als er sie mit Fruchtbarkeit begabte, daß der Mensch im Schweiße seines Angesichts sein Brod erwerben solle. Das Kornmonopol will dieses Resultat verhindern. Es verbietet dem Gewerbsfleißigen, die Nahrung zu empfangen, die er verdient hat, sobald sie auf ausländischem Boden gewachsen ist. Es verletzt sein Recht, von seiner Hände Arbeit zu leben. Es verletzt ein Gesetz Gottes und der Natur, und keine menschliche Macht hat die wirkliche Gewalt oder das moralische Recht, eine solche Verletzung fortbestehen zu lassen. Das Urtheil der Brodtaxe ist gefällt; diese schändliche Auflage muß erliegen unter dem allgemeinen Fluche des Volkes. Die äußerste Macht des Parlaments kann bloß ihren Todeskampf verlängern, sie kann so wenig, als der Sklavenhandel, das allgemeine Gefühl gerechten Abscheues überleben. Wie gegen jene, die vom Verkaufe ihrer Mitgeschöpfe sich bereicherten, so muß auch gegen die Elenden, die aus dem Verhungern ihrer Mitmenschen Vortheil ziehen, die moralische Kraft aufgeklärter Beharrlichkeit obsiegen. Das Unterhaus hat dem scheußlichsten der Monopole nur eine Galgenfrist erwirkt. Wie viel Unheil aber wird in dieser kurzen Frist angestiftet, wie viel Elend erduldet werden? Für jetzt hemmt das Unterhaus alle Hülfsquellen einer Bevölkerung, die dennoch in schnellem Vorschreiten begriffen ist. Auf dieser Insel vermehren täglich über tausend menschliche Wesen eine Bevölkerung, die bereits zahlreicher ist, als der Ackerbau ernähren und der Handel verwenden kann, wenn dem Verkehr mit den getreidebauenden Ländern nicht freier Lauf gelassen wird. Wenn die Brodtaxe nicht aufgehoben wird, so müssen diese zunehmenden Massen bis zu der Zahl zusammen gehungert werden, welche dem Vortheile der Monopolisten entspricht. So geschieht es thatsächlich, obgleich Niemand solches Thun deutlich anzuempfehlen wagt. Die Bevölkerung wird gehemmt durch den indirecten Kinder- und Menschenmord vermittelst unzureichender und ungesunder Nahrung. Das Unterhaus verlängert das scheußliche Werk, und vertröstet die Ueberlebenden auf die schreckliche und verzweifelte

u Konstantinopel eingereichte Collectivnote ganz das Werk Englands sey; aber gewiß schreibt er uns damit einen für uns allerdings schmeichelhaften Einfluß über die andern Mächte zu, den wir in der That nicht haben. Es ist nicht nöthig zu erklären, woher diese Note eigentlich kam: der englische Gesandte trat dem Vorschlag bei, aber er rührte nicht von ihm her. Aber auch die französische Regierung hat diese Note nie verläugnet, noch auch je behauptet, sie sey nicht bindend. Fordert mich also mein ehrenwerther Freund auf zu erklären, was die Politik Englands hinsichtlich dieser Frage sey, so kann ich ihn nur auf die Thronrede verweisen, in welcher erklärt wurde, daß die Erhaltung der Unverletztheit und Unabhängigkeit des osmanischen Reichs ein aller unserer Bemühungen würdiger Gegenstand sey. Dieser Meinung bin ich noch heute, und je mehr ich darüber nachdenke, um desto größere Genugthuung find' ich darin, diese Ansicht für die gesunde und richtige zu erkennen. Ich bin überzeugt, daß die Interessen unseres Landes die Erhaltung der Unabhängigkeit und Unverletztheit des osmanischen Reichs erfordern, und daß diese Interessen aufgeopfert werden müßten, wenn die Anordnungen, die mein ehrenwerther Freund wünscht, ausgeführt würden – Anordnungen, durch welche die Integrität des osmanischen Reichs in Folge der Abreißung einer der fruchtbarsten und reichsten Provinzen, mit einemmale zerstört und die Türkei zu einem bloßen Schatten und Namen gemacht werden würde. Wäre das, was mein ehrenwerther Freund Friede nennt und was in der That ein Preisgeben des Sultans an Mehemed Ali ist, wirklich durchgesetzt
worden, so würde England, um die Folgen zu verhindern, die gewiß mein ehrenw. Freund auch zu verhindern wünscht, sich genöthigt gesehen haben, noch fortwährend eine bedeutende Seemacht im Mittelmeer zu halten, und würde also durch diesen sogenannten Frieden keines einzigen Gewinns des Friedens theilhaftig geworden seyn. Ich hoffe, daß wir mit Hülfe der andern Mächte eine Veranstaltung treffen können, um jene beiden Mächte (die Pforte und Aegypten) auf den Fuß eines wechselseitigen freundschaftlichen Verhältnisses zu setzen, so daß wir im Stande seyn werden, das Wiedereintreten jener unglücklichen Politik zu verhindern, die einst eine russische Armee nach Konstantinopel brachte: und ich fürchte, daß, wenn wir die Politik meines ehrenwerthen Freundes befolgen wollten, bald eine andere russische Armee an die Küsten des Bospors gebracht werden würde. (Hört, hört!) Ich kann nur sagen, daß wenn Verhandlungen von dieser Wichtigkeit und Schwierigkeit zwischen weit getrennten Mächten noch vor ihrem Abschluß zum Gegenstand öffentlicher Discussion gemacht werden, und wenn Mitglieder der Kammer, gleich meinem ehrenwerthen Freund, auf solche Weise nach offenbar ungegründeten und falschen Berichten handeln, dann das Amt, das ich zu bekleiden die Ehre habe, in eine äußerst schwierige Lage versetzt wird. Ich kann also den Erwartungen meines ehrenwerthen Freundes für jetzt nicht entsprechen und fürchte auch, bis diese Angelegenheit zu einem etwas abschlußähnlichern Ziele kommt, ihm die geforderten Erklärungen fortwährend verweigern zu müssen. Bloß auf Berichtigung einiger falschen Angaben meines ehrenw. Freundes hab' ich mich gegenwärtig beschränken müssen, und ich hoffe, daß das Haus deßhalb nicht den andern von meinem ehrenw. Freunde eingebrachten Behauptungen, die ich nicht umständlich habe widerlegen können, die aber in allen wesentlichen Punkten eben so falsch sind, Glauben schenken wird.“ – Hr. Hume fragt, ob Frankreich, wie es in der Thronrede gesagt ist, wirklich mit der brittischen Regierung in Einklang handle. Lord Palmerston antwortet, daß er die in jener Rede ausgedrückte Hoffnung, die türkisch-ägyptische Frage werde gleich der belgischen durch das Zusammenstimmen der fünf Mächte zu einem genügenden Schlusse kommen, auch jetzt nicht aufgebe. – Hr. Hume liest die in der Rede von Einmüthigkeit lautende Stelle vor, und behauptet, daß bis jetzt weder Einmüthigkeit noch Zusammenstimmung zwischen den fünf Mächten stattfinde. Die Frage wird dann fallen gelassen, und das Haus schickte sich an in Ausschuß zu treten über die Zölle-Bill.

Die Post weist nach, zur „Warnung für die Landeigenthümer,“ daß in der Sitzung vom 28 7 Minister und 25 Regierungsbeamte – also das ganze im Unterhaus gegenwärtige Administrationspersonal mit Ausnahme eines Einzigen – für die Motion des Hrn. Villiers stimmte. „Kann – frägt die Post – nach einem solchen Zeugniß das Ministerium noch behaupten, daß es die Kornfrage auf neutralem und aufrichtigem Wege behandeln wolle?“

Die Adresse, welche der Anti-Korngesetzverein an das Volk von Großbritannien und Irland erlassen hat, lautet im Wesentlichen wie folgt: „Landsleute! Eure Bitten um unbesteuertes Brod sind abermals von denen verworfen worden, die sich eure Vertreter nennen. Die Stimme der Gerechtigkeit ist noch nicht laut genug. Die Unterschriften von anderthalb Millionen Bittstellern sind nicht zahlreich genug. Die Verbündung der mittlern und der arbeitenden Classen ist noch nicht fest genug. Der Ruf muß durchdringender, die Wirkung kräftiger seyn, bevor das selbstische Interesse einer legislativen Majorität den Bedürfnissen einer Nation und den Anforderungen unabänderlicher Gerechtigkeit nachgibt. Das Votum des Unterhauses ist nur eine einstweilige Hinausschiebung, keine definitive Entscheidung. Der Schöpfer der Erde verordnete, als er sie mit Fruchtbarkeit begabte, daß der Mensch im Schweiße seines Angesichts sein Brod erwerben solle. Das Kornmonopol will dieses Resultat verhindern. Es verbietet dem Gewerbsfleißigen, die Nahrung zu empfangen, die er verdient hat, sobald sie auf ausländischem Boden gewachsen ist. Es verletzt sein Recht, von seiner Hände Arbeit zu leben. Es verletzt ein Gesetz Gottes und der Natur, und keine menschliche Macht hat die wirkliche Gewalt oder das moralische Recht, eine solche Verletzung fortbestehen zu lassen. Das Urtheil der Brodtaxe ist gefällt; diese schändliche Auflage muß erliegen unter dem allgemeinen Fluche des Volkes. Die äußerste Macht des Parlaments kann bloß ihren Todeskampf verlängern, sie kann so wenig, als der Sklavenhandel, das allgemeine Gefühl gerechten Abscheues überleben. Wie gegen jene, die vom Verkaufe ihrer Mitgeschöpfe sich bereicherten, so muß auch gegen die Elenden, die aus dem Verhungern ihrer Mitmenschen Vortheil ziehen, die moralische Kraft aufgeklärter Beharrlichkeit obsiegen. Das Unterhaus hat dem scheußlichsten der Monopole nur eine Galgenfrist erwirkt. Wie viel Unheil aber wird in dieser kurzen Frist angestiftet, wie viel Elend erduldet werden? Für jetzt hemmt das Unterhaus alle Hülfsquellen einer Bevölkerung, die dennoch in schnellem Vorschreiten begriffen ist. Auf dieser Insel vermehren täglich über tausend menschliche Wesen eine Bevölkerung, die bereits zahlreicher ist, als der Ackerbau ernähren und der Handel verwenden kann, wenn dem Verkehr mit den getreidebauenden Ländern nicht freier Lauf gelassen wird. Wenn die Brodtaxe nicht aufgehoben wird, so müssen diese zunehmenden Massen bis zu der Zahl zusammen gehungert werden, welche dem Vortheile der Monopolisten entspricht. So geschieht es thatsächlich, obgleich Niemand solches Thun deutlich anzuempfehlen wagt. Die Bevölkerung wird gehemmt durch den indirecten Kinder- und Menschenmord vermittelst unzureichender und ungesunder Nahrung. Das Unterhaus verlängert das scheußliche Werk, und vertröstet die Ueberlebenden auf die schreckliche und verzweifelte

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u Konstantinopel eingereichte Collectivnote ganz das Werk Englands sey; aber gewiß schreibt er uns damit einen für uns allerdings schmeichelhaften Einfluß über die andern Mächte zu, den wir in der That nicht haben. Es ist nicht nöthig zu erklären, woher diese Note eigentlich kam: der englische Gesandte trat dem Vorschlag bei, aber er rührte nicht von ihm her. Aber auch die französische Regierung hat diese Note nie verläugnet, noch auch je behauptet, sie sey nicht bindend. Fordert mich also mein ehrenwerther Freund auf zu erklären, was die Politik Englands hinsichtlich dieser Frage sey, so kann ich ihn nur auf die Thronrede verweisen, in welcher erklärt wurde, daß die Erhaltung der Unverletztheit und Unabhängigkeit des osmanischen Reichs ein aller unserer Bemühungen würdiger Gegenstand sey. Dieser Meinung bin ich noch heute, und je mehr ich darüber nachdenke, um desto größere Genugthuung find' ich darin, diese Ansicht für die gesunde und richtige zu erkennen. Ich bin überzeugt, daß die Interessen unseres Landes die Erhaltung der Unabhängigkeit und Unverletztheit des osmanischen Reichs erfordern, und daß diese Interessen aufgeopfert werden müßten, wenn die Anordnungen, die mein ehrenwerther Freund wünscht, ausgeführt würden &#x2013; Anordnungen, durch welche die Integrität des osmanischen Reichs in Folge der Abreißung einer der fruchtbarsten und reichsten Provinzen, mit einemmale zerstört und die Türkei zu einem bloßen Schatten und Namen gemacht werden würde. Wäre das, was mein ehrenwerther Freund Friede nennt und was in der That ein Preisgeben des Sultans an Mehemed Ali ist, wirklich durchgesetzt<lb/>
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[1283/0003] u Konstantinopel eingereichte Collectivnote ganz das Werk Englands sey; aber gewiß schreibt er uns damit einen für uns allerdings schmeichelhaften Einfluß über die andern Mächte zu, den wir in der That nicht haben. Es ist nicht nöthig zu erklären, woher diese Note eigentlich kam: der englische Gesandte trat dem Vorschlag bei, aber er rührte nicht von ihm her. Aber auch die französische Regierung hat diese Note nie verläugnet, noch auch je behauptet, sie sey nicht bindend. Fordert mich also mein ehrenwerther Freund auf zu erklären, was die Politik Englands hinsichtlich dieser Frage sey, so kann ich ihn nur auf die Thronrede verweisen, in welcher erklärt wurde, daß die Erhaltung der Unverletztheit und Unabhängigkeit des osmanischen Reichs ein aller unserer Bemühungen würdiger Gegenstand sey. Dieser Meinung bin ich noch heute, und je mehr ich darüber nachdenke, um desto größere Genugthuung find' ich darin, diese Ansicht für die gesunde und richtige zu erkennen. Ich bin überzeugt, daß die Interessen unseres Landes die Erhaltung der Unabhängigkeit und Unverletztheit des osmanischen Reichs erfordern, und daß diese Interessen aufgeopfert werden müßten, wenn die Anordnungen, die mein ehrenwerther Freund wünscht, ausgeführt würden – Anordnungen, durch welche die Integrität des osmanischen Reichs in Folge der Abreißung einer der fruchtbarsten und reichsten Provinzen, mit einemmale zerstört und die Türkei zu einem bloßen Schatten und Namen gemacht werden würde. Wäre das, was mein ehrenwerther Freund Friede nennt und was in der That ein Preisgeben des Sultans an Mehemed Ali ist, wirklich durchgesetzt worden, so würde England, um die Folgen zu verhindern, die gewiß mein ehrenw. Freund auch zu verhindern wünscht, sich genöthigt gesehen haben, noch fortwährend eine bedeutende Seemacht im Mittelmeer zu halten, und würde also durch diesen sogenannten Frieden keines einzigen Gewinns des Friedens theilhaftig geworden seyn. Ich hoffe, daß wir mit Hülfe der andern Mächte eine Veranstaltung treffen können, um jene beiden Mächte (die Pforte und Aegypten) auf den Fuß eines wechselseitigen freundschaftlichen Verhältnisses zu setzen, so daß wir im Stande seyn werden, das Wiedereintreten jener unglücklichen Politik zu verhindern, die einst eine russische Armee nach Konstantinopel brachte: und ich fürchte, daß, wenn wir die Politik meines ehrenwerthen Freundes befolgen wollten, bald eine andere russische Armee an die Küsten des Bospors gebracht werden würde. (Hört, hört!) Ich kann nur sagen, daß wenn Verhandlungen von dieser Wichtigkeit und Schwierigkeit zwischen weit getrennten Mächten noch vor ihrem Abschluß zum Gegenstand öffentlicher Discussion gemacht werden, und wenn Mitglieder der Kammer, gleich meinem ehrenwerthen Freund, auf solche Weise nach offenbar ungegründeten und falschen Berichten handeln, dann das Amt, das ich zu bekleiden die Ehre habe, in eine äußerst schwierige Lage versetzt wird. Ich kann also den Erwartungen meines ehrenwerthen Freundes für jetzt nicht entsprechen und fürchte auch, bis diese Angelegenheit zu einem etwas abschlußähnlichern Ziele kommt, ihm die geforderten Erklärungen fortwährend verweigern zu müssen. Bloß auf Berichtigung einiger falschen Angaben meines ehrenw. Freundes hab' ich mich gegenwärtig beschränken müssen, und ich hoffe, daß das Haus deßhalb nicht den andern von meinem ehrenw. Freunde eingebrachten Behauptungen, die ich nicht umständlich habe widerlegen können, die aber in allen wesentlichen Punkten eben so falsch sind, Glauben schenken wird.“ – Hr. Hume fragt, ob Frankreich, wie es in der Thronrede gesagt ist, wirklich mit der brittischen Regierung in Einklang handle. Lord Palmerston antwortet, daß er die in jener Rede ausgedrückte Hoffnung, die türkisch-ägyptische Frage werde gleich der belgischen durch das Zusammenstimmen der fünf Mächte zu einem genügenden Schlusse kommen, auch jetzt nicht aufgebe. – Hr. Hume liest die in der Rede von Einmüthigkeit lautende Stelle vor, und behauptet, daß bis jetzt weder Einmüthigkeit noch Zusammenstimmung zwischen den fünf Mächten stattfinde. Die Frage wird dann fallen gelassen, und das Haus schickte sich an in Ausschuß zu treten über die Zölle-Bill. Die Post weist nach, zur „Warnung für die Landeigenthümer,“ daß in der Sitzung vom 28 7 Minister und 25 Regierungsbeamte – also das ganze im Unterhaus gegenwärtige Administrationspersonal mit Ausnahme eines Einzigen – für die Motion des Hrn. Villiers stimmte. „Kann – frägt die Post – nach einem solchen Zeugniß das Ministerium noch behaupten, daß es die Kornfrage auf neutralem und aufrichtigem Wege behandeln wolle?“ Die Adresse, welche der Anti-Korngesetzverein an das Volk von Großbritannien und Irland erlassen hat, lautet im Wesentlichen wie folgt: „Landsleute! Eure Bitten um unbesteuertes Brod sind abermals von denen verworfen worden, die sich eure Vertreter nennen. Die Stimme der Gerechtigkeit ist noch nicht laut genug. Die Unterschriften von anderthalb Millionen Bittstellern sind nicht zahlreich genug. Die Verbündung der mittlern und der arbeitenden Classen ist noch nicht fest genug. Der Ruf muß durchdringender, die Wirkung kräftiger seyn, bevor das selbstische Interesse einer legislativen Majorität den Bedürfnissen einer Nation und den Anforderungen unabänderlicher Gerechtigkeit nachgibt. Das Votum des Unterhauses ist nur eine einstweilige Hinausschiebung, keine definitive Entscheidung. Der Schöpfer der Erde verordnete, als er sie mit Fruchtbarkeit begabte, daß der Mensch im Schweiße seines Angesichts sein Brod erwerben solle. Das Kornmonopol will dieses Resultat verhindern. Es verbietet dem Gewerbsfleißigen, die Nahrung zu empfangen, die er verdient hat, sobald sie auf ausländischem Boden gewachsen ist. Es verletzt sein Recht, von seiner Hände Arbeit zu leben. Es verletzt ein Gesetz Gottes und der Natur, und keine menschliche Macht hat die wirkliche Gewalt oder das moralische Recht, eine solche Verletzung fortbestehen zu lassen. Das Urtheil der Brodtaxe ist gefällt; diese schändliche Auflage muß erliegen unter dem allgemeinen Fluche des Volkes. Die äußerste Macht des Parlaments kann bloß ihren Todeskampf verlängern, sie kann so wenig, als der Sklavenhandel, das allgemeine Gefühl gerechten Abscheues überleben. Wie gegen jene, die vom Verkaufe ihrer Mitgeschöpfe sich bereicherten, so muß auch gegen die Elenden, die aus dem Verhungern ihrer Mitmenschen Vortheil ziehen, die moralische Kraft aufgeklärter Beharrlichkeit obsiegen. Das Unterhaus hat dem scheußlichsten der Monopole nur eine Galgenfrist erwirkt. Wie viel Unheil aber wird in dieser kurzen Frist angestiftet, wie viel Elend erduldet werden? Für jetzt hemmt das Unterhaus alle Hülfsquellen einer Bevölkerung, die dennoch in schnellem Vorschreiten begriffen ist. Auf dieser Insel vermehren täglich über tausend menschliche Wesen eine Bevölkerung, die bereits zahlreicher ist, als der Ackerbau ernähren und der Handel verwenden kann, wenn dem Verkehr mit den getreidebauenden Ländern nicht freier Lauf gelassen wird. Wenn die Brodtaxe nicht aufgehoben wird, so müssen diese zunehmenden Massen bis zu der Zahl zusammen gehungert werden, welche dem Vortheile der Monopolisten entspricht. So geschieht es thatsächlich, obgleich Niemand solches Thun deutlich anzuempfehlen wagt. Die Bevölkerung wird gehemmt durch den indirecten Kinder- und Menschenmord vermittelst unzureichender und ungesunder Nahrung. Das Unterhaus verlängert das scheußliche Werk, und vertröstet die Ueberlebenden auf die schreckliche und verzweifelte

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 161. Augsburg, 9. Juni 1840, S. 1283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_161_18400609/3>, abgerufen am 04.05.2024.