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Allgemeine Zeitung. Nr. 151. Augsburg, 30. Mai 1840.

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gestillt, verschlief ich den halben Tag wie todt unter der großen Pinie, bis um drei Uhr Kapitan Georgi, der, noch weit früher als mein Secretär, auf halbem Wege umgekehrt war, weil er sich zu erschöpft fühlte, mich weckte und dringend bat, aufzustehen, da noch eine weite und beschwerliche Tour bis zu seinem Schloß zurückzulegen sey.

Neue Anstrengung anderer Art bricht zuweilen die Müdigkeit. So ging es auch mir, und die entzückenden Gegenden, durch die wir ritten, gaben bald Geist und Körper die nöthige Frische zurück. Bis zur Platanenquelle in Kumusta verfolgten wir die frühere Straße, von hier an aber eine neue, bergauf bergab, am steilen Ufer wilder Bergbäche, durch Schluchten mit schwarzen Felswänden eingefaßt, aber fast immer auch umbuscht, umschattet und umblüht von der reichsten Vegetation, in der nur die Dornen und Stacheln zu viel waren, welche sich im permanenten kleinen Kriege mit unsern Kleidungsstücken befanden. Die Dörfer, deren wir mehrere antrafen, haben in ihrer Bauart, die weit weniger schlecht ist als in den ebeneren Gegenden des Peloponnes, ganz die Häuserform und das malerische Ansehen der italienischen, und viele Aussichten wurden durch ihr stufenweises Emporsteigen an den Berglehnen höchst anziehend gemacht; doch den Culminationspunkt dieses lieblichen Spazierritts gewährte ein Kastanienwald, der dem Kloster Golas angehört, christianikon topos, wie Kapitan Georgi sagte; denn die Türken und die Geistlichen besaßen sonst allein allen Grund und Boden in Griechenland. An die Stelle der erstern ist jetzt der König getreten, daher des Gouvernements oft schon erwähnter unermeßlicher Reichthum an Land, den es bis jetzt so wenig zu realisiren verstanden hat.

Auf dem höchsten Bergrücken, den dieser Wald bedeckt, angekommen, von dem die ehrwürdigen Bäume dicht geschlossen in einen tiefen Kessel hinabsteigen, bietet sich ein Ueberblick des Taygetosgebirges, mit Elias Thron gerade in der Mitte, dar, den keine der bisher gehabten Ansichten desselben an Schönheit und Majestät erreicht. Der kolossale Berg erscheint hier so jähling und ohne alle Unterbrechung aus der Tiefe der Schlucht bis zum Gipfel emporsteigend, als sey er von doppelter Höhe, und entfaltet dabei - fast symmetrisch auf beiden Seiten von nahen Felsen eingefaßt, und durch den Vorgrund der herrlichsten Bäume mit einzeln herausragenden Steinkuppen gehoben - eine solche Pracht und Anmuth der Formen, daß ich nie mehr bedauerte, kein Maler zu seyn, um in der zauberischen Abendbeleuchtung, die uns umstrahlte, ein Bild festzuhalten, von dem die arme, zu ewigen Wiederholungen gezwungene Sprache durchaus keinen Begriff geben kann. Wir waren kaum hundert Schritte weiter durch ein ganz vom Wald umschlossenes Weizenfeld geritten, als wir, höchst überrascht, auf der andern Seite des schmalen Bergrückens, über einem zweiten Walde, dießmal aber gemischten Holzes, unter dem die Eiche dominirte, den Meergolf von Marathonisi, zwischen Cap Matapan und Cap Malia, einen Theil der Maina und das letzte Ende der Ebene Lakoniens mit dem sich hinter ihr lagernden Gebirge von Monemvasia vor uns liegen sahen.

Auf diesem Punkte - mit dem Doppelblick in zwei verschiedene Welten, hier auf den sich über grünen Teppich in die Wolken verlierenden Riesenberg, dort auf die blaue, die Wolken in der Tiefe wiederspiegelnde Meeresfläche - möchte ich Griechenlands Hauptstadt sehen, wenn man bei Wahl der Lage einer solchen nur die Schönheit berücksichtigen dürfte! Dann würden Reisende (von welchen vielleicht noch keiner diesen Fleck auffand, weil weder eine Landstraße dahin führt, noch antike Ruinen sich daselbst befinden) eine andere Idee von griechischer Natur mit sich hinwegnehmen, als sie sich in den verbrannten Fluren Athens, in der baumlosen Ebene von Patras und unter den kahlen Bergen der Argolide träumen können.

Auch das Dorf Goranus, das wir nach einer halben Stunde erreichten, und wo ein Schloß des Obristen Jatrakos, Bruders des Tetrarchen, steht, dem Ibrahim ebenfalls hart zusetzte, ist sehr vortheilhaft gelegen. Vom Taygetos, der überall von dieser Seite sich weit grandioser als von Mistra aus präsentirt, noch aus der Ferne überragt, und mit seinen regelmäßig gereihten Häusern, gleich den Steinstufen eines Amphitheaters zum Flusse niedersteigend, auf allen Seiten von Busch umgeben, und mit malerischen Ruinen venetianischer Schlösser geschmückt, gab dieser Ort uns, als letztes Bild in der bunten Galerie dieses Tages, noch zum Abschied eine der schönsten Erinnerungen mit auf den Weg. Denn von hier an wird nun die Gegend öder, die hohen Bäume verlieren sich nach und nach, nur niedriges, immergrünes Strauchwerk und Haidekräuter bedecken die Hügel; in den tiefen Schluchten allein sieht man noch zuweilen einige von Hainen umgebene Wohnungen, und zerstörte Thürme trauern auf den Bergspitzen. Aus einem dieser Thäler stieg jedoch ein wundersam gestalteter kahler Felsen auf, der durch seine Form an den mährchenhaften Kraken erinnerte, und dazu auch vorn am Kopfe mit einer runden schwarzen Höhle versehen war, die sein großes Auge schauderhaft täuschend darstellte. Dieß drohende Auge blickte unverwandt nach einer baumlosen, grünen Bergebene, auf der wir bald darauf die niedrigen Thürmchen und die langen Schießscharten von Kapitan Georgi's festem Schloß gewahr wurden. Hier empfing uns, im Sonntagsschmuck und reichem Geschmeide, die junge Hauswirthin, eine sylphidenartige Gestalt mit blonden Haaren und blauen Augen, eine Tochter Petro Bey's und die reizendste Griechin, die ich bis jetzt noch gesehen.

Wir wurden im Schlosse des Kapitans auf das herzlichste bewirthet, und mir wie meinen Leuten tischte man auf, was das Haus vermochte, denn dieß hier waren vornehme und wohlhabende Leute. Dennoch war meine Stube ohne Fenster, und von der Art, daß der ärmste unsrer Handwerker sie kaum für bewohnbar halten würde. Die Familie selbst residirte und schlief, weil wir jetzt allen disponibeln Platz einnahmen, in der Küche, und Emil horstete im Thurmdach mit den Eulen.

Als ich am Morgen Abschied nahm, küßte mir die schöne Frau, obgleich eines Fürsten Tochter, nach orientalischer Weise, mit den Kindern die Hand, und auch die Mutter des Kapitans erschien in so untergeordneter Gestalt, daß sie sich während der Zeit unsers Aufenthalts, obgleich durch reiche Kleidung, doch durch ihre Beschäftigung kaum von einer Hausmagd unterschied. So sind die hiesigen Sitten - immer von neuem Homers Schilderungen uns zurückrufend - wunderbar stationär geblieben.

Dieselbe unscheinbare alte Frau, die jetzt so willig jeden häuslichen Dienst versah, übernahm, als ihr Mann Ibrahims Gefangener war (was die Familie durch Sklave ausdrückte), und Ibrahim ihr Schloß mit seinem Berggeschütz belagerte, in eigner Person das Commando der Besatzung, und vertheidigte sich mit solcher Entschlossenheit und Umsicht, daß der Feind unverrichteter Sache nach vier Tagen wieder abziehen mußte. Ein von ihr gefangener Araber, den sie sehr gut im Schlosse behandelt, und ihm dann seine Instruction gegeben hatte, trug am meisten hierzu bei, indem er, scheinbar seiner Haft entsprungen, sich bei den Aegyptiern mit der falschen Nachricht einfand, daß das Schloß eine Besatzung von 300 Mann habe, und Ibrahim nur Zeit und Menschen vergebens davor verlieren werde. Der Araber suchte später verabredetermaßen die Familie wieder auf, ward Christ, und ist derselbe, dessen ich bereits als des Kapitans

gestillt, verschlief ich den halben Tag wie todt unter der großen Pinie, bis um drei Uhr Kapitan Georgi, der, noch weit früher als mein Secretär, auf halbem Wege umgekehrt war, weil er sich zu erschöpft fühlte, mich weckte und dringend bat, aufzustehen, da noch eine weite und beschwerliche Tour bis zu seinem Schloß zurückzulegen sey.

Neue Anstrengung anderer Art bricht zuweilen die Müdigkeit. So ging es auch mir, und die entzückenden Gegenden, durch die wir ritten, gaben bald Geist und Körper die nöthige Frische zurück. Bis zur Platanenquelle in Kumusta verfolgten wir die frühere Straße, von hier an aber eine neue, bergauf bergab, am steilen Ufer wilder Bergbäche, durch Schluchten mit schwarzen Felswänden eingefaßt, aber fast immer auch umbuscht, umschattet und umblüht von der reichsten Vegetation, in der nur die Dornen und Stacheln zu viel waren, welche sich im permanenten kleinen Kriege mit unsern Kleidungsstücken befanden. Die Dörfer, deren wir mehrere antrafen, haben in ihrer Bauart, die weit weniger schlecht ist als in den ebeneren Gegenden des Peloponnes, ganz die Häuserform und das malerische Ansehen der italienischen, und viele Aussichten wurden durch ihr stufenweises Emporsteigen an den Berglehnen höchst anziehend gemacht; doch den Culminationspunkt dieses lieblichen Spazierritts gewährte ein Kastanienwald, der dem Kloster Golas angehört, christianikon topos, wie Kapitan Georgi sagte; denn die Türken und die Geistlichen besaßen sonst allein allen Grund und Boden in Griechenland. An die Stelle der erstern ist jetzt der König getreten, daher des Gouvernements oft schon erwähnter unermeßlicher Reichthum an Land, den es bis jetzt so wenig zu realisiren verstanden hat.

Auf dem höchsten Bergrücken, den dieser Wald bedeckt, angekommen, von dem die ehrwürdigen Bäume dicht geschlossen in einen tiefen Kessel hinabsteigen, bietet sich ein Ueberblick des Taygetosgebirges, mit Elias Thron gerade in der Mitte, dar, den keine der bisher gehabten Ansichten desselben an Schönheit und Majestät erreicht. Der kolossale Berg erscheint hier so jähling und ohne alle Unterbrechung aus der Tiefe der Schlucht bis zum Gipfel emporsteigend, als sey er von doppelter Höhe, und entfaltet dabei – fast symmetrisch auf beiden Seiten von nahen Felsen eingefaßt, und durch den Vorgrund der herrlichsten Bäume mit einzeln herausragenden Steinkuppen gehoben – eine solche Pracht und Anmuth der Formen, daß ich nie mehr bedauerte, kein Maler zu seyn, um in der zauberischen Abendbeleuchtung, die uns umstrahlte, ein Bild festzuhalten, von dem die arme, zu ewigen Wiederholungen gezwungene Sprache durchaus keinen Begriff geben kann. Wir waren kaum hundert Schritte weiter durch ein ganz vom Wald umschlossenes Weizenfeld geritten, als wir, höchst überrascht, auf der andern Seite des schmalen Bergrückens, über einem zweiten Walde, dießmal aber gemischten Holzes, unter dem die Eiche dominirte, den Meergolf von Marathonisi, zwischen Cap Matapan und Cap Malia, einen Theil der Maina und das letzte Ende der Ebene Lakoniens mit dem sich hinter ihr lagernden Gebirge von Monemvasia vor uns liegen sahen.

Auf diesem Punkte – mit dem Doppelblick in zwei verschiedene Welten, hier auf den sich über grünen Teppich in die Wolken verlierenden Riesenberg, dort auf die blaue, die Wolken in der Tiefe wiederspiegelnde Meeresfläche – möchte ich Griechenlands Hauptstadt sehen, wenn man bei Wahl der Lage einer solchen nur die Schönheit berücksichtigen dürfte! Dann würden Reisende (von welchen vielleicht noch keiner diesen Fleck auffand, weil weder eine Landstraße dahin führt, noch antike Ruinen sich daselbst befinden) eine andere Idee von griechischer Natur mit sich hinwegnehmen, als sie sich in den verbrannten Fluren Athens, in der baumlosen Ebene von Patras und unter den kahlen Bergen der Argolide träumen können.

Auch das Dorf Goránus, das wir nach einer halben Stunde erreichten, und wo ein Schloß des Obristen Jatrakos, Bruders des Tetrarchen, steht, dem Ibrahim ebenfalls hart zusetzte, ist sehr vortheilhaft gelegen. Vom Taygetos, der überall von dieser Seite sich weit grandioser als von Mistra aus präsentirt, noch aus der Ferne überragt, und mit seinen regelmäßig gereihten Häusern, gleich den Steinstufen eines Amphitheaters zum Flusse niedersteigend, auf allen Seiten von Busch umgeben, und mit malerischen Ruinen venetianischer Schlösser geschmückt, gab dieser Ort uns, als letztes Bild in der bunten Galerie dieses Tages, noch zum Abschied eine der schönsten Erinnerungen mit auf den Weg. Denn von hier an wird nun die Gegend öder, die hohen Bäume verlieren sich nach und nach, nur niedriges, immergrünes Strauchwerk und Haidekräuter bedecken die Hügel; in den tiefen Schluchten allein sieht man noch zuweilen einige von Hainen umgebene Wohnungen, und zerstörte Thürme trauern auf den Bergspitzen. Aus einem dieser Thäler stieg jedoch ein wundersam gestalteter kahler Felsen auf, der durch seine Form an den mährchenhaften Kraken erinnerte, und dazu auch vorn am Kopfe mit einer runden schwarzen Höhle versehen war, die sein großes Auge schauderhaft täuschend darstellte. Dieß drohende Auge blickte unverwandt nach einer baumlosen, grünen Bergebene, auf der wir bald darauf die niedrigen Thürmchen und die langen Schießscharten von Kapitan Georgi's festem Schloß gewahr wurden. Hier empfing uns, im Sonntagsschmuck und reichem Geschmeide, die junge Hauswirthin, eine sylphidenartige Gestalt mit blonden Haaren und blauen Augen, eine Tochter Petro Bey's und die reizendste Griechin, die ich bis jetzt noch gesehen.

Wir wurden im Schlosse des Kapitans auf das herzlichste bewirthet, und mir wie meinen Leuten tischte man auf, was das Haus vermochte, denn dieß hier waren vornehme und wohlhabende Leute. Dennoch war meine Stube ohne Fenster, und von der Art, daß der ärmste unsrer Handwerker sie kaum für bewohnbar halten würde. Die Familie selbst residirte und schlief, weil wir jetzt allen disponibeln Platz einnahmen, in der Küche, und Emil horstete im Thurmdach mit den Eulen.

Als ich am Morgen Abschied nahm, küßte mir die schöne Frau, obgleich eines Fürsten Tochter, nach orientalischer Weise, mit den Kindern die Hand, und auch die Mutter des Kapitans erschien in so untergeordneter Gestalt, daß sie sich während der Zeit unsers Aufenthalts, obgleich durch reiche Kleidung, doch durch ihre Beschäftigung kaum von einer Hausmagd unterschied. So sind die hiesigen Sitten – immer von neuem Homers Schilderungen uns zurückrufend – wunderbar stationär geblieben.

Dieselbe unscheinbare alte Frau, die jetzt so willig jeden häuslichen Dienst versah, übernahm, als ihr Mann Ibrahims Gefangener war (was die Familie durch Sklave ausdrückte), und Ibrahim ihr Schloß mit seinem Berggeschütz belagerte, in eigner Person das Commando der Besatzung, und vertheidigte sich mit solcher Entschlossenheit und Umsicht, daß der Feind unverrichteter Sache nach vier Tagen wieder abziehen mußte. Ein von ihr gefangener Araber, den sie sehr gut im Schlosse behandelt, und ihm dann seine Instruction gegeben hatte, trug am meisten hierzu bei, indem er, scheinbar seiner Haft entsprungen, sich bei den Aegyptiern mit der falschen Nachricht einfand, daß das Schloß eine Besatzung von 300 Mann habe, und Ibrahim nur Zeit und Menschen vergebens davor verlieren werde. Der Araber suchte später verabredetermaßen die Familie wieder auf, ward Christ, und ist derselbe, dessen ich bereits als des Kapitans

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          <p>Neue Anstrengung anderer Art bricht zuweilen die Müdigkeit. So ging es auch mir, und die entzückenden Gegenden, durch die wir ritten, gaben bald Geist und Körper die nöthige Frische zurück. Bis zur Platanenquelle in Kumusta verfolgten wir die frühere Straße, von hier an aber eine neue, bergauf bergab, am steilen Ufer wilder Bergbäche, durch Schluchten mit schwarzen Felswänden eingefaßt, aber fast immer auch umbuscht, umschattet und umblüht von der reichsten Vegetation, in der nur die Dornen und Stacheln zu viel waren, welche sich im permanenten kleinen Kriege mit unsern Kleidungsstücken befanden. Die Dörfer, deren wir mehrere antrafen, haben in ihrer Bauart, die weit weniger schlecht ist als in den ebeneren Gegenden des Peloponnes, ganz die Häuserform und das malerische Ansehen der italienischen, und viele Aussichten wurden durch ihr stufenweises Emporsteigen an den Berglehnen höchst anziehend gemacht; doch den Culminationspunkt dieses lieblichen Spazierritts gewährte ein Kastanienwald, der dem Kloster Golas angehört, christianikon topos, wie Kapitan Georgi sagte; denn die Türken und die Geistlichen besaßen sonst allein allen Grund und Boden in Griechenland. An die Stelle der erstern ist jetzt der König getreten, daher des Gouvernements oft schon erwähnter unermeßlicher Reichthum an Land, den es bis jetzt so wenig zu realisiren verstanden hat.</p><lb/>
          <p>Auf dem höchsten Bergrücken, den dieser Wald bedeckt, angekommen, von dem die ehrwürdigen Bäume dicht geschlossen in einen tiefen Kessel hinabsteigen, bietet sich ein Ueberblick des Taygetosgebirges, mit Elias Thron gerade in der Mitte, dar, den keine der bisher gehabten Ansichten desselben an Schönheit und Majestät erreicht. Der kolossale Berg erscheint hier so jähling und ohne alle Unterbrechung aus der Tiefe der Schlucht bis zum Gipfel emporsteigend, als sey er von doppelter Höhe, und entfaltet dabei &#x2013; fast symmetrisch auf beiden Seiten von nahen Felsen eingefaßt, und durch den Vorgrund der herrlichsten Bäume mit einzeln herausragenden Steinkuppen gehoben &#x2013; eine solche Pracht und Anmuth der Formen, daß ich nie mehr bedauerte, kein Maler zu seyn, um in der zauberischen Abendbeleuchtung, die uns umstrahlte, ein Bild festzuhalten, von dem die arme, zu ewigen Wiederholungen gezwungene Sprache durchaus keinen Begriff geben kann. Wir waren kaum hundert Schritte weiter durch ein ganz vom Wald umschlossenes Weizenfeld geritten, als wir, höchst überrascht, auf der andern Seite des schmalen Bergrückens, über einem zweiten Walde, dießmal aber gemischten Holzes, unter dem die Eiche dominirte, den Meergolf von Marathonisi, zwischen Cap Matapan und Cap Malia, einen Theil der Maina und das letzte Ende der Ebene Lakoniens mit dem sich hinter ihr lagernden Gebirge von Monemvasia vor uns liegen sahen.</p><lb/>
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[1202/0010] gestillt, verschlief ich den halben Tag wie todt unter der großen Pinie, bis um drei Uhr Kapitan Georgi, der, noch weit früher als mein Secretär, auf halbem Wege umgekehrt war, weil er sich zu erschöpft fühlte, mich weckte und dringend bat, aufzustehen, da noch eine weite und beschwerliche Tour bis zu seinem Schloß zurückzulegen sey. Neue Anstrengung anderer Art bricht zuweilen die Müdigkeit. So ging es auch mir, und die entzückenden Gegenden, durch die wir ritten, gaben bald Geist und Körper die nöthige Frische zurück. Bis zur Platanenquelle in Kumusta verfolgten wir die frühere Straße, von hier an aber eine neue, bergauf bergab, am steilen Ufer wilder Bergbäche, durch Schluchten mit schwarzen Felswänden eingefaßt, aber fast immer auch umbuscht, umschattet und umblüht von der reichsten Vegetation, in der nur die Dornen und Stacheln zu viel waren, welche sich im permanenten kleinen Kriege mit unsern Kleidungsstücken befanden. Die Dörfer, deren wir mehrere antrafen, haben in ihrer Bauart, die weit weniger schlecht ist als in den ebeneren Gegenden des Peloponnes, ganz die Häuserform und das malerische Ansehen der italienischen, und viele Aussichten wurden durch ihr stufenweises Emporsteigen an den Berglehnen höchst anziehend gemacht; doch den Culminationspunkt dieses lieblichen Spazierritts gewährte ein Kastanienwald, der dem Kloster Golas angehört, christianikon topos, wie Kapitan Georgi sagte; denn die Türken und die Geistlichen besaßen sonst allein allen Grund und Boden in Griechenland. An die Stelle der erstern ist jetzt der König getreten, daher des Gouvernements oft schon erwähnter unermeßlicher Reichthum an Land, den es bis jetzt so wenig zu realisiren verstanden hat. Auf dem höchsten Bergrücken, den dieser Wald bedeckt, angekommen, von dem die ehrwürdigen Bäume dicht geschlossen in einen tiefen Kessel hinabsteigen, bietet sich ein Ueberblick des Taygetosgebirges, mit Elias Thron gerade in der Mitte, dar, den keine der bisher gehabten Ansichten desselben an Schönheit und Majestät erreicht. Der kolossale Berg erscheint hier so jähling und ohne alle Unterbrechung aus der Tiefe der Schlucht bis zum Gipfel emporsteigend, als sey er von doppelter Höhe, und entfaltet dabei – fast symmetrisch auf beiden Seiten von nahen Felsen eingefaßt, und durch den Vorgrund der herrlichsten Bäume mit einzeln herausragenden Steinkuppen gehoben – eine solche Pracht und Anmuth der Formen, daß ich nie mehr bedauerte, kein Maler zu seyn, um in der zauberischen Abendbeleuchtung, die uns umstrahlte, ein Bild festzuhalten, von dem die arme, zu ewigen Wiederholungen gezwungene Sprache durchaus keinen Begriff geben kann. Wir waren kaum hundert Schritte weiter durch ein ganz vom Wald umschlossenes Weizenfeld geritten, als wir, höchst überrascht, auf der andern Seite des schmalen Bergrückens, über einem zweiten Walde, dießmal aber gemischten Holzes, unter dem die Eiche dominirte, den Meergolf von Marathonisi, zwischen Cap Matapan und Cap Malia, einen Theil der Maina und das letzte Ende der Ebene Lakoniens mit dem sich hinter ihr lagernden Gebirge von Monemvasia vor uns liegen sahen. Auf diesem Punkte – mit dem Doppelblick in zwei verschiedene Welten, hier auf den sich über grünen Teppich in die Wolken verlierenden Riesenberg, dort auf die blaue, die Wolken in der Tiefe wiederspiegelnde Meeresfläche – möchte ich Griechenlands Hauptstadt sehen, wenn man bei Wahl der Lage einer solchen nur die Schönheit berücksichtigen dürfte! Dann würden Reisende (von welchen vielleicht noch keiner diesen Fleck auffand, weil weder eine Landstraße dahin führt, noch antike Ruinen sich daselbst befinden) eine andere Idee von griechischer Natur mit sich hinwegnehmen, als sie sich in den verbrannten Fluren Athens, in der baumlosen Ebene von Patras und unter den kahlen Bergen der Argolide träumen können. Auch das Dorf Goránus, das wir nach einer halben Stunde erreichten, und wo ein Schloß des Obristen Jatrakos, Bruders des Tetrarchen, steht, dem Ibrahim ebenfalls hart zusetzte, ist sehr vortheilhaft gelegen. Vom Taygetos, der überall von dieser Seite sich weit grandioser als von Mistra aus präsentirt, noch aus der Ferne überragt, und mit seinen regelmäßig gereihten Häusern, gleich den Steinstufen eines Amphitheaters zum Flusse niedersteigend, auf allen Seiten von Busch umgeben, und mit malerischen Ruinen venetianischer Schlösser geschmückt, gab dieser Ort uns, als letztes Bild in der bunten Galerie dieses Tages, noch zum Abschied eine der schönsten Erinnerungen mit auf den Weg. Denn von hier an wird nun die Gegend öder, die hohen Bäume verlieren sich nach und nach, nur niedriges, immergrünes Strauchwerk und Haidekräuter bedecken die Hügel; in den tiefen Schluchten allein sieht man noch zuweilen einige von Hainen umgebene Wohnungen, und zerstörte Thürme trauern auf den Bergspitzen. Aus einem dieser Thäler stieg jedoch ein wundersam gestalteter kahler Felsen auf, der durch seine Form an den mährchenhaften Kraken erinnerte, und dazu auch vorn am Kopfe mit einer runden schwarzen Höhle versehen war, die sein großes Auge schauderhaft täuschend darstellte. Dieß drohende Auge blickte unverwandt nach einer baumlosen, grünen Bergebene, auf der wir bald darauf die niedrigen Thürmchen und die langen Schießscharten von Kapitan Georgi's festem Schloß gewahr wurden. Hier empfing uns, im Sonntagsschmuck und reichem Geschmeide, die junge Hauswirthin, eine sylphidenartige Gestalt mit blonden Haaren und blauen Augen, eine Tochter Petro Bey's und die reizendste Griechin, die ich bis jetzt noch gesehen. Wir wurden im Schlosse des Kapitans auf das herzlichste bewirthet, und mir wie meinen Leuten tischte man auf, was das Haus vermochte, denn dieß hier waren vornehme und wohlhabende Leute. Dennoch war meine Stube ohne Fenster, und von der Art, daß der ärmste unsrer Handwerker sie kaum für bewohnbar halten würde. Die Familie selbst residirte und schlief, weil wir jetzt allen disponibeln Platz einnahmen, in der Küche, und Emil horstete im Thurmdach mit den Eulen. Als ich am Morgen Abschied nahm, küßte mir die schöne Frau, obgleich eines Fürsten Tochter, nach orientalischer Weise, mit den Kindern die Hand, und auch die Mutter des Kapitans erschien in so untergeordneter Gestalt, daß sie sich während der Zeit unsers Aufenthalts, obgleich durch reiche Kleidung, doch durch ihre Beschäftigung kaum von einer Hausmagd unterschied. So sind die hiesigen Sitten – immer von neuem Homers Schilderungen uns zurückrufend – wunderbar stationär geblieben. Dieselbe unscheinbare alte Frau, die jetzt so willig jeden häuslichen Dienst versah, übernahm, als ihr Mann Ibrahims Gefangener war (was die Familie durch Sklave ausdrückte), und Ibrahim ihr Schloß mit seinem Berggeschütz belagerte, in eigner Person das Commando der Besatzung, und vertheidigte sich mit solcher Entschlossenheit und Umsicht, daß der Feind unverrichteter Sache nach vier Tagen wieder abziehen mußte. Ein von ihr gefangener Araber, den sie sehr gut im Schlosse behandelt, und ihm dann seine Instruction gegeben hatte, trug am meisten hierzu bei, indem er, scheinbar seiner Haft entsprungen, sich bei den Aegyptiern mit der falschen Nachricht einfand, daß das Schloß eine Besatzung von 300 Mann habe, und Ibrahim nur Zeit und Menschen vergebens davor verlieren werde. Der Araber suchte später verabredetermaßen die Familie wieder auf, ward Christ, und ist derselbe, dessen ich bereits als des Kapitans

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 151. Augsburg, 30. Mai 1840, S. 1202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_151_18400530/10>, abgerufen am 22.11.2024.